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Vom Islam und von Sunniten und Schiiten Teil 7

Im Islam hat die rituelle Reinheit grundlegende Bedeutung. Jedoch werden diese islamischen Reinheitsauffassungen in den verschiedenen Richtungen des Islam sehr unterschiedlich ausgelegt und auch gelebt.
Es heißt dazu: „Gott liebt die, die sich reinigen“. In der Kultur des Abendlandes würde man unter „Reinigung“ einen Akt der Körperhygiene verstehen, nicht so im Islam. Die islamischen Reinheits- und Speisebestimmungen erinnern stark an jüdische Ritualvorschriften und sind wohl auch von diesen abgeleitet worden sind. Das Judentum hat seine diesbezüglichen Regeln im Laufe der Jahrhunderte jedoch stark modifiziert – der Islam hingegen teilweise verschärft.
Im Islam kann der Einzelne seinen Glauben nicht praktizieren, wenn er sich im Zustand der Unreinheit befindet. Der Koran verurteilt sogar diejenigen, die sich für rein halten, aber doch unrein sind. Auch Menschen anderen Glaubens – Ungläubige -, die am Tag des Gerichts die Höllenstrafe zu erwarten haben, gelten als „Unreine“.
Der Unreine kann weder vorschriftsmäßig beten, noch fasten, keinen Koran berühren, keine Moschee betreten und auch nicht die Pilgerfahrt nach Mekka vollziehen, denn der Gottesdienst des Unreinen wird bei Allah nicht angenommen. Seine Glaubenspflicht gilt als nicht erfüllt. Daher sind viele Muslime im täglichen Leben mehr darüber besorgt, ob sie sich im Zustand der Unreinheit befinden als ob sie bewusst oder unbewusst eine Sünde begangen haben.
Verkompliziert wird das Reinheitsgebot zudem durch eine Unterscheidung von „kleiner und großer Unreinheit“. Die kleine Unreinheit kann nur durch eine kleine rituelle Waschung und die große Unreinheit durch eine große rituelle Waschung beseitigt werden.
Kleine Unreinheiten entstehen durch das Berühren von Unreinem: Also durch alle Körperflüssigkeiten, durch Schlaf und Ohnmacht, Berühren des Intimbereichs, Winde, Benutzen der Toilette, Berühren eines Leichnams oder einer Person des anderen Geschlechts und den Kontakt mit den im Islam verbotenen Substanzen (Alkohol, Blut, Aas, Schweinefleisch) und allen daraus hergestellten Produkten. Zudem gibt es eine ganze Zahl von weiteren, zum Teil umstrittenen, Regeln und Verbote. Die kleine Unreinheit erfordert eine kleine Waschung von Gesicht und Händen bis zu den Ellbogen, Überstreichen des Kopfes und Reinigung der Füße bis zu den Knöcheln.
Die große Unreinheit tritt vor allem durch Geschlechtsverkehr, Geburt oder Menstruation ein und erfordert ein völliges Eintauchen in Wasser oder zumindest eine Berührung aller Körperteile mit Wasser.
In den Überlieferungen wird auch der Hund als unrein bezeichnet, was Muslime dazu veranlasst die Berührung mit Hunden – mit Unreinem – zu vermeiden. Muslime betreten auch keine Moschee mit Schuhen, denn der Straßenstaub ist unrein und würde die Gebetsteppiche verunreinigen. Muslime, die keinen Gebetsteppich zur Verfügung haben, knien daher zum Gebet auch auf anderen Unterlagen nieder, um sich dadurch vom Schmutz des Untergrundes zu trennen. Manche Muslime tragen daher Hosen, die kaum bis zum Knöchel reichen, um nicht etwa mit dem bis zum Boden reichenden Stoff die Unreinheit der Straße in die Moschee zu tragen.

Das Thema der Reinheit nimmt im Islam einen Raum ein, wie in keiner anderen Religion. Zahlreiche verschiedene Regelungen ergänzen den Koran und werden in den verschiedenen islamischen Richtungen unterschiedlich ausgelegt und gehandhabt. Besonders fundamentalistisch werden die rituellen Reinheitsgebote bei den Schiiten gelebt. Bei ihnen gilt die Glaubensflicht auch als nicht erfüllt, wenn sich der Gläubige gar nicht darüber bewusst ist, dass er sich im Zustand der Unreinheit befindet und dennoch betet. Entscheidend für die Frage, ob der Gläubige zum Gebet oder Fasten berechtigt ist, ist also zunächst nicht die innere Einstellung des Gläubigen, sein Sündenbewusstsein oder Reuebekenntnis, sondern die Frage nach der Korrektheit der letzten Reinigung. Unreinheit trennt also von Allah, ‚kleinere‘ Sünden nicht.
Wenn wir uns nun der derzeit strittigen Aussage zuwenden „der Islam gehört zu Deutschland“ so muss wohl zweifelsfrei festgestellt werden: moderne, reformierte Muslime gehören zu Deutschland. Ein fundamentalistischer Islam mit strenger Auslegung der Reinheitsauffassungen hingegen ist wohl nur schwer mit unserer abendländischen Kultur vereinbar.
Demnächst: die Scharia