Von Zunderlade und Steinschloss-Feuerzeug

Tunderlah - Zunderlade, zeitgenössische Darstellung
Tunderlah – Zunderlade, zeitgenössische Darstellung

Für die jungen Leute ist heute Feuermachen kein Thema mehr. Wenn überhaupt, dann gibt es dafür Feuerzeuge, notfalls Streichhölzer. Jedoch benötigten die Menschen auch vor dieser bedeutenden Erfindung Mittel, um Feuer zu entfachen. Die dazu genutzten Geräte gehören zu den ältesten und notwendigsten in der Kulturgeschichte des Menschen. Über tausende von Jahren entwickelten sich die Gerätschaften zum Entfachen von Feuer nur sehr langsam. Durch Ötzi wissen wir heute, dass bereits im Neolithikum Zundermaterial verwendet wurde. In Mitteleuropa kam dazu vorrangig der sogenannte Zunderschwamm zum Einsatz. Das ist eine Baumpilz-Art aus der Familie der Stielporlings-Verwandten. Hinzu kamen Feuerstahl und Feuerstein um die Funken zur Entzündung des Zunders zu erzeugen. Seit Beginn der Neuzeit wurde in einem aufwändigen Verfahren die Hyphenschicht des Pilzes eingeweicht, gekocht, geklopft, in Salpeterlösung oder Urin eingelegt und getrocknet. Dabei erhielt man eine rehbraune filzartige Masse, die durch auftreffende Funken sofort zu glimmen anfing. Die erforderlichen Funken wurden durch „pinken“ erzeugt, indem mit einem Feuerstahl auf einen Feuerstein geschlagen wurde. Dieser spezialbehandelte Zunder musste achtsam und trocken gehalten werden. Auch war es ratsam die drei Komponenten zur Feuerentfachung zusammen zu halten. In Nord- und Mitteldeutschland kam zu diesem Zweck die Zunderlade zum Einsatz. Das war in der Regel eine Holzlade mit zwei Fächern – die sogenannte „ Tunnerlah“. Der größere Teil der Lade war offen, er enthielt die Feuersteinstücke sowie ein etwa handgroßes Stück Stahl. Der kleinere Teil war mit einem Deckel verschlossen, um den darin enthaltenen Zunder trocken zu halten.

Square Pop-Up (250x250)

Mit dem Stahlstück „pinkte“ man aus dem Feuerstein Funken. Der Funkenflug war so gerichtet, dass er den Zunder traf, der auf einem Holzstück lag, und diesen zum Glimmen brachte. Durch fleißiges Pusten sowie der Zugabe von Holzspänen (Kienspäne) sowie kleinen Holzstücken, die an einem Ende mit Schwefel überzogen waren, wurde ein Feuer entfacht. Das wurde dann zur Herdstelle oder zum Ofen gebracht und durch vorsichtige Zugabe von weiterem Holz weiter entfacht.

Dies war die kostengünstigste Art Feuer zu machen, dennoch auch keine ganz unkomplizierte. Bei zügigem oder feuchtem Wetter benötigte es trotz entsprechender Erfahrungen sicherlich mehrerer Versuche – jedoch, wenn man damals eines hatte, dann war es Zeit.

Daher setzten Leute, die es sich leisten konnten, etwa ab Ende des Dreißigjährigen Krieges zum Feuermachen Steinschlossfeuerzeuge ein. Dafür gab es wohl sehr verschiedene Konstruktionen, die sich in der Regel jedoch an der Mechanik einer Steinschlosspistole orientierten. Daher wurden auch unbrauchbare Pistolen wohl zu Feuerzeugen umgebaut. Bei dieser mechanisierten Art Feuer zu entfachen, wurden die Feuersteinfunken statt auf das Schießpulver auf den Zunder geleitet.

Füertüg - Feuerzeug - zeitgenössische Darstellung
Füertüg – Feuerzeug – zeitgenössische Darstellung

Die zum Feuermachen mit Schwefel getränkten Holzstücke „Swebelsticke“, konnte man käuflich erwerben, zumeist aber wurden sie selbst hergestellt. Den Zunder hingegen kaufte man grundsätzlich bei den „Tunderkeerls“ ein. Die deutschen Wälder waren für diese Erwerbstätigkeit sehr ergiebig. Der Zunderschwamm Formes fomentarius, bzw. dessen Fruchtkörper, ist ein Schwächeparasit der Laubbäume und in unseren heimischen Wäldern nichts Seltenes. Für die Zundersammler war es ein Teilerwerb für die Sommer- und Herbstzeit – dann war der Zunder „reif“. Vorrangig mit einem Esel zogen die Männer dann in den Wald. Mit langen Holzstangen, an deren oberen Ende scharfe eiserne Schabeeisen angebracht waren, lösten die Zundersammler den Pilzfruchtkörper von den Bäumen. War eine Ladung zusammengetragen, so ging es nachhause damit. Dort wurden die Zunderschwämme gereinigt und für etwa 14 Tage in Pottaschenlauge (Kalisalzlauge) eingelegt. War der Zunder genügend ausgelaugt wurde er getrocknet. Während dieses Vorgangs wurde er regelmäßig mit Holzknüppeln bearbeitet, damit er schön weich wurde. Zum Schluss wurden die Zunderschwämme in schmale Streifen oder Scheiben geschnitten und man behandelte diese mit Salpeter, damit sie leichter entzündbar wurden.

Wir sehen also, auch um zum benötigten Feuer in Haus und Hof zu kommen, waren erhebliche Mühen erforderlich. Auch wird deutlich, wie wichtig die Natur für unsere Vorfahren war. Um den Zunder, besonders in kalten und nassen Zeiten des Jahres trocken zu halten, wurde er in der Regel in kleinen Säckchen direkt am Körper aufbewahrt. Heute wachsen die Zunderschwämme unbeachtet in unseren Wäldern, keiner braucht sie mehr. Mit der Erfindung des Streichholzes kam er aus der Mode; ihn wird’s freuen und auch die Menschen werden ihm nicht nachgetrauert haben.




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