Ob Mann oder Frau, wer Haarausfall bemerkt, versucht wohl mit allerlei Wundermittel dagegen zu steuern. Es gibt unzählige Shampoos, Tinkturen, Mittelchen und auch Ernährungstipps – jedoch keines davon hat bisher seine uneingeschränkte Wirksamkeit nachweisen können. Und zudem sind viele dieser Mittel sehr teuer.
Nun gibt es ein neues Mittel, das von Forschern an der Universität Greifwald entwickelt wurde. Der Hygiene- und Umweltmediziner Prof. Dr.med. Axel Kramer hat die in der Natur omnipräsenten Thiocyanate als Wirkstoff für das Haarausfallproblem entdeckt. Thiocyanate sind Salze und Ester der unbeständigen Thiocyansäure und bestehen aus Schwefel-Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindungen.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde zielgerichtet am Einfluss von Thiocyanaten auf den Organismus geforscht. Im menschlichen Körper erzeugen vor allem Leberzellen Thiocyanate, die auch in den Nieren, im Gehirn sowie im Herzmuskel vorkommen. Auch können sie durch Lebensmittel, wie Kohl, dem Körper zugeführt werden.
Lange Zeit konnte man jedoch keine physiologische oder biochemische Wirkung von Thiocyanat nachweisen, es galt nur als Entgiftungsprodukt von Cyanid. Auf Grund seiner Omnipräsenz in allen Zellen und Körperflüssigkeiten von Menschen und Säugetieren wurden jedoch weitere Wirkungen und Einflüsse vermutet. Die weitere Erforschung dieser bioaktiven Substanz zeigte einige physiologische Wirkungen: Stimulierung der Wundheilung, Anregung der Spermienbildung, Haarbildung, Hormonbildung und einige mehr.
Prof. Dr. med. Axel Kramer erforscht seit dreißig Jahren Thiocynat. Dabei konnte er auch nachweisen, dass diese körpereigene Substanz Wirkstoffe gegen Neurodermitis und andere Hautreizungen aufweist. Dann entdeckte Kramer bei Tierversuchen die haarwuchsfördernde Wirkung des körpereigenen Moleküls. Thiocynat hat keinen eigenen Wirkmechanismus, so wie Arzneimittel, sondern es wirkt im Gegensatz zu diesen regulierend auf die verschiedensten körpereigenen Stoffwechsel- und Transportvorgänge. Thiocynat kann also sowohl aktivieren als auch dämmern oder bremsen.
Die haarwuchsfördernde Wirkung wurde, wie so viele Entdeckungen, zufällig gemacht. Der Professor wollte bei Mäusen mit dem Thiocynat die toxische Wirkung von Krebsmedikamenten untersuchen. Das Mittel bewirkte bei den Mäusen, die damit behandelt worden waren, das nicht nur der Haarausfall ausblieb, sondern auch noch zusätzlich neue Haare wuchsen.
Dennoch müssen gewisse Erwartungen gedämpft werden: Der Haarverlust sollte noch nicht zu weit fortgeschritten sein. Denn Haarwurzeln, die bereits abgestorben sind, kann der Wirkstoff – ebenso wie alle anderen Haarwachstumsmittel – leider auch nicht regenerieren.
Bisher gibt es zwar zwei Arzneistoffe, die gegen erblich bedingten Haarausfall – der am häufigsten auftritt – helfen, jedoch sind „Minoxidil“ und „Finasterid“ hormonelle Wirkstoffe mit entsprechenden Nebenwirkungen.
Die sind bei Thiocyn, so heißt das von Prof. Kramer entwickelte Serum, nicht zu befürchten. Laut Kramer waschen wir uns jenes Thiocynat, das natürlicherweise auf der Kopfhaut und in den Haaren vorkommt, ständig vom Kopf: „Das Molekül ist wasserlöslich. Und den Verlust kann unsere moderne Ernährung nicht ausgleichen.“ Da ist es ja nur logisch, den Wirkstoff einfach wieder von außen aufzufüllen.
Seit kurzer Zeit ist Thiocyn-Haarserum im Handel erhältlich. Die Meinungen zum Produkt sind in der Mehrzahl positiv, dennoch ist wohl, wie bei jedem neuen Produkt, auch noch Luft nach oben. Und Shampoos, egal ob mit Koffein, Keratin oder Kieselerde, bringen nachweislich gar nichts. All das spricht für das neue Thiocyn. Vor allem junge Männer stellen Verbesserungen bei sich fest, was auch daran liegt, dass Thiocyn nur dann funktioniert, wenn noch Haare da sind. Auf einer Platte kann auch dieses Serum keine volle Haarpracht mehr zaubern.
Um überhaupt Effekte – welche auch immer – feststellen zu können, muss man Thiocyn laut dem Hersteller mindestens drei Monate regelmäßig anwenden. Beim Preis von 25 Euro je 150-Milliliter-Flasche nicht unbedingt ein günstiges Vergnügen, aber wenn es etwas bewirkt! Kein Wundermittel also, aber ein solches würde sicherlich auch ein Vielfaches kosten.