Schlagwort-Archive: Währungsumstellung

Der Marshall-Plan – die ganze Wahrheit Teil 3

Währungsreform 1948, Umtauschstelle in Hamburg, Foto Bundesarchiv
Währungsreform 1948, Umtauschstelle in Hamburg, Foto Bundesarchiv

In den Jahren 1947/48 lief die landwirtschaftliche Produktion sowie die Produktion von Waren aller Art bereits wieder recht gut. Dennoch gab es in den Geschäften nicht mal das Notwendigste zu kaufen. Diese miserable Versorgungssituation hatte einen ganz simplen Grund: In den westlichen Besatzungszonen war noch immer die alte Reichsmark das Zahlungsmittel. Es war jedoch abzusehen, dass diese Währung nicht mehr lange Bestand hatte, zudem ließ sie die negativen Kriegsemotionen wieder aufflammen. Die Bauern und Produzenten hatten einfach Angst, dass die eingenommenen Reichsmark eines Tages ohne Wert sein würden und sie erneut vor dem Nichts stehen würden, zudem hatte die Reichsmark keine Reputation sowie auch keine volkswirtschaftliche Deckung mehr. Somit wurden Lebensmittel, Waren und Produkte zurückgehalten – Waren-Tauschgeschäft bestimmten den Alltag.
Die US-Amerikaner hatten diese Situation erkannt und arbeiteten zusammen mit den Briten und den Franzosen unter strengster Geheimhaltung an einer Währungsreform.
In der Währungskonklave vom 21. April bis 8. Juni 1948, einer geheimen und geschlossenen Versammlung von Wirtschaftsfachleuten und Politikern, wurde die Währungsreform und die Einführung der DM geregelt und beschlossen. Sie dauerte 49 Tage und fand im Haus Posen auf dem Gelände des damaligen Luftwaffenstützpunkts und späteren Fritz-Erler-Kaserne in Rothwesten statt.
Die Bezeichnung Deutsche Mark als neue Währung für die die westlichen Besatzungszonen war schon zuvor auf Vorschlag des amerikanischen Offiziers Edward A. Tenenbaum einstimmig angenommen worden. Tenenbaum, der einer polnisch-jüdischen Familie entstammte und 1942 in Yale über Nationalsozialismus und internationaler Kapitalismus promoviert hatte, war überdies einer der führenden theoretischen Köpfe und Vorbereiter der Währungsreform von 1948. Seine Bedeutung als „Vater der D-Mark“ ist in der deutschen Öffentlichkeit kaum bekannt und wurde erst relativ spät in den Geschichtswissenschaften gewürdigt.
In der streng geheimen Operation „Bird Dog“ wurden dann in den USA die DM-Banknoten gedruckt und per Schiff über Bremerhaven nach Deutschland transportiert. Diese erste Geldscheinserie umfasste etwa 6 Milliarden DM. Die Bevölkerung wurde über die bevorstehende Einführung erstmals am 18. Juni 1948 – drei Tage vor der Währungsreform – durch eine Rundfunkmeldung informiert. Die entsprechenden Gesetze traten am 20. Juni 1948 in Kraft.



