Alle Welt kennt die Nobel-Preise, alle Welt kennt den Schweden Alfred Nobel, alle Welt spricht ihm die Erfindung des Dynamits zu. Letzteres ist jedoch eine Fehleinschätzung und trifft so nicht zu, jedenfalls, wenn man das heutige Patentrecht zugrunde legt.
Der Sprengstoff, den wir als Dynamit bezeichnen, besteht im Wesentlichen aus Nitroglycerin und aus Kieselgur als Trägermaterial. Im Jahr 1847 erfand der italienische Chemiker Ascanio Sobrero das Nitroglycerin. Dieser Salpetersäuretriester ist eine farblose, geruchlose und schlecht wasserlösliche Flüssigkeit, die stark stoß- und erschütterungsempfindlich ist. Die umgangssprachlich auch als „Sprengöl“ bezeichnete Stickstoff-Sauerstoff-Verbindung, explodiert bereits bei einem Fallhammerversuch mit einem 2-kg-Fallhammer aus einem Zentimeter Höhe. Die Flüssigkeit wird dabei in extrem kurzer Zeit vollständig in gasförmige Produkte umgewandelt, was zu einer massiven Volumenausdehnung führt, die wir als Explosion bezeichnen.
Bereits in den 1860er Jahren wurde umfangreich mit diesem neuen Wundersprengstoff experimentiert, so auch in den Harzer Bergwerken. Nitroglycerin steigerte zwar die Wirtschaftlichkeit der Gruben, brachte jedoch auch erhebliche Risiken mit sich. Schon allein sein Transport war stark risikobehaftet, seine Anwendung in den Gruben nicht weniger. Zahlreiche Unfälle in den Harzer Bergwerken, mit dramatischen Folgen, verlangten nach technischen und technologischen Veränderungen. Bergrat Friedrich Schell, nahm diese Unfälle sehr ernst und führte eine für die damalige Zeit unübliche Unfallstatistik. Deren Ergebnisse veranlassten den Beamten, sich dieses Problems anzunehmen. Friedrich Schells Intension war, das gefährliche Sprengöl zu binden, damit es kontrollierter gehandhabt werden konnte. Und er meisterte sein Vorhaben mit Bravour! Schell nahm Pochsand (stark zerstoßenes Erzgestein), füllte ihn in wachsgetränkte Papphülsen und tränkte diese Patrone mit Nitroglycerin. Die schnelle Neigung zur Explosion wurde dadurch erheblich dezimiert und Bergrat Schell konnte sich als Erfinder der Sprengpatrone ansehen, was er aber wohl nicht tat.
Ebenfalls zu jener Zeit experimentierte der aus wohlhabendem Hause stammende schwedische Physiker und Chemiker Alfred Nobel mit dem Sprengstoff Nitroglycerin. Seine Bestrebungen und Versuche waren jedoch wenig erfolgreich, im Gegenteil, sie forderten mehrere Menschenleben, unter anderem auch das seines Bruders Emil. Nobel hatte wohl keine besondere technische Ader, seine Begabungen lagen eher im naturwissenschaftlichen und kaufmännischen Bereich. Die Schwedische Regierung verbot ihm den Weiterbetrieb seiner Laboratorien in Stockholm so dass Nobel im Jahre 1865 sein Labor und seine Fabriken an den Vinterviken am Mälaren im Westen Stockholms verlegte. Eine ähnliche Anlage baute er in Deutschland bei Krümmel (Schleswig-Holstein), nahe Hamburg. Noch im gleichen Jahr gelang ihm die Massenproduktion von Nitroglycerin, bei der es jedoch ebenfalls zu einer Reihe schwerer Unfälle kam.
Wohl um von neuen Ideen inspiriert zu werden unternahm Alfred Nobel Reisen durch Deutschland, wobei er