Archiv der Kategorie: Politik

In der ganzen Welt ist jeder Politiker sehr für Revolution, für Vernunft und Niederlegung der Waffen – nur beim Feind, ja nicht bei sich selbst.

Hermann Hesse

Der Marshall-Plan – die ganze Wahrheit Teil 2

Henry Morgenthau (Wikipedia)Der Morgenthau-Plan wurde von US-Finanzminister Henry Morgenthau im August 1944 in dessen US-Finanzministerium erarbeitet. Durch eine Indiskretion wurde das Memorandum wenige später veröffentlicht, was innerhalb der USA und weltweit für Aufsehen sorgte. US-Präsident Franklin D. Roosevelt verwarf deshalb den Entwurf nach einigen Wochen, dennoch verschwand er nicht aus den Köpfen.
Zudem kam dieser versehentlich an die Öffentlichkeit gelangte Plan der nationalsozialistischen Propaganda genau recht. Die Nationalsozialisten verkauften den Plan als Rache des Weltjudentums zur „Versklavung“ der Deutschen und konnte damit seine Durchhalteparolen begründen.
Jedoch stieß der Plan, Deutschland zum Agrarland umzuwandeln, auch bei zahlreichen Franzosen und Briten auf Zustimmung. Damit wäre ihre Angst vor einem erneuten Erstarken Deutschlands endgültig vom Tisch.
Doch nach dem Ende des Krieges merkten insbesondere die Franzosen und Briten schnell, welchen Aufwand es ihnen bereitete, ihre deutschen Besatzungszonen zu verwalten. Auch in Westeuropa und auf der Insel herrschte große Not. Zudem wurde schnell klar, dass die deutsche Industrie bei weitem nicht so zerstört und geschädigt war wie man angenommen und wohl auch gehofft hatte.
Des Weiteren wurde auch der von der Sowjetunion in Osteuropa sowie in der sowjetischen Besatzungszone importierte Sozialismus und Kommunismus bei den Alliierten zum Thema. Angst keimte auf, dass sich der sowjetische Einfluss weiter nach Westen ausbreiten könnte.
Während des 2. Weltkrieges hatte sich ein Zweckbündnis zwischen den alliierten Westmächten mit ihrer marktwirtschaftlichen Ausrichtung und der Sowjetunion mit ihrem Planwirtschaftssystem ergeben. Doch bereits während der Kriegskonferenzen kristallisierten sich die unüberbrückbaren Gegensätze klar heraus. Der Kalte Krieg keimte auf und die Alliierten mussten Problemlösungen liefern.
In dieser schwierigen und zudem desillusionierten Situation schwang sich der US-Außenminister George C. Marshall zum Ideengeber und Retter des Westens auf. Federführend wurde unter seiner Leitung im US-Außenministerium ein neuer Plan erarbeitet.
Vor allem die Staatssekretäre William L. Clayton und George F. Kennan waren an diesem Konzept für die deutschen Besatzungszonen und Westeuropa maßgeblich beteiligt. Für das Programm gab es drei Gründe:
• Hilfe für die notleidende und teilweise hungernde Bevölkerung Europas
• Eindämmung der Sowjetunion und des Sozialismus
• Schaffung eines Absatzmarktes für die Überproduktion der USA
Der Plan, offiziell European Recovery Programm (kurz ERP) genannt, wurde ab Mai 1947 entwickelt und wurde unter dem Namen Marshall-Plan bekannt. Er war mit der Intention entwickelt worden, im April 1948 eine internationale Konferenz zur Gründung einer „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa“ einzuberufen. Auch die Sowjetunion sowie die osteuropäischen Staaten wurden zu dieser Konferenz eingeladen um ihnen den amerikanischen Plan vorzustellen. Die Sowjetunion zog sich jedoch bald daraus zurück und verbot auch den unter ihrem Einfluss stehenden osteuropäischen Staaten jede Teilnahme.
Zu diesem Zeitpunkt waren kommunistische Parteien in einigen Staaten Westeuropas enorm populär. In Frankreich und Italien brachte die Armut der Nachkriegsära den kommunistischen Parteien, die auch eine wichtige Rolle in den Widerstandsbewegungen während des Krieges gespielt hatten, ständig neuen Zulauf. Zudem brachte der Versuch, durch den Marshallplan einige osteuropäische Staaten dem kommunistischen Einfluss zu entziehen, keinen Erfolg.





