Archiv der Kategorie: Wissenschaft

In der Wissenschaft wird fleißig gearbeitet und geforscht, jedoch braucht es ab und an auch einen klugen Gedanken. Denn wenn alle Berechnungen versagen ist dies nicht Zufall, sondern Unwissen.

Bernd Sternal

Große Entdecker und Erfinder: Der Brückenbauer – John August Roebling Teil 1

John August RoeblingAm 12. Juni 1806 wurde im thüringischen Mühlhausen Johann August Röbling geboren. Röbling war das fünfte Kind von Tabakhändler Christoph Polykarpus Röbling und Friederike Therese Röbling. Aufgewachsen in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie konnte Johann das Gymnasium in Mühlhausen besuchen, dass er jedoch auf Grund schlechter Leistungen in Latein und Religion vorzeitig verlassen musste. Seine Eltern schickten ihn dann nach Erfurt, an das Privat-Pädagogium des Mathematikers Salomon Ungers, wo er seine schulische Ausbildung abschloss.
1924 begann Röbling, an der Königlichen Bauakademie Berlin, Architektur, Tief- und Brückenbau, Deichbau, Hydraulik und Maschinenbau zu studieren. 1926 legte er sein Examen ab. Während seines Studiums hörte er auch Vorlesungen von Prof. Johann Friedrich Dietlein, in denen über Hängebrücken in Bayern, der Pfalz und Westfalen referiert wurde. Der Brückenbau faszinierte Röbling und er erkannte viel Zukunftspotential, denn in der Regel waren die damaligen Brückenkonstruktionen Stein/Holz-Bauten. Und nun hatte er Hängebrücken kennengelernt, die von Stahlketten getragen wurden; eine kleine bautechnische Sensation.
Nach seinem Studium arbeitete Johann August Röbling als Baukonstrukteur in Westfalen. Nebenher hatten es ihm jedoch die Hängebrücken angetan. In jener Zeit entstanden zudem neue wissenschaftliche bautechnische Grundlagen. Röbling erarbeitete erste Konstruktionen für Hängebrücken. Doch die Zeit war in Deutschland noch nicht reif für solche „Experimente“. Über 10 Jahre später griff der Architekt A. Bruns auf Röblings Pläne zurück und baute für den Grafen von Westfalen eine Fußgängerhängebrücke bei Schloss Laer.
August Röbling erkannte, dass er mit seinen Visionen keine Zukunft in Deutschland hatte. Daher entschloss er sich 1831 nach Amerika auszuwandern. Zusammen mit seinem Bruder Karl und weiteren 38 jungen Leuten aus Mühlhausen schiffte sich die Gruppe über Bremen nach Amerika aus.
Die Auswanderer kamen in Pittsburgh an, dort spaltete sich die Gruppe. Röbling nutzte die lange Schiffsreise von elf Wochen für allerlei Betrachtungen über das Leben an Bord und beschäftigte sich besonders intensiv mit den Navigationsgeräten. Während der ganzen Reise führte er ein Tagebuch, welches aus Anlass seines 200. Geburtstages unter dem Titel „Tagebuch meiner Reise von Mühlhausen in Thüringen über Bremen in die Vereinigten Staaten im Jahre 1831“ veröffentlicht wurde (Mitteldeutscher Verlag, 2006). Die Männer um Röbling kauften dann, zusammen mit anderen Auswanderern, am 28. Oktober 1831 in Butler Country Pennsylvania 6,4 Quadratkilometer Land. Auf diesem gründeten sie die Siedlung Germania, die später in Saxonburg umbenannt wurde. Zunächst betrieben die Neusiedler Landwirtschaft. 1936 heiratete Johann August Röbling die ebenfalls aus Mühlhausen stammende Johanna Herting und wurde im Jahr darauf zum ersten Mal Vater; acht weitere Kinder sollten folgen.
Im Jahr 1837 wurden Röbling und seine Frau amerikanische Staatsbürger, er hieß fortan John August Roebling.
Bald schon merkte Roebling, dass das Farmerleben auf Dauer nicht das Richtige für ihn war. Er wollte wieder konstruieren und bauen, daher suchte er sich einen Job bei einer Kanalbaugesellschaft. Die Schifffahrt auf den Flüssen war damals, in dem großen unerschlossenen Amerika, die einzige Möglichkeit größere Transporte zu bewerkstelligen. Nun kamen künstliche Wasserstraßen hinzu. Um diese miteinander zu vernetzen, mussten Schleusen, Hebewerke und Brücken in größer Zahl gebaut werden.
Bei seiner Arbeit wurde Roebling immer aufs Neue mit dem starken Verschleiß von Hanfseilen konfrontiert. Dabei schweifte seine Erinnerung zurück zu seinem Studium, wo er vom Einsatz von Drahtseilen im Brückenbau gehört hatte. Der Richter James Finley hatte sich bereits 1801 ein Patent auf Drahtseilbrücken erteilen lassen und 1830 hatte Joseph Chaley im schweizerischen Fribourg eine 267 m weit gespannte Drahtkabelbrücke über die Saane gebaut. Doch dabei wurden konstruktiv nur Drahtseile aus parallelverlaufenden Drähten eingesetzt. Durch seinen regen Briefkontakt mit seiner Heimatstadt Mühlhausen hatte er jedoch auch von der Erfindung des geschlagene Drahtseils erfahren, das 1834 von Oberbergrat Julius Albert in Clausthal erfunden worden war und den Bergbau revolutioniert hatte.
Roebling testete zunächst der Ersatz von Hanfseilen für den Schiffstransport durch Stahlseile. Dazu errichtete er auf seinem Grundstück eine Werkstatt. Dort konstruierte und baute er Verseilmaschinen und fertige Drahtseile, die er ständig weiterentwickelte. 1942 erhielt er für seine Drahtseile das amerikanisch Patent.
Die Überlegenheit des Drahtseils gegenüber dem Hanfseil überzeugte seine Arbeit- und Auftraggeber. Und schon bald verlangten auch andere Industriebereiche nach Drahtseilen. Roeblings Patent wurde zum großen wirtschaftlichen Erfolg, was ihn veranlasste eine Drahtseilfabrik zu gründen. Diese verlegte er jedoch 1849 aus geschäftlichen Gründen nach Trenton im Bundesstaat New Jersey, wo sie noch heute unter dem Namen JARSCO tätig ist.




