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Ein verlorener Schatz – die Reichskrone

Zeichen der Macht der Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren die Reichskleinodien: Reichskrone, Reichskreuz, Reichsschwert, Heilige Lanze sowie bei der Krönung das Zepter und der Reichsapfel.
Reichskrone, Künstler: Johann Adam Delsenbach Zeichnung von 1751Über diese Reichskleinodien, ihre Herkunft, ihr Alter, ihre Herstellung gibt es keine verlässlichen Angaben. Ihre Geschichte besteht aus Mythen, Legenden und auch aus wissenschaftlichen Hypothesen, die Beweise dafür fehlen jedoch.
Die Krone selbst, und ihr wichtigster Edelstein – der Waise – gelten als Symbol für die Reichsidee des Heiligen Römischen Reiches sowie für Herrschaft und Macht der Könige bzw. Kaiser. Eine Krönung ohne die Insignie Reichskrone galt als illegitim und wurde nicht anerkannt. Auch der religiös fundierte Führungsanspruch des Herrschers wurde durch verschiedene in die Krone eingearbeitete Zeichen symbolisiert.
Die Reichskrone ist nach bislang dominierender Ansicht frühestens für Otto I. (912-973) und spätestens für Konrad II.(990-1039) angefertigt worden, wobei die einzelnen wissenschaftlichen Meinungen jedoch weit auseinander gehen.
Die erste schriftliche Beschreibung der Reichskrone stammt jedoch erst aus dem Jahr 1198, als Walther von der Vogelweide zur Krönung Philipps von Schwaben ein Spruchlied verfasste.
Im Mittelalter war das Königtum weitestgehend eine Reiseherrschaft. Daher wurde die Reichskrone, wie auch die anderen Reichsinsignien, nur zu besonderen Anlässen mitgeführt. In der Regel wurden sie an sicheren Plätzen in Reichsburgen, Klöstern oder an anderen sicher gewähnten Orten verwahrt.
Während der Hussitenkriege von 1419 bis 1436 kam es zu einer Zäsur. Die böhmischen Hussiten versuchten sich der Reichskleinodien zu bemächtigen, die zu jener Zeit auf Burg Karlstein aufbewahrt wurden. König Sigismund gelang es zwar, den Schatz nach Ungarn auf die Burg Visegrád zu retten, dort waren die Kleinodien aber auch nicht sicher, da Ungarn nicht zum Reich gehörte, obwohl Sigismund zu dieser Zeit ebenfalls ungarischer König war.




Die wohlhabenden Reichsstädte waren im 15. Jahrhundert bedeutende Stützen des HRR. Eine der größten und bedeutendsten Reichsstädte war damals Nürnberg. So kam es, dass Kaiser Sigismund mit der Stadt Nürnberg verhandelte, um die Reichskleinodien auf ewige Zeiten, unwiderruflich und unanfechtbar aufzubewahren. Zu diesem Zweck verlieh er der Stadt am 29. September 1423 das Privileg „Hort des Reichsschatzes“. Die Verleihungsurkunde spricht dabei von den Kleinodien als unser und des Heiligenreichs Heiligtum. Die Kleinodien sollten fortan jährlich am vierzehnten Tag nach Karfreitag öffentlich bei den sogenannten Heiltumsweisungen gezeigt werden. Von diesem Zeitpunkt an verließen die Reichskleinodien Nürnberg nur noch zu den Krönungen der deutschen Könige und Kaiser. Diese Prozedur der Verwahrung wurde bis Ende des 18. Jahrhunderts beibehalten.
Mit den Napoleonischen Kriegen und dem Vorrücken der französischen Truppen gegen Deutschland geriet auch Nürnberg in das Visier der Franzosen. Daher musste der Nürnberger Magistrat seinem Verwahrungsauftrag gemäß verfahren. Der Nürnberger Oberst Johann Georg Haller von Hallerstein wurde mit der Rettung der Reichskleinodien betraut. Dieser übergab den Schatz schließlich dem kaiserlichen Prinzipalkommisär am immerwährenden Reichstag in Regensburg, Freiherrn Johann Aloys Josef Freiherr von Hügel, der sie mit Bewilligung des Kaisers in seine Verwahrung nahm und sie am Hof der von Thurn und Taxis in Regensburg verwahrte.
Doch schon bald war der Schatz auch in Regensburg nicht mehr vor dem Zugriff der Franzosen sicher. Daher schaffte man, natürlich heimlich, die Reichskleinodien nach Wien und übergab sie der kaiserlichen Schatzkammer.
Napoleon gewann den Krieg, ließ sich zum Kaiser krönen und gründete den Rheinbund. Daraufhin legte Franz II. am 6. August 1806 die Krone des Heiligen Römischen Reiches nieder. Jedoch hatte Franz bereits 1804 das Kaisertum Österreich proklamiert, für das allerdings die Hauskrone Rudolfs II. verwendet wurde.
Dennoch war das HRR aufgelöst und erloschen und damit hatten auch die Reichsinsignien ihre Bedeutung verloren. Sie waren somit nur noch ein Schatz ohne Symbolkraft, der für eine fast tausendjährige Geschichte stand. Die einstigen Reichsinsignien blieben zwar in Wien, wurden jedoch zu Museumsstücken.
Dort verblieben die Reichskleinodien zunächst bis 1938. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich bestimmte Adolf Hitler, dass diese wieder nach Nürnberg zu bringen seien. Dort wurden sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges verwahrt. Am 4. Januar 1946 wurden die Reichskleinodien auf Veranlassung der amerikanischen Alliierten nach Wien zurückgebracht, wo sie bis heute deponiert sind.
Soweit zur Geschichte der Reichskleinodien, insbesondere der Reichskrone. Deren Alter, Herstellungsort und auch was deren Gestalt symbolisieren sollte, sind stark umstritten und die geltenden Auffassungen zum Teil weit auseinandergehend und spekulativ.
Ich denke etwas zur Geschichte der Reichskrone beitragen zu können, was anscheinend bisher keinem Historiker bekannt wurde.
Stiftsburg in Quedlinburg - Foto: Sternal MediaDie Ottonen, das erste deutsche Königs- und Kaisergeschlecht aus dem Hause der sächsischen Liudolfinger, hatten ihre Hauptresidenz in Quedlinburg. König Heinrich I. gründete auf dem Schlossberg für seine Frau Mathilde ein Damenstift als Witwengut, dass sein Sohn Otto I. nach seiner Krönung 936 bestätigte. Ottos Tochter Mathilde wurde 966 erste Äbtissin des Stifts. Nach dem Tod Ottos II. 983 – Sohn und Nachfolger von Otto I. – gründeten Mathilde und ihre Schwägerin, Kaiserin Theophanu, 986 das Marienkloster. Es befand sich auf dem Münzenberg, der dem Schlossberg gegenüberliegt. Die Nonnen des Marienklosters sollten die Fürsorge für das Seelenheil des verstorbenen Kaisers Otto II. übernehmen.
Das Nonnenkloster wurde bei seiner Gründung reich mit Gütern ausgestattet. Zudem war es damals üblich, Stiftkirchen mit einem Stifts- oder Kirchenschatz zu versehen. Auch der des Marienklosters war prächtig, wertvoll und zudem geschichtsträchtig. Dieser Kirchenschatz beinhaltete unter anderem einen außergewöhnlich großen und reinen Smaragd sowie eine Kaiserliche Krone.
Mit der Reformation ging das Marienkloster unter und wurde aufgegeben. Der Klosterschatz jedoch kam in die Hände des Quedlinburger Damenstifts. Es folgten der Schmalkaldischen Krieg 1546/47. In dieser Zeit war Herzog Moritz von Sachsen Schirmvogt des Quedlinburger Stifts. Moritz lag jedoch im Streit mit seinem Vetter Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen. Der Streit endete mit einem Sieg des Kurfürsten der auch gegen Quedlinburg vordrang.
Äbtissin war damals Anna II. aus dem Hause der Grafen von Stolberg-Wernigerode. Kurfürst Johann Friedrich hatte Kenntnis von dem Quedlinburger Schatz bekommen und forderte per Befehl die Herausgabe der Kaiserkrone, des Smaragds, der Reliquie „goldener Arm Sancti Servatii“ sowie 100 kg Silber. Um den Kirchenschatz zu retten und vor dem gewaltsamen Zugriff des Kurfürsten zu bewahren, lies Anna II. ihn heimlich zu ihren Verwandten auf dem Schloss in Wernigerode schaffen. Blick vom Kaiserturm auf dem Armeleuteberg bei Wernigerode zum SchlossDoch wie immer und überall gab es auch hier einen Verräter, der dem Kurfürsten den heimlichen Abtransport mitteilte. Der Kurfürst forderte daraufhin den Grafen von Wernigerode auf, den Schatz herauszugeben. Doch Graf Wolf von Wernigerode weigerte sich angeblich den Schatz herauszugeben.
Dieser von mir geschilderte Ablauf sowie eine Schatzliste sind verbrieft. Jedoch brechen dann die Nachrichten ab. Wo die Krone, der Smaragd und der Goldene Arm abgeblieben sind, bleibt bis heute unbekannt. Es gibt Vermutungen, dass die Wernigeröder Grafen den Schatz aus Sicherheitsgründen in ihre Oberrheinischen Güter schaffen ließen, jedoch gibt es dafür keine Beweise. Die Kaiserkrone ist bis heute verschollen.
Das diese Quedlinburger Kaiserkrone nicht die heute noch erhaltene sein kann ist unstrittig. Diese Reichskrone lag damals bereits gut verwahrt in Nürnberg. Dennoch ist durch die Quedlinburger Akten der Auftraggeber dieser zweiten Kaiserkrone wohl als Otto II. zu identifizieren und auch das Alter der Krone kann sicherlich in die Herrschaftszeit von diesem Kaiser gelegt werden.

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