Des Weiteren hatte der äußerst harte Winter 1946/47 und der dadurch herrschende Nahrungsmangel zu einem grundlegenden Umdenken, insbesondere der US-Amerikaner, geführt. Aber auch den Briten und den Franzosen waren durch die Besatzungskosten enorm belastet, da ihre eigenen Länder gleichfalls an den Folgen und Zerstörungen des Krieges litten.
Dennoch wurden von den verschiedenen politischen Gruppen der Alliierten unterschiedliche Modelle für das Nachkriegsdeutschland diskutiert und favorisiert. So war von Umerziehung (Reeducation) sowie Isolationismus die Rede.
Den politischen Interessen standen jedoch handfeste wirtschaftliche Interessen gegenüber. So waren die USA von einer gewaltigen Überproduktion geplagt. Auch wurde erkannt, dass man den ideologischen Kampf gehen die Sowjetunion, die osteuropäischen Länder und besonders die sowjetische Besatzungszone, nur wirtschaftlich gewinnen konnte.
Besonders der demokratische US-Präsident Truman war der Ansicht, die USA müssten ihre weltpolitische Verantwortung wahrnehmen und zudem die amerikanischen Wirtschaftsinteressen berücksichtigen und dafür war ein Wiederaufbau der drei westlichen deutschen Besatzungszonen von großer Bedeutung.
Doch zunächst gab US-Präsident Harry S. Truman am 12. März 1947 vor dem US-Kongress eine Erklärung ab, die als Truman-Doktrin in die Geschichtsbücher einging. Es sollte demnach zukünftiger außenpolitischer Grundsatz der USA werden, „freien Völkern beizustehen, die sich der angestrebten Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch äußeren Druck widersetzen“.
Speziell erklärte Truman, dass die USA bereit seien, dem dringenden Appell der griechischen Regierung um wirtschaftliche und militärische Unterstützung im Griechischen Bürgerkrieg nachzukommen. Auch die Türkei, die sich in einer ähnlichen Situation wie Griechenland befand, solle amerikanische Hilfe erhalten.
Diese Erklärung des US-Präsidenten markierte endgültig das Aus der US-amerikanischen Kriegskoalition mit der Sowjetunion und markiert damit den Ausbruch des Kalten Krieges, der sich bereits zuvor schleichend angekündigt hatte.
Die Entstehung des Marshall-Plans wurde von einem Prozess von Konferenzen, Diskussionen und diplomatischen Gesprächen begleitet. Am 3. April 1948 war es dann soweit, das Marshallplan-Gesetz („Foreign Assistance Act of 1948“) wurde von Präsident Truman unterzeichnet. Zuvor hatte der Kongress der Vereinigten Staaten das 12,4-Milliarden-Programm verabschiedet (entspricht heute etwa 124 Milliarden US-Dollar), das auf 4 Jahre angelegt war (1948-1952).
Doch der Marshall-Plan war nicht das großzügige amerikanische Hilfsprogramm für Westeuropa und Deutschland, wie es jahrzehntelang – und zum Teil bis heute – propagiert wird. Die Lobeshymne für den Marshall-Plan trifft so nicht zu – sie war in wesentlichen Teilen eine ausgeklügelte PR-Strategie und ein wirtschaftliches Hilfsprogramm für die US-Wirtschaft-, der jedoch dennoch ungeahnte Wirkung zeigte.
Dazu aber demnächst mehr:

Der Marshall-Plan – die ganze Wahrheit Teil 1

Deutschland hat den Ersten Weltkrieg verloren. Die Ursachen dieses Krieges sind im Hochimperialismus vor dem Hintergrund der Industriellen Revolution und einer damit verbundenen Bevölkerungsexplosion zu suchen. Wirtschaftliche, politische, koloniale und imperiale Interessen in Europa, Amerika und Japan führten zu zahlreichen Krisen, die letztlich im Ersten Weltkrieg mündeten.

Die Kriegserklärung kam von der Österreich-Ungarischen Monarchie, der Kriegsauslöser war das Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914. In dieser Krisensituation erhielt Kaiser Franz Joseph ein Treuebekenntnis des deutschen Kaisers Wilhelm II. der ihm versicherte, „im Einklang mit seinen Bündnisverpflichtungen und seiner alten Freundschaft treu an der Seite Österreich-Ungarns [zu] stehen“. Dieses Bekenntnis des deutschen Monarchen gilt bis heute als Blankocheck an die Österreicher.

Geschichtsschreibung ist keine Naturwissenschaft, sondern immer auch politisch und ideologisch geprägt. Daher ist auch die historische Bewertung des Ersten Weltkrieges von Land zu Land unterschiedlich. Schuld tragen sicherlich viele, „Kriegsbeginnler“ jedoch waren Österreich und Deutschland.

Diese haben mit ihren Verbündeten, den sogenannten Mittelmächten, den Krieg verloren.

Es folgte der Friedensvertrag von Versailles. Zitat Wikipedia: „Bereits am 11. November 1918 hatte der Waffenstillstand von Compiègne die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs beendet, nicht aber den Kriegszustand. Die deutsche Delegation durfte an den Verhandlungen nicht teilnehmen, sondern konnte erst am Schluss durch schriftliche Eingaben wenige Nachbesserungen des Vertragsinhalts erwirken. Der Vertrag konstatierte die alleinige Verantwortung Deutschlands und seiner Verbündeten für den Ausbruch des Weltkriegs und verpflichtete es zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte. Nach ultimativer Aufforderung unterzeichnete Deutschland am 28. Juni 1919 den Vertrag unter Protest im Spiegelsaal von Versailles. Nach der Ratifizierung und dem Austausch der Urkunden trat er am 10. Januar 1920 in Kraft. Wegen seiner hart erscheinenden Bedingungen und der Art seines Zustandekommens wurde der Vertrag von der Mehrheit der Deutschen als illegitim und demütigend empfunden.“

Unterschriften unter den Friedensvertrag von Versaille
Unterschriften unter den Friedensvertrag von Versaille

Der Versailler Vertrag brachte keine Ruhe in Europa, zumal ein Friedensvertrag, der angelegt wurde um Deutschland für die Zukunft klein zu halten und zudem von ständigen Drohungen geprägt war, bei Deutschland und seinen Verbündeten wohl auch keine Akzeptanz finden konnte. Der Versuch Deutschland zu maßregeln und wirtschaftlich zu schwächen, führte letztlich zur Machtübernahme der Nationalsozialisten und zur erneuten, zunächst heimlichen Aufrüstung.

Die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg war keine, die von Diplomatie und demokratischen Prozessen geprägt war. Die Ursachen für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren genauso vielschichtig wie die des Ersten Weltkrieges.

Erneut brach Deutschland einen Krieg vom Zaun, den wohl grauenhaftesten in der Weltgeschichte. Jedoch steuerten auch 1939 die europäischen Mächte in sturer Beharrlichkeit, und die Kriegsgefahr im Blick, in den Konflikt.

Den Ausgang des Zweiten Weltkrieges kennen wir alle: Deutschland und seine Verbündeten haben ihn erneut verloren.

Als die deutsche Niederlage Ende 1944 absehbar war, trafen sich die alliierten Staatschefs Franklin D. Roosevelt (USA), Winston Churchill (Vereinigtes Königreich) und Josef Stalin (UdSSR) vom 4. Bis 11. Februar 1945 auf der Krim im dortigen Badeort Jalta. Zur Debatte, in dieser diplomatischen Konferenz, stand eine Aufteilung Deutschlands in mehrere Staaten, in eine Dismembration.

Die Verhandlungen waren sehr schwierig, denn die Alliierten konnten sich mit den sowjetischen Vertretern nicht auf die vollständige Zerschlagung Deutschland im völkerrechtlichen Sinne einigen.

Im März 1945 einigten sie sich darauf, Deutschland nicht zu vollständig zu zerstückeln, sondern das nach Abtrennung der deutschen Ostgebiete verbliebene Territorium als Einheit zu behandeln. Deutschland wurde zunächst in drei, später dann in vier Besatzungszonen aufgeteilt – die Französische Besatzungszone wurde aus Teilen der anderen beiden Zonen der Westalliierten gebildet. Ebenso wurden eine Sektorengrenzen in der Hauptstadt Berlin gezogen.




Es kam jedoch zu weiteren Diskrepanzen zwischen den alliierten Westmächten und der Sowjetunion. Die Alliierten hatten seit dem Beginn ihrer Bombenangriffe 1941 systematisch versucht die deutsche Industrie nachhaltig zu zerstören. Doch sie mussten einsehen, dass ihnen das nur sehr begrenzt gelang. Um die Moral der Deutschen zu brechen wurden insbesondere 1944 – 1945 deutsche Städte und deren Zivilbevölkerung bombardiert. Diese Strategie der zerstörten Städte zeigte Wirkung, sie unterlief jedoch die Genfer Konventionen und somit das humanitäre Völkerrecht, das den Schutz der Zivilbevölkerung garantieren soll.

Dennoch waren die Alliierten der Überzeugung, der deutschen Industrie schwersten Schaden zugefügt zu haben, was sich als Fehleinschätzung herausstellen sollte.

Auch war es den Alliierten, allen voran den US-Amerikanern, wohl schon lange vor Kriegsende klar, dass es nach dem Krieg zu wirtschaftlichen und ideologischen Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen Kapitalismus und Sozialismus kommen würde.

Dieses Wissen führte zu ersten erheblichen Diskrepanzen zwischen Amerikanern und Sowjets. Die künftigen Hoheitsgrenzen im besiegten Deutschland waren zwar festgeschrieben, dennoch wagten sich die schneller vordringenden US-Amerikaner tief in die zukünftige sowjetische Zone hinein. Offizieller Tenor waren die Kampfhandlungen gegen die versprengten restlichen Militäreinheiten der Nationalsozialisten sowie die Befreiung von KZ-Angehörigen und Zwangsarbeitern. Jedoch lag ein wesentlicher Schwerpunkt des Handelns der amerikanischen Einheiten in der vereinbarten sowjetischen Zone auch darin, technisches, militärisches und industrielles deutsches Knowhow vor dem Zugriff der Sowjetunion zu sichern und außer Landes zu schaffen. Ähnlich wurde auch mit deutschen Wissenschaftlern und Spezialisten sowie deutschem Kulturgut verfahren.

Dieses US-amerikanische Vorgehen führten zu schweren Dissonanzen zwischen den beiden Großmächten und Kriegsgewinnlern.

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Als der Krieg zu Ende war, trafen sich die Vertreter der Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz und die gegensätzlichen Ansichten und Ziele wurden deutlich sichtbar. Zu dieser Zeit bestand noch ein Konsens über die Forderung von Reparationen von Deutschland, deren Höhe aber umstritten war. Von den Alliierten wurde 1945 noch der Morgenthau-Plan favorisiert. Er sah vor Deutschland zu entindustrialisieren und zu einem Agrarland zu machen. Das sollte langfristig verhindern, dass Deutschland je wieder einen Angriffskrieg führen könne. Durch den Abbau der Industrieanlagen als Reparationen sollte der Wiederaufbau in Europa zudem finanziert werden. Doch die Sowjetunion willigte in diesen Plan, in dem sie zudem nur als eine Art Juniorpartner der USA auftreten sollte, nicht ein. Die Sowjets hatten mit den östlichen Teilen Deutschlands anderes vor!

Mehr dazu demnächst.

Die Suche nach dem Garten Eden, dem Paradies: Teil 4

Der Garten Eden – das Paradies – wird seit vielen hundert Jahren gesucht. Wissenschaftler jeglicher Couleur versuchten sich daran, wurden jedoch von der Kirche nach Möglichkeiten dabei behindert.

Sicherlich kannte die Katholische Kirche schon lange Zeit geschichtliche Zusammenhänge zur biblischen Schöpfungsgeschichte, die diese in ein fragwürdiges Licht stellte. Jedoch hält die Kirche bis heute an der uralten Devise fest „was nicht sein kann, das nicht sein darf“.

In der Neuzeit entstanden nach und nach neue Wissenschaften: Grammatologie, Archäologie, Geschichtswissenschaften und Geowissenschaften sind einige davon. Es wurden sehr alte Karten entdeckt – darunter die sogenannte vatikanische Karte – auf denen das Paradies eingezeichnet war. Jedoch konnten diese Karten bis heute nicht aufgelöste werden. Dann wurden uralte Schriftrelikte entdeckt, die letztlich untermauerten, dass bereits die Babylonier die Schöpfungsgeschichte wohl kannten und auch den Garten Eden und das bereits etwa 1000 Jahre bevor Christentum und Bibel entstanden.

Friedrich Delitzsch (1850–1922)
Friedrich Delitzsch (1850 – 1922)

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts trat dann ein gewisser Friedrich Delitzsch ins Licht der Öffentlichkeit. Delitzsch wurde 1850 in Erlangen geboren und war Sohn des Theologen Franz Delitzsch. Nach dem Studium der orientalischen Sprachen promovierte er in semitischen Sprachen und in Assyriologie. Bereits 1877, als bereits mit 27 Jahren wurde er in Leipzig Professor, später auch in Breslau und Berlin. Er war Mitbegründer und Förderer der Deutschen Orientgesellschaft und seit 1899 Direktor der Vorderasiatischen Abteilung der Königlichen Museen. Besondere Verdienste erwarb sich Delitzsch bei der Erforschung vorderasiatischer Sprachen. Dann trat er mit alttestamentarischer Textkritik an die Öffentlichkeit. Weiteren Kreisen wurde er bekannt durch seine in zahlreichen veränderten Fassungen und Übersetzungen erschienenen Vorträge über Babel und Bibel, die den Babel-Bibel-Streit auslösten. 1902 wurde Delitzsch in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Seit 1891 war er Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.

In der Folge des Babel-Bibel-Streites nahm er im Laufe seines Lebens zunehmend eine kritische Haltung gegenüber dem Alten Testament ein. Als Direktor der Vorderasiatischen Abteilung der Königlichen Museen (heute Teil des Pergamonmuseums) hielt er 1902 einen Vortrag vor Kaiser Wilhelm II., in dem er den biblischen Sündenfall in Frage stellte. Er führte diesen Teil des Alten Testaments auf Überlieferungen der Babylonier zurück und forderte ihn aus der Bibel zu tilgen.

Kaiser Wilhelm war zunächst von Delitzschs Forschungen sehr angetan und forderte eine Berücksichtigung dieser neuen Erkenntnisse in der Schule. Der Kaiser war jedoch zugleich Oberhaupt der deutschen Protestanten und er geriet durch seine Unterstützung der Delitzsch-Thesen unter starken Druck der Kirche und weiterer konservativer Kräfte. Verschärft wurde der Konflikt, als Delitzsch aufzeigte, dass auch Judentum und Islam die Schöpfungsgeschichte von den Babyloniern übernommen hätten.

Kaiser Wilhelm lies Delitzsch samt seiner Thesen fallen, was letztlich dessen wissenschaftliche Karriere recht abrupt beendete. Dennoch: Etwa ein Jahr lang wurde die Schöpfungsgeschichte der Bibel bereits vor über hundert Jahren von oberster Stelle in Zweifel gezogen. Was damals Kaiser Wilhelm veranlasste, die Grundfesten der Kirche in Zweifel zu ziehen, wird wohl sein Geheimnis bleiben – des massiven Widerspruchs zu seiner Haltung war er sich sicherlich bewusst.

Der renommierte Professor der Universität London und Autor des Buches „Die Vermessung des Paradieses“ Alessandro Scafi zeigt in seinem Buch alte Karten, in denen der Garten Eden verzeichnet ist, jedoch sind alle diese Karten bisher nicht aufzulösen.




Der große Reformator Martin Luther vertrat bei der Frage nach der Verortung des Paradieses die Meinung, dass die große Sinnflut das Paradies hinweggespült habe. Damit war für ihn die Sache erledigt und nicht weiter diskussionswürdig.

Heute weiß man, dass die Ursprungsgeschichte des Menschen bereits als Epos bei den Babyloniern existierte. Neuerdings wurde in Schrifttafeln aus der bronzezeitlichen Metropole Ugarit von niederländischen Forschern eine Urversion von Adam und Eva entdeckt. Wie die Alttestamentlerin Marjo Korpel und der Altorientalist Johannes de Moor von der Protestantischen Theologischen Universität Amsterdam in ihrem neuen Buch „Adam, Eve and the Devil“ berichten, wurde die Erzählung in der nordsyrischen Hafenstadt Ugarit aufgezeichnet. Diese Aufzeichnungen aus Ugarit sollen mindestens 800 Jahre älter sein als die Bibel.

Marjo Korpel führt weiter aus: Einst lebte der Schöpfergott El mit seiner Frau Asheran in einem paradiesischen Garten. Der böse Gott Horon jedoch, der vom Berg der Götter verbannt worden war, wollte sich dafür an den Menschen rächen. Er verwandelte den Baum des Lebens, der im Paradiesgarten stand, in den Baum des Todes und verhüllt den Garten mit giftigem Nebel. Als der Schöpfergott das Leben auf der Erde erneuern will, stellt sich ihm Horon in Form einer großen Schlange entgegen. Beide geraten aneinander, die böse Schlange beißt El, der dadurch seine Unsterblichkeit verliert. Als El jedoch mit seiner „guten Frau“ (Eva) Nachkommen zeugt, überwindet er den Fluch und gewinnt eine Art von Unsterblichkeit zurück. Korpel erklärt zudem, dass in dieser Urversion der Schöpfungsgeschichte Eva keinerlei Schuld auf sich lud.

In dieser Ugarit-Geschichte wird der Garten Eden an die Hänge des Berges Ararat verortet, da, wo auch gemäß Altem Testament nach der Sinnflut die Arche Noahs landete. So wird auch die Geschichte der Schiffer Uta-napischti im Gilgamesch-Epos erzählt, nur das dieses Epos bereits zwischen das 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. datiert wird.

Es ist heute kaum noch zu leugnen, dass die Schöpfungsgeschichte in der Bibel auf älteren Mythen beruht. Und es hat zudem sicherlich redaktionelle Bearbeitungen gegeben, die dieser Geschichte eine ideologische Wendung unterziehen wollten, um damit die Machtausübung der christlichen Kirche zu zementieren. Verwunderlich ist nur, dass die Kirche bis heute an der Schöpfergeschichte und dem Sündenfall festhält und bei vielen Dingen, die darauf zurückgehen, keine Kompromissbereitschaft erkennen lässt.

Zudem führen moderne Wissenschaften – insbesondere auch die Archäologie – ständig zu neuen Erkenntnissen, die alttestamentarische Aussagen relativieren oder sogar als falsch identifizieren. Ablasshandel und ähnliche kirchliche „Betrügereien“ gibt es „Gott sei Dank“ heute nicht mehr. „Eva“ von aller Schuld freizusprechen und damit zu emanzipieren, dafür wäre es höchste Zeit.

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Ob der Garten Eden jemals gefunden werden wird, ist mehr als fraglich. Dennoch kann angenommen werden, dass es eine solche paradiesische Landschaft einmal gegen haben wird. Auch wenn sich darin die Schöpfungsgeschichte nicht abgespielt hat. Und wenn dieses Paradies einmal in Vorderasien lag, wie vermutet wird, so kann dort, wo einmal paradiesische Zustände herrschen, heute durchaus Wüste sein.

Dennoch wird die Suche nach dem Paradies wohl nie aufhören – zu schön ist dieser Mythos, als dass man ihn aufgeben wollte.