Dennoch hatte Roebling ein anderes Projekt vor Augen: Er wollte Hängebrücken bauen, die an Stahlseilen aufgehängt waren. Jedoch waren die vorherrschenden Verkehrswege im damaligen Amerika die Wasserwege. Daher war sein erstes Stahlseilprojekt auch eines im Schifffahrtsbereich: Er baute 1845 eine Kanal- oder Trogbrücke über den Allegheny River in Pittsburgh. Seine neuartige Konstruktion war ein wassergefüllter Trog, der in Art einer Brücke den Fluss querte und der an Stahlseilen aufgehängt war. Durch diesen Wassertrog führen die beladenen Schiffe zu den künstlichen Kanälen. Von dieser Art baute Roebling noch mehrere Trogbrücken.
In jener Zeit hatte die Industrialisierung richtig an Fahrt aufgenommen und damit auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, was Roebling sehr entgegen kam.
Doch zunächst legte Roebling die Grundlagen für seine späteren Erfolge. Er entwickelte das vom Franzosen Henry Vicat erfundene Luftspinnverfahren zu einer praktikablen Lösung. Mit seiner nachhaltigen Entwicklung konnte er die Stahlseile vor Ort an der Brücke anfertigen. Mit einer speziellen Vorrichtung wurden die einzelnen Stahldrähte von der Pylone aus auf ihrer gesamten benötigten Länge zu einem einzigen, dicken Stahlseil versponnen. Dieses Verfahren brachte erhebliche Vorteile: die schweren Drahtseile mussten nicht über weite Strecken angeliefert werden und zudem konnten die Pylonen leichter aufgestellt werden, da die Seile erst später eingebaut wurden und es somit eine enorme Gewichtsentlastung bei der Montage gab.
Dieses Stahlseil-Spinnverfahren ermöglichte es zudem, Tragseile in jedem Durchmesser und jeder Länge herzustellen, was ihm ungeahnte Konstruktionsmöglichkeiten eröffnete. Zunächst etablierte Johann August Röbling seine Brückenkonstruktionen in Amerika, später auch in Europa
Gegenüber Kritikern vertrat er energisch die Verwendung von Drahtkabeln. Er sagte einmal: „Es gibt keine einzige gute Hängebrücke in England und es wird keine geben, solange an Ketten festgehalten wird“. Roeblings Luftspinnverfahren ist von der Technologie her auch heute noch, ca. 150 Jahre später, „die“ Standardbauweise für die Errichtung von Hängebrücken.
Nach der Arbeit folgte der Ruhm. Dieser setzte mit seinem Niagara-Projekt ein. Roebling konstruierte und baute die Niagara Falls Suspension Bridge, die auf zwei Ebenen für Eisenbahn, Straßenverkehr und Fußgänger ausgelegt war. Die Brücke leistete bis 1897 ihren Dienst, dann war sie dem gewachsenen Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen und musste durch eine neue ersetzt werden.

Niagara Falls Suspension BridgeNiagara Falls Suspension Bridge, Lithografie von Charles Parsons (1821-1910)

Dennoch stellte Roeblings Niagara-Hängebrücke eine Pionierleistung im Brückenbau dar. Er setzte neben den senkrecht hängenden Seilen auch zusätzliche Schrägseile ein, die von den Spitzen der Pfeiler fächerförmig zu den Tragwerken führten, was der Gesamtkonstruktion zusätzliche Stabilität gab. Dieses Konstruktionsprinzip entwickelte er stetig weiter.
Es folgte im Jahr 1866 eine weitere Hängebrücke, die über den Ohio bei Cincinnati führte. Bei diesem Projekt war bereits Roeblings ältester Sohn Washington stark mit eingebunden, der später zu seinem wichtigsten Mitarbeiter und auch Nachfolger werden sollte.
Roeblings Meisterwerk jedoch wurde die Brooklyn Bridge über den East River in New York. Über dieses weltbekannte Bauwerk und seinen doch recht dramatischen Bauablauf berichte ich demnächst.

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Den Durchblick behalten mit piqd, dem Expertenmagazin

Knapp 1 ½ Jahre ist mein Blog nun alt. Ich schreibe über Themen wie Wissenschaft, Technik, Politik, Geschichte und Gesellschaft, über Themen also von denen ich von meiner beruflichen Laufbahn und meiner akademischen Ausbildung her etwas verstehe oder meine etwas zu verstehen. Denn keiner ist vollkommen, keine hat immer Recht, keiner hat den Stein der Weisen gefunden. Ich schreibe sehr faktenorientiert – so wie es sich für einen Ingenieur gehört – dennoch fließen auch persönliche Einstellungen und Auffassungen mit ein: Wie sollte es auch anders sein. Meine Blog-Beiträge können daher nicht neutral sein, denn ich habe eine eigene Meinung, eine zu der ich stehe und die ich auch in meinen Publikationen vertrete.
Wenn meine Leser – und das sind immerhin über 5 000 Abonnenten und etwa 7 000 Besucher pro Tag, die etwa 10 000 Seiten am Tag lesen – sich auf meine Beiträge einlassen, so lassen sie sich auch auf meine Meinung, meine politische Einstellung und meine Ideologie ein, ob sie wollen oder nicht. Wem meine Sicht der Dinge nicht gefällt, der wird meinen Blog meiden, ihn nicht wieder besuchen und ihn wohl auch nicht weiterempfehlen.
Die Medien stehen in unserer Zeit stark in der Kritik: Von Lügenpresse wird allerorts geredet. Als langjähriger Journalist, Publizist, Buchautor, Herausgeber und Verleger möchte ich diese Pauschalisierung strikt ablehnen. Natürlich sind die Medien geprägt von persönlichen Meinungen und politischen und/oder religiösen Einstellungen. Und jede Zeile, die geschrieben wird, jedes Foto, jede Filmsequenz, jede Tonsequenz, jeder Grafik sind menschengemacht. Und Menschen haben vielfältige Auffassungen vom Leben, verschiedene politische Einstellungen und unterschiedliche Religionen, die in ihre Medienbeiträge einfließen. Und jede Meinung, die von unseren Gesetzen gedeckt wird, ist nicht nur legal, sie ist auch legitim und zu akzeptieren. Das ist ein Grundsatz unserer Demokratie!
Leider informieren sich viele Zeitgenossen sehr einseitig. Diese werden dann zunehmend ihrem Informationsmedium in gewisser Weise hörig. Sie vertrauen ihm und schließen sich in ihrer Gesamtideologie diesem an, ohne zu hinterfragen. Unsere moderne Informationsgesellschaft bietet eine unendliche Informationsfülle. Die Aufgabe des Nutzers ist es, sich in dieser Fülle von Informationen der Wahrheit möglichst stark zu nähern. Jedem muss klar sein, wenn ein Medium einem bestimmten gesellschaftlichen Spektrum zuzuordnen ist, weil z.B. seine Besitzer diesem Spektrum angehören, dann ist eine Information auch in dieses Spektrum einzuordnen und von diesem geprägt. Unsere Aufgabe ist es demzufolge, uns unideologisch und freidenkend zu informieren. Das wird uns nicht immer gelingen, denn oftmals ist ein Wunsch Vater von Gedanken. Jedoch sollten wir uns diesbezüglich bemühen und dennoch unseren eigenen Standpunkt nicht verleugnen und zudem die Meinungsvielfalt akzeptieren. Das ist sicherlich oftmals nicht ganz einfach, denn auch die Verfasser von Medienbeiträgen haben nicht immer Recht. Mitunter beugen sie auch die Wahrheit ganz einfach im Interesse ihrer Ideologie.
Daher: die Bezeichnung Lügenpresse ist Diffamierung, die ideologische Prägung von Medien hingegen die Normalität.
Nun ist piqd angetreten, um eine unabhängige Netzzeitschrift zu betreiben und das Medienwirrwarr etwas zu ordnen. Ihr Kredo lautet: „piqd: Kluge Köpfe empfehlen die besten Inhalte im Netz“. Die Macher wollen zu einer informierten Öffentlichkeit im Netz beitragen. Dazu haben sie die Netz-Zeitung neu gedacht. Sie haben 18 Themenkanäle angelegt, die von einer ausgewählten Redaktion von Fachjournalisten, Wissenschaftlern und anderen Experten betreut werden. Die Beiträge zu diesen Themenkanälen stammen dabei nicht aus der Feder der piqd-Redaktion, sondern sie werden nur im Netz ausgewählt, empfohlen und kommentiert. Zudem können und sollen die Mitglieder, für die ja piqd gemacht wird, die ausgewählten Beiträge diskutieren. Im Mittelpunkt aller piqd-Aktivitäten steht immer die Frage: Warum ist diese Empfehlung die Zeit der Leser wert.
Also ganz einfach mal reinschauen, unter https://www.piqd.de/?utm_source=blog&utm_medium=beitrag&utm_campaign=trusted-blogs – es lohnt sich.
Dennoch hege ich die Hoffnung, dass Ihr auch meinem Blog treu bleibt?!

Die Beutekunst der Nationalsozialisten Teil 2

Die sowjetischen wie auch die US-amerikanischen „Beutekunstsucher“ folgten jedoch nicht nur ihrer Kulturmission, sie arbeiten leider, jedoch nachvollziehbar, auch im eigenen und mitunter persönlichen Interesse. Den es ging nach Kriegende nicht nur um Sicherung der Beutekunst sondern leider teilweise auch um sogenannte Wiedergutmachung und auch um persönliche Bereicherung. Denn es waren nicht nur geraubte Kunstgüter in Deutschland versteckt worden, sondern auch Kunstgüter, die vor den Nazis, vor den Alliierten oder auch vor anderen Räubern in Sicherheit gebracht werden sollten. So beispielsweise auch der Quedlinburger Domschatz, von dem große Teile Schenkungen der Ottonischen Kaiser waren. Es handelt sich dabei um einmalige Kunstwerke sowie kunsthandwerkliche Stücke, die vorrangig aus dem Früh- und Hochmittelalter stammen. Bereits 1943 waren die wertvollsten Teile des Domschatzes in einer Höhle bei Quedlinburg unter der Altenburg versteckt worden. Am 19. April 1945 besetzten dann amerikanische Truppen Quedlinburg. Die Verantwortung für die Höhle und den Schatz bekam der US-Leutnant Joe Tom Meador (* 30. Juni 1916, † 1. Februar 1980) übertragen. Dieser kunsthistorisch bewanderte Offizier erkannte die Bedeutung des Schatzes und entschloss sich die wertvollsten 21 Stücke davon zu stehlen und per Feldpost in seinen Heimatort nach Texas zu schicken. Gedacht, getan: 1980 verstarb Meador jedoch und die Schatzstücke befanden sich noch immer in Texas. Seine Erben versuchten die Kunstwerke auf dem internationalen Kunstmarkt zu verkaufen. Um Beutekunst im eigentlichen Sinne des Wortes handelte es sich hierbei jedoch nie, da der Diebstahl die Tat eines einzelnen Individuums war und nicht auf Befehl der US-amerikanischen Besatzungsbehörden erfolgte.

Stiftskirche St. Servatius in Quedlinburg
Stiftskirche St. Servatius in Quedlinburg

Der Kunsthistoriker Willi Korte entdeckte die Stücke auf dem Kunstmarkt und kämpfte nach der Wiedervereinigung um die Rückkehr nach Deutschland. Es wurde ein langes juristisches Ringen, das letztlich mit einem Vergleich abgeschlossen wurde. 1993 kehrten die gestohlenen Stücke des Quedlinburger Domschatzes nach Quedlinburg zurück, wo sie in der romanischen Stiftskirche St. Servatius zusammen mit den anderen Schatzstücken ausgestellt werden. Alle Beutestücke ließen sich jedoch nicht wieder auffinden und einige blieben bis heute verschollen.
Reichsmarschall Hermann Göring, eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Nationalsozialisten, hatte einen ausgeprägten Hang zu Luxus und Glamour. Sein repräsentatives, neohistorisches Anwesen Carinhall in der Schorfheide, nordwestlich von Berlin, ließ Göring im Innen- und Außenbereich mit vielen Kunstwerken ausstatten. Er trug eine Privatsammlung zusammen, die im Wesentlichen aus Raub- und Beutekunstwerken bestand und von beträchtlichem Wert war: auf 50 Millionen Mark belaufen sich die Schätzungen.
Anfang 1945 ließ Göring Carinhall sprengen. Zuvor schaffte er die wertvollsten Stücke seiner Sammlung in Sonderzügen nach Berchtesgaden: aber eben nur die wertvollsten. Es heißt, seine Mannschaft habe sich dann noch reich bedient und vieles auf dem Gelände versteckt.
Dann kamen die Sowjets, inspizierten kurz das gesprengte Objekt und planierten es. Dennoch ist das Gelände, das nochmals nach der Wiedervereinigung von der Brandenburger Landesregierung planiert wurde, ein Schatzsuchereldorado. Wohl nicht ganz zu Unrecht, denn es werden immer wieder neue Funde bekannt. Zumal wohl von den zahlreichen unterirdischen Anlagen wenig bekannt. Im angrenzenden Großen Döllnsee, wurden von Tauchern des Innenministeriums drei Skulpturen des Bildhauers Arno Breker gefunden, auch der Kopf einer antiken Statue soll gefunden worden sein. Schatzsucher buddelten in den vergangenen Jahren silberne Serviettenringe, Silberlöffel, Orden und griechische Vasen aus. – Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/16689038 ©2017. Es werden auf dem Gelände noch zahlreiche „Schätze“ vermutet, bis hin zum Bernsteinzimmer, dass dort mehrfach gesucht wurde. Jedoch findet das Land Brandenburg bisher keinen Umgang mit der Geschichte von Carinhall. Und da das Graben nach Görings Schätzen juristisch als Raubgraben angesehen wird, werden wir von Funden wohl auch nur mit viel Glück etwas erfahren. Jedoch hat man mit Totschweigen noch nie ein Problem lösen können.
Görings Kunstsammlung wurde schon auf dem Transport sowie bei der Einlagerung in Berchtesgaden stark geplündert. Schon 1943 hatte er einen Teil seiner Sammlung ins Salzbergwerk Altaussee schaffen lassen. Alle noch auffindbaren Kunstwerke aus Görings Sammlung wurden von den US-Amerikanern beschlagnahmt und in die zentrale Sammelstelle nach München geschafft.
Von den geheimen Einlagerungsstätten der Nationalsozialisten für ihre Raub- und Beutekunst ist erschreckend wenig bekannt. Auch über das Salzbergwerk bei Heilbronn wurde nur wenig publiziert, obwohl es das wohl größte Depot darstellte. Der Film „Monuments Men“ rief die Einlagerungsstätte dann als „Schatzkammer der Kunst“ ins Gedächtnis zurück. Zuvor hatte bereits 1997 der Heilbronner Archivdirektor Christhard Schrenk ein 400seitiges Werk mit dem Namen „Schatzkammer Salzbergwerk“ herausgegeben, das jedoch seit langer Zeit nicht mehr im Handel erhältlich ist. Schrenk hat darin den Ablauf und den Umfang der Kunsteinlagerungen minutiös dargestellt. Dabei war die Faktenlage dünn, die Unterlagen und Akten waren überall verstreut, genauer, wenn auch nicht immer ganz korrekt waren die amerikanischen Quellen und Augenzeugenberichte. 40 000 Kisten mit Kunstgegenständen sollen es gewesen sein, die dort in Heilbronn eingelagert waren und den Amerikanern in die Hände fielen.
Dennoch muss der Autor eingestehen, dass sich über die Inventarlisten die Kisteninhalte nur bruchstückhaft ermitteln lässt. Dennoch konnte Schrenk dokumentieren, dass nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität der Einlagerungen imponierend war.
Nach langem Häuserkampf war Heilbronn am 12. April 1945 endgültig von den Amerikanern eingenommen worden, nur vier Tage später traf hier, so recherchierte es Schrenk, James R. Rimorer als zuständiger Kunstschutzoffizier ein. Zunächst jedoch sicherte er Kunstschatz-Depots in Neuschwanstein, auf Herrenchiemsee sowie bei Memmingen. Die Kunstschatz-Offiziere sicherten und begutachteten die Heilbronner Kunstschätze. Erwähnt werden muss jedoch, das damals nur etwa zwei Prozent der aufgefundenen Kunstschätze als illegale Raubkunst eingestuft worden sind.
Wie groß die Anzahl der von den Nationalsozialisten geraubten Kunstwerke ist, darüber kann bis heute nur spekuliert werden. Nicht anders sieht es bei der Anzahl der Kunstwerke aus, die an ihren ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben worden sind. Auch dazu gibt es keine Dokumentationen, nicht einmal verlässliche Zahlen: Die Schätzungen diesbezüglich bewegen sich zwischen 50 und 80 Prozent. Es gibt zudem jedoch auch Expertenmeinungen, die besagen, dass nur etwa ein Drittel der „Nazischätze“ bisher wiedergefunden worden ist.
Wo die noch vermissten Kunstobjekte abgeblieben sind darüber kann nur spekuliert werden. Ein Teil ist sicherlich noch immer in Depots versteckt, die bisher noch nicht aufgefunden wurden. Ein Teil wurde von den Nazis auch ins Ausland geschafft, insbesondere in die Schweiz. Auch die deutsche Bevölkerung hat sich an Plünderungen von Transporten beteiligt. So kamen beim Abtransport der Kunstschätze aus Heilbronn drei ganze LKW’s samt Ladung abhanden. Zudem wird davon ausgegangen, dass noch heute zahlreiche geraubte Kunstwerke vergessen in den Archiven deutscher und österreichischer Museen ihrer Entdeckung harren.
Viele Kunstwerke verschwanden auch bei den Alliierten, insbesondere bei den US-Amerikanern und den Sowjets. Sol Chaneles, ein 1990 verstorbener Kunstraubforscher und Professor für Kriminalrecht der Rutgers University, New Jersey, berichtete über ein großes mit deutschem Kulturgut vollgestopftes Transportflugzeug, das im Sommer 1945 von München in die USA geflogen sei – was daraus geworden ist, ist bis heute ungeklärt. Chaneles berichtete ebenfalls von dem Verschwinden der Sammlung Schloss, einer Sammlung niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts, deren Bestände angeblich nun nach einem wahren Irrweg zwischen Vichy-Frankreich und den Nationalsozialisten im Depot der National Gallery in Washington liegen sollen. Es gab aber auch viele US-amerikanische Soldaten, die sich ohne Auftrag privat bereicherten, was auch auf Sowjetsoldaten zutrifft.




Von den Amerikanern wurde jedoch auch eine Vielzahl von Kunstwerken mitgenommen, die nicht der Raubkunst zugerechnet werden konnte. Insbesondere deutsche Archive und Bibliotheken wurden systematisch geplündert und wertvolle alte Bücher in die USA geschafft. Schon häufig bin ich bei Recherchen auf alte Bücher gestoßen, die in Deutschland nicht mehr vorhanden sind, jedoch von US-amerikanischen Universitäten eingescannt im Netz zu finden sind.
Zwar waren die Amerikaner, entgegen aller vorheriger Absprachen den Sowjets häufig zuvor gekommen, dennoch hatte die sogenannte sowjetische Trophäenkommission in ihren besetzten ostdeutschen Gebieten viele deutsche Kulturgüter beschlagnahmt und in die Sowjetunion verbracht. Auch diese Kunstgüter stammten nur zu einem geringen Teil aus Raubgutbeständen. Die Sowjets betrachteten deutsche Kulturgüter ganz einfach als Reparationsobjekte.
Zwar wurden bereits 1955 die in der Sowjetunion eingelagerten Bilder der Dresdner Gemäldegalerie zurückgegeben, doch erst 1992 hob die russische Regierung die jahrzehntelange strenge Geheimhaltung der in geheimen Magazinen versteckten „Beutekunst-Bestände“ auf. In einem deutsch-russischen Vertrag wurde vereinbart, „unrechtmäßig verbrachte Kulturgüter an den Eigentümer“ zurückzugeben. In der Folgezeit führte in Russland die Behandlung des Beutekunst-Problems zu massiven innenpolitischen Auseinandersetzungen. Mehrfach erklärte die Duma gegen den Widerstand von Präsident Boris Jelzin die Beutekunst zum ständigen Eigentum Russlands. Die Beutekunstfrage gilt als ein wesentliches, derzeit noch immer ungelöstes Problem in den deutsch-russischen Beziehungen.
In den 1990er Jahren gingen das Puschkin-Museum und das Historische Museum in Moskau sowie die Eremitage in Sankt Petersburg dazu über, Beutekunst-Bestände aus den Geheimlagern herauszuholen und in Ausstellungen öffentlich zu zeigen. So zeigte 1995 die Eremitage französische Gemälde des 19. Jahrhunderts aus den Sammlungen von Friedrich Carl Siemens (1877–1952), Eduard von der Heydt, Alice Meyer (Witwe von Eduard Lorenz Lorenz-Meyer), Otto Gerstenberg, Otto Krebs, Bernhard Koehler und Monica Sachse (Witwe von Paul Sachse). Ein Jahr später folgte dort die Ausstellung mit Meisterzeichnungen aus deutschen Privatsammlungen. 1996 zeigte das Puschkin-Museum den so genannten Schatz des Priamos und 2007 die merowingerzeitlichen Funde aus dem Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte, darunter die Schwertscheide von Gutenstein. Weitere bedeutende Objekte der Beutekunst in Russland sind umfangreiche Bestände der Kunsthalle Bremen (u. a. die so genannte Baldin-Sammlung), die Nachlässe von Ferdinand Lassalle und Walther Rathenau, Bestände der Gothaer Bibliothek und der fürstlichen Bibliothek in Wernigerode sowie die Rüstkammer der Wartburg. 2008 wurde bekannt, dass im Museum der ukrainischen Stadt Simferopol 87 Gemälde des Suermondt-Ludwig-Museums Aachen ausgestellt werden, die bis 2005 als verschollen galten.
Der Goldfund von Eberswalde (bronzezeitlicher Goldschatz), 10.–9. Jh. v. Chr, Collection: Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin, Photograph: Andreas Praefcke 2006, WikipediaDer bronzezeitliche Eberswalder Goldschatz wurde 2013 im Rahmen der Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ in Sankt Petersburg gezeigt. In einer kurzen Rede anlässlich der Eröffnung der Ausstellung am 21. Juni 2013 forderte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die russische Regierung dazu auf, die geraubten deutschen Kulturgüter zurückzugeben.
2016 wurden 59 Statuen, die ehemals im Bode-Museum in Berlin standen, im Puschkin-Museum in Moskau wiedergefunden.
Zudem wurde so einiges an Kunst- und Wertgegenstände vor den Alliierten versteckt, wobei es sich in der Regel nicht um Raubkunst, sondern um Eigentum gehandelt hat. Besonders der Adel brachte in der sowjetischen Besatzungszone Wertgegenstände vor den Sowjetsoldaten in Sicherheit. Und häufig konnten die Besitzer dann nicht zurückkehren oder kamen nicht mehr an die verstecke heran. Oder die Besitzer verstarben ohne die Verstecke weitergegeben zu haben.
Einige Beispiele:
1996 wurde von Schatzgräbern bei Schloss Moritzburg der Schatz der Wettiner gefunden. Die Söhne von Ernst Heinrich Prinz von Sachsen, Dedo und Gero und der Revierförster hatten im Februar 1945 43 Kisten vergraben. Unter Folter verriet der Förster später das Versteck an die sowjetische Besatzungsmacht. Die Sowjets gruben den einen großen Teil aus und brachten den Schatz als angebliche Beutekunst widerrechtlich in die Sowjetunion, wo er sich bis heute befindet. Jedoch wurden 3 Kisten wohl übersehen und erst 1996 gefunden. Der Gesamtwert des Inhalts der drei Kisten wurde auf etwa 12 Millionen Euro geschätzt. Welchen Wert haben dann wohl die anderen 40 Kisten gehabt?
Auf Burg Falkenstein im Harz wurden bereits zwei Schätze der dort bis 1945 residierenden Asseburger gefunden. Der erste bestand aus wertvollen Kunst- und Kulturgütern und wurde vor 25 Jahren entdeckt. Vor wenigen Tagen wurde nun bei Bauarbeiten verstecktes Meißner Porzellan sowie weitere Kunstgüter gefunden.

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Schloss Neumühlen in der Altmark ist Besitz der Grafen von der Schulenburg. 2001 wurde der Geschichtsforscher, Architekt und Schatzsucher F.H. Rainer Friebe von Günzel Graf von der Schulenburg beauftragt einen 1945 im Schloss versteckten Familienschatz zu finden. Die Mutter des Grafen hatte die Wertsachen der Familie vor den Sowjets versteckt, dem Sohn jedoch das Versteck nicht anvertraut. Friebe hatte Glück und fand den umfangreichen Schatz: Milchkannen voller alte Münzen, Gold, Silber, Schmuck, wertvolles Porzellan und einen Koffer voller wertvoller alter Dokumente.
Als Resümee kann zusammengefasst werden, dass auch über 70 Jahre nach Kriegsende die Problematik Raubkunst der Nationalsozialisten sowie Kunstraub der Alliierten noch nicht Ansatzweise geklärt werden konnte. Daher werden wohl immer wieder neue Funde und Wiederentdeckungen gemacht werden. Und besonders das sogenannte Nazigold hat auch in seinen geheimen verstecken keine Verfallszeit. Aber darüber berichte ich demnächst.