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Statistiken und ihre Manipulation

Ein allseits bekannter Spruch besagt: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Soweit möchte ich mit meinen Ausführungen nicht gehen. Dennoch sind Statistiken stets mit Vorsicht zu behandeln, falls man sie nicht selbst erstellt hat.
Statistik ist die mathematische Lehre von Methoden zum Umgang mit quantitativen Daten und hat viel mit Erfahrungswissen zu tun. Früher nannte man die Statistik auch Sammelforschung, denn empirische Daten werden gesammelt und dann analysiert. Statistik ist eine Hilfswissenschaft, der sich fast alle Wissenschaftsdisziplinen bedienen. Da in den letzten Jahren die Menge an Daten extrem zugenommen hat, kommt der Statistik eine immer größere Rolle zu.
Um eine Statistik zu verstehen und ihre Aussagen, die zumeist in grafischer Form vorliegen, zweifelsfrei deuten zu können, ist eine Menge an Hintergrundwissen erforderlich. Fehlt dieses jedoch, so ist für Deutungshoheiten und Manipulationen Tür und Tor geöffnet. Besonders wenn es um Geld oder um politische Inhalte geht, ist die Versuchung groß mit Statistiken zu „schummeln“. Dabei nutzt man die Glaubwürdigkeit und das Image der Genauigkeit, die Statistiken in der Bevölkerung genießen. Schnell lassen sich mit Statistiken jedoch kleine, unscheinbare Effekte in große, spektakuläre Nachrichten verwandeln und so politische Entscheidungen beeinflussen.
Besonders gern trickst man dabei, indem man mit relativen und absoluten Zahlen zu jonglieren versucht. Zum Beispiel hört es sich erheblich spektakulärer an, wenn man sagt, dass doppelt so viele Menschen an synthetischen Drogen gestorben sind, als 20 Tote gegenüber 10 Toten im Jahr zuvor. Relative Zahlen sind dazu geeignet Ängste zu schüren, die mit absoluten Zahlen nicht aufkommen würden.
Nehmen wir ein weiteres fiktives Beispiel dafür: Wenn man angibt, das vegane Ernährung das Diabetesrisiko um 30 Prozent verringert, hört sich das zunächst recht spektakulär an. Das absolute Erkrankungsrisiko hat sich jedoch um 1,9 Prozentpunkte von 8,8 auf 6,9 Prozent reduziert. Nun könnte ein Leser annehmen, dass bei veganer Kost 30 von 100 Menschen weniger an Diabetes erkranken, was ein Trugschluss ist. In Wahrheit sind es knapp 2 Menschen. Zudem ist keine Aussage darüber möglich, ob diese zwei durch die Ernährungsumstellung von der Krankheit verschont blieben oder ob es andere Ursachen hat, zum Beispiel genetische.
Das Beispiel zeigt, dass die relativen Zahlen zwar nicht falsch sind, ohne die zugehörigen absoluten Zahlen jedoch eine Verzerrung der Wahrheit bewirken und so bewusst in die Irre führen.


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Ich habe für meinen heutigen Beitrag das Thema Statistik gewählt, weil im Moment Statistiken über den Anteil sozial benachteiligter Kinder in Deutschland für Aufregung sorgen. Die Statistik der Bertelsmann-Stiftung, die auf Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht, wird in den verschiedenen Medien inhaltlich ausgewertet. Jedoch fallen diese Auswertungen höchst unterschiedlich aus, was nicht verwunderlich ist. Schon die Bertelsmann-Stiftung dürfte Probleme gehabt haben, ihre Statistik auf fremden Daten aufzubauen. Die Medienauswertungen sind dabei kaum nachvollziehbar, da dem Leser die absoluten Hintergrund- und Erhebungszahlen fehlen. Ich möchte keinem Journalisten Unredlichkeiten unterstellen, dennoch sind die Zahlen in unterschiedlichen Medien nicht identische, was auf die Schwierigkeiten der Auswertung von Statistiken hindeutet.