Die Deutsche Mark wurde am Montag, dem 21. Juni 1948, also einen Tag später, in den Bundesländern der drei westlichen Besatzungszonen eingeführt. In den drei Westsektoren von Berlin erfolgte die Einführung der neuen Währung mit einer Verzögerung von drei Tagen am 24. Juni 1948. Dort wurde die DM jedoch erst ab 20. März 1949 alleiniges Zahlungsmittel. Für Grenzgänger zwischen Ost- und West-Berlin wurde eine Lohnausgleichskasse eingerichtet.
Vor der Einführung der DM gab es Ausgabestellen für Lebensmittelmarken. Diese berechtigten den Besitzer zum Bezug von bestimmten Lebensmitteln. Die neue Währung wurde in diesen Ausgabestellen ausgegeben. Das sogenannte „Kopfgeld“ – also die erste Ausreichung von DM – betrug pro Person 60 DM, davon 40 DM sofort und 20 DM zwei Monate später. Für Unternehmen gab es Sonderreglungen.
Die Währungsumstellung musste bis zum 26. Juni 1948 abgeschlossen sein. Bis zu diesem Termin mussten alle Reichsmark-Barvermögen bei einer der Hauptumtauschstellen angemeldet oder abgeliefert werden. Nachdem das zuständige Finanzamt eine Überprüfung vorgenommen und eine Genehmigung erteilt hatte, wurde das Gesamtgeld einer natürlichen Person über ein Reichsbank-Abwicklungskonto in DM umgestellt.
Zunächst wurde der „Geschäftsbetrag“ und das „Kopfgeld“ der Erstauszahlung vom Geldvermögen abgezogen.


Halfsize Traumb. V1

Bei allen natürlichen Personen wurde bei dieser Währungsreform zunächst der neunfache Kopfbetrag – also 9 x 60 Euro vom Gesamtaltgeld abgezogen. Der Rest wurde zu je 50 % auf ein Freigeldkonto und 50 % auf ein Festgeldkonto umgestellt. Kurze Zeit später wurde das Festgeldkonto aufgelöst, indem 70 % seines Betrages vernichtet, 20 % auf das Freigeldkonto und 10 % auf ein Anlagekonto übertragen wurden.
In absoluten Zahlen bedeutete dies, dass man für 100 Reichsmark 6.50 DM erhielt: Das Umstellungsverhältnis betrug somit 10:0,65. Bei Wirtschaftsunternehmen wurde vom Altgeld der zehnfache Geschäftsbetrag abgezogen und danach eine Umstellung analog der bei natürlichen Personen vorgenommen. Mit dieser rustikalen Geldumstellung sollte einer Inflation durch zu große Geldmengen vorgebeugt werden.
Die Not in den westlichen Besatzungszonen war vor der Währungsumstellung groß. Jedoch hatten die Bauern und allen Produzenten die richtige Intention. Sie mussten sich großteils für ihre Produktion verschulden und hätten bei dem Verkauf ihrer Produkte für RM wohl existenzbedrohende Verluste erlitten.
So jedoch geschah das Wunder der DM: Mit dem Tag der Einführung der Deutschen Mark waren alle Geschäfte und Verkaufseinrichtungen mit Waren gefüllt. Und so sollte es bis heute bleiben!
Die Währungsumstellung von der Reichsmark zur Deutschen Mark war praktischer der erste Schritt zum folgenden Marshal-Plan. Für die drei westlichen Besatzungszonen setzte ein wirtschaftlicher Aufbruch ein, der sicherlich seinesgleichen sucht.
Für die sowjetische Besatzungszone war diese Währungsumstellung jedoch eine mittlere Katastrophe, da die Reichsmark dort zunächst weiterhin gültiges Zahlungsmittel war. Für die Menschen in dieser Zone, wie wohl auch für die Sowjets kam diese Währungsumstellung anscheinend unerwartet und verursachte eine Inflation der Reichsmark, die die wirtschaftliche Situation weiter zuspitzte.
Es wurden Notmaßnahmen eingeleitet: Ab 23. Juli 1948 wurden Reichsmarknoten im Wert von maximal 70 Reichsmark umgetauscht. Dazu wurden von den sowjetischen Behörden einfach Wertmarken auf die Geldscheine ihrer Besitzer geklebt. Im Volksmund hießen die Geldscheine daher „Klebemark“ oder „Tapetenmark“. Kurz darauf wurde am 24. Juli in der Sowjetischen Besatzungszone eine neue Währung eingeführt, die ebenfalls „Deutsche Mark“ hieß. Diese blieb bis zum 31. Juli 1964 die Währung der DDR; ersetzt wurde sie durch die Mark der Deutschen Notenbank (MDN).
Demnächst mehr: