Als Technik- und Naturwissenschaftler neige ich gern dazu, alles faktisch begründen zu wollen. Doch leider liege ich dabei auch oft nicht ganz richtig, denn unser diesbezügliches Wissen ist zwar sehr umfangreich, dennoch aber auch begrenzt.
Noch weitaus schlimmer sieht das bei den Geisteswissenschaften aus. Gern propagieren Politologen, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologen, Philosophen, Historiker und viele mehr, mit Faktenwissen überzeugen zu können. Doch die dann aufgeführten Fakten sind Ansichten, Thesen, Meinungen, Überzeugungen und vieles mehr. Wer jedoch deren Auffassungen widerspricht, wird schnell ausgegrenzt und als politisch inkorrekt abgestempelt.
Wenn man sich jedoch die Mühe macht und wichtige sogenannte Fakten überprüft, so stellt man schnell fest: andere Länder andere Fakten. Ob wir geschichtliche Ereignisse, politische Einschätzungen, wirtschaftliche Entwicklungen und selbst naturwissenschaftliche Erkenntnisse nehmen, es gilt häufig die altbekannte Redewendung „andere Länder, andere Sitten.
Wer zum Beispiel wundert sich noch darüber, dass in den USA wohl eine Mehrheit der Bevölkerung – christliche Kreationisten, Teile des Judentums und des Islams – die Evolutionstheorie ablehnen, die bei uns Selbstverständnis und Lehrstoff im Schulunterricht ist. Wer sich die historische Bewertung verschiedener geschichtlicher Ereignisse, wie zum Beispiel die von Kriegen, in verschiedenen europäischen Ländern anschaut, stößt auf völlig unterschiedliche Bewertungen.
Nun haben unsere deutschen Geisteswissenschaften einen neuen Begriff geprägt: postfaktisch. Die Erfinder definieren ihre Wortschöpfung als politisches Denken und Handeln, bei dem Fakten ausgeblendet, ignoriert oder verdreht werden. Was jedoch sind diese Fakten und wer liefert sie? Gelten nur die Fakten der Regierungskoalition oder die der Opposition und alle anderen Entgegenhaltungen sind postfaktisch?
Darf man in einer Demokratie die Meinung anders Denkender herabwürdigen oder sogar ignorieren? Haben die Regierung und unsere Volksvertreter sowie weitere Politiker sogenannter etablierter Parteien ein Recht auf Meinungs- und Deutungshoheit. Ich denke nicht, und die Politik, wie auch Teile der Medien, sollten sich umgehend eines Besseren besinnen.
Auch auf die Natur- und Technikwissenschaften trifft dies zu. Spezialisten, mit einem Wissen, das kaum zu wiederlegen und damit schwer anzuzweifeln ist, bauen sich mitunter eine Welt, so wie sie ihnen gefällt. Ich möchte darauf hier jedoch nicht weiter eingehen. Dennoch wird auch den Naturwissenschaften immer aufs Neue aufgezeigt, wie lückenhaft unser Wissen doch ist und das auch sogenannte gesicherte Erkenntnisse und Fakten keinesfalls unumstößlich gesichert sind.
Es werden uns Theorien und Thesen über den Weltraum, unsere Milchstraße und unsere Sonnensystem präsentiert, so als wären diese mit Fakten gesichert zu belegen, unumstößlich also.
Doch nun ist kürzlich von einem Team von Astronomen an der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Republik China ein bisher unbekannter Himmelskörper im äußeren Sonnensystem, außerhalb der Bahn des Neptun, entdeckt worden. Soweit nichts Besonderes, neue Himmelskörper werden regelmäßig entdeckt. Doch dieser, der Niku genannt wurde, was im Chinesischen so viel wie rebellisch bedeutet, kreist in der falschen Richtung um die Sonne. Diese Erkenntnis ist unumstößlich, obwohl bisher die Erkenntnis galt, dass in unserem Sonnensystem alle Objekte in derselben Richtung die Sonne umkreisen, sind sie doch alle aus der protoplanetaren Scheibe entstanden. Mit dieser Entdeckung ist die protoplanetare Hypothese nun wohl wiederlegt.
Der ebenfalls an der Entdeckung beteiligte US-Astronom Matthew Holman erklärt, „Niku deutet an, dass im äußeren Sonnensystem mehr passiert, als uns bislang bewusst ist. Die Entdeckung könnte deswegen neue Einsichten ankündigen.“
Niku, der nur etwa 200 km Durchmesser besitzt, ist jedoch kein Einzelfall! Bereits 2008 war mit „2008 KV42“ ein Transneptunisches Objekt entdeckt worden, das rückläufig um die Sonne kreist. Dem gleiche Niku nun, aber eine Erklärung für ihre ungewöhnlichen Bahnen haben die Wissenschaftler nicht. Auch gibt es bisher keine Erklärung warum man nicht schon 2008 begonnen hat an der protoplanetaren Hypothese zu zweifeln.
Wir können also resümieren: Niemand hat der Weisheit letzten Schluss.