Besonders erstaunlich ist zudem, was aus solchen Statistiken alles an Interpretationen herausgelesen werden kann. Die Kinderarmut soll demnach bundesweit von 14,3 Prozent 2011 auf 14,7 Prozent 2015 angestiegen sein. Dazu wird dann angeführt, dass diese 14,7 Prozent sozial benachteiligter Kinder – bis 18 Jahre alt – aus Familien kommen, die Hartz IV beziehen. Demnach kommt also alle Kinderarmut aus Hartz IV-Familien. Wer kann das glauben? Was ist mit Familien die nach unserer staatlichen Definition arm sind, jedoch kein Hartz IV in Anspruch nehmen, was mit den vielen Familien deren Einkommen knapp über Hartz IV liegt, was ist mit denen, die mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben, sich jedoch nicht ausreichend um ihre Kinder kümmern, was ist mit den vielen Flüchtlings- und Asylbewerberkindern? Sind die Jugendlichen zwischen 14 – 18 Jahren einbezogen, in sich in der Ausbildung befinden? Fragen über Fragen und keine Antworten, stattdessen unzählige politische Statements.
Wie mittlerweile üblich wird der Staat verantwortlich gemacht, über Eigenverantwortung kein Wort. Stattdessen machen Sätze wie „Kinderarmut beeinträchtigt die Chancen für das ganze Leben“ die Runde.
Kinderarmut ist eine böse Sache, egal in welchem Land sie angesiedelt ist und leider ist sie das wohl in jedem Land auf unserem Planeten. Und ohne jeden Zweifel sollte sie bekämpft und eingedämmt werden. Vollständig beseitigen werden wird sie jedoch wohl nie.
In unserer deutschen Gesellschaft gibt es auch Kinderarmut, diese ist jedoch keinesfalls mit der außerhalb Europas zu vergleichen. Gern werden solche Statistiken, die alles und nichts aussagen, politisch instrumentalisiert. Fast immer ist unsere Politik der Auffassung Probleme lassen sich allein mit Geld lösen. Das ist ein grundlegender Irrtum! Die gesellschaftlichen Probleme, und so auch die der Kinderarmutsproblematik, liegen viel tiefer und lassen sich nicht mit Geld beheben. Vielen Familien könnte der Staat das doppelte an Sozialleistungen geben, ohne damit deren prekäre finanzielle Situation zu ändern, sagen Sparkassenmitarbeiter. Es ist jedoch für die Politik die unkomplizierteste Möglichkeit Geld als Handlungsnachweis ins Gespräch zu bringen.
Die wahren Ursachen anzugehen ist schwierig, teils unmöglich, weil sie die Freiheitsrechte des Einzelnen einschränken würden. Jedoch werden wir uns irgendwann entscheiden müssen ob wir eine homogene und halbwegs gerechte Gesellschaft wollen, oder ob die Freiheit des Einzelnen über allem steht.
Statistiken können uns bei solchen Entscheidungen Hilfestellungen geben. Dazu müssen jedoch alle Zahlen und auch deren Erhebungsmethoden zur Verfügung gestellt werden. Das ist aber wohl nicht absehbar, zu gut lässt sich damit Meinung machen. Schade um dieses mathematische Instrument und auch, das uns unsere Politik für so gutgläubig hält – man könnte auch sagen unwissend oder sogar dumm.
Abschließend zu meinen Ausführungen noch ein typisches Beispiel, wie die Statistik unlauter eingesetzt wird: Regelmäßig erstellt der Paritätische Wohlfahrtsverband eine Armutsstudie. Die letzte besagt, dass Deutschland eine Armutsquote von 15,5 Prozent hat. Ermittelt wurde diese Prozentzahl, indem alle Menschen ermittelt wurden, die im Monat weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung haben. Ob diese Zahl korrekt ist kann ich nicht sagen, mit Armut hat sie jedoch nichts zu tun. Würde sich das Einkommen eines jeden Bundesbürgers verdoppeln, so bliebe dennoch dieser Prozentsatz der gleiche. Es könnte bei ungünstigen Bedingungen, das heißt wenn es allen schlechter gehen würde, sogar dazu kommen, dass die Armut nach dieser Berechnung abnimmt.