Das Haller-Organ – Sinnesorgan der Zecken

Wie schaffen es die Zecken immer aufs Neue, sich genau im richtigen Moment auf ihren Wirt fallen zu lassen? Besonders jetzt im Frühsommer vergeht kein Tag, an dem ich mit meinem Hund im Wald unterwegs war, an dem der arme Vierbeiner anschließend keine Zecken hat. Und auch wir Menschen sind nicht gegen diese Parasiten gefeit. Zudem sind die Zecken für unsere Gesundheit wesentlich gefährlicher als für unsere Haustiere. Das jedoch ist ein anderes Thema!
Zecken sind eine Ordnung der Milben, die wiederum zur Klasse der Spinnentiere zählen. Weltweit sind etwa 900 Zeckenarten bekannt. Alle Arten leben als blutsaugende Ektoparasiten, ihre Wirte sind Wirbeltiere und auch der Mensch.
Alle Zeckenarten haben einen ähnlichen Körperbau, der aus zwei beweglichen, gegeneinander abgesetzten Abschnitten besteht. Der vordere Abschnitt ist erheblich kleiner als der hintere und wird landläufig als Zeckenkopf bezeichnet. Der hintere Abschnitt – der Rumpf – trägt vorn die 4 Beinpaare. Die Beine bestehen aus sechs deutlich gegeneinander abgesetzten Segmenten.
Im Wesentlichen unterscheidet man zwei Zeckenfamilien: Schildzecken und Lederzecken. Die bekannteste Art der Schildzecke – die auch in Deutschland allgegenwärtig sind – ist der Gemeine Holzbock. Diese Bezeichnung wird jedoch umgangssprachlich und fälschlich auch für den Hausbock, eine Bockkäferart und Holzschädling, verwendet. Der Gemeine Holzbock hat an den Spitzen seiner Beine (am Tarsus) zwei Krallen sowie ein Haftpolster (Pulvillus) zum Festhalten an glatten Oberflächen. Der Holzbock besitzt auch kleine, wenig auffallende Augen, die paarweise auf der Oberseite des Zeckenkopfes sitzen. Jedoch werden die Zecken nicht visuelle Impulse veranlasst, sich auf den Wirt fallen zu lassen.
Die Zecke hat dafür ein ganz spezielles Organ, Haller-Organ genannt. Benannt wurde es nach dem deutschen Apotheker G. Haller (1853-1886), der dieses Sinnesorgan entdeckte. Im weitesten Sinne ist das Haller-Organ ein Chemosensor, der zur Wirtsfindung dient und sich an den Endgliedern der vorderen Beine befindet.
Das Organ besteht aus zwei benachbart zueinander liegenden Strukturen. Vorne liegt eine kleine Grube, dahinter eine verhärtete, hohle Kapsel, die nur mit einer Pore nach außen geöffnet ist. Sowohl in der Grube, wie auch innerhalb der Kapsel befindet sich eine artspezifische Anzahl von Härchen, die als Sinnesorgane dienen. Diese Haarsensillen, in Verbindung mit Rezeptorzellen, ermöglichen es der Zecke, gewisse chemische Verbindungen wahrnehmen. Mit dem Haller-Organ erkennt die Zecke Kohlendioxid, Ammonik, Schwefelwasserstoffe und eine Vielzahl organischer Verbindungen, die im Atem oder Schweiß ihrer Wirtsarten vorkommen. Es wird angenommen, dass die Zecken diese Botenstoffe potentieller Wirte über vergleichsweise große Entfernungen (10-15m) wahrnehmen können.

Halfsize Urlaubslust low

Die bei uns heimischen Zeckenarten, wie der Gemeine Holzbock, verfolgen allgemein eine Lauer-Taktig. Sie klettern, wenn die Lufttemperaturen etwa 15 Grad C erreicht haben, auf niedrige Floravertreter, in der Regel nicht höher als 50 cm. Dort lauern sie auf einen Wirt. Haben die Zecken mit Hilfe ihres Haller-Organs chemische Verbindungen wahrgenommen, die auf einen Wirbeltier-Wirt schließen lassen, so nehmen eine charakteristische Pose ein. Mit den Hinterbeinen halten sie sich am entsprechenden Pflanzenteil fest, das vordere Beinpaar wird t-förmig weit nach vorn gestreckt. Sobald ein potentieller Wirt erreichbar ist oder die Zecke berührt, lassen sie sich auf den Wirt fallen oder halten sich an ihm fest. Dann machen sie sich auf dem Wirt auf die Suche nach einem geeigneten Platz, um ein Blutgefäß anzuzapfen.
Haben die Zecken einen derartigen Platz gefunden machen sie sich an den Saugvorgang. Bei diesem geben sie Speichel in die Wunde, der aus einer Vielzahl von Proteinen besteht. Wichtigste Funktion des Speichels ist es, das Zusammenklumpen der Blutplättchen zu verhindern, was ansonsten den Wundverschluss einleiten würde.
Die Schlussfolgerungen aus dieser Zeckenstrategie sind wohl: Es macht keinen Sinn, Zecken durch gewisse chemische Düfte abschrecken zu wollen. Schutz könnten vielleicht Duftkomponenten bieten, die Wirbeltier-typische Duftkomponenten weitgehend überdecken. Doch welche das sein könnten – mal die Zecke fragen? Die bei unseren Hunden weit mehr ausgeprägten Körpergerüche sind wohl auch der Grund dafür, dass die Vierbeiner erheblich häufiger von diesen Plagegeistern befallen werden, als wir Menschen.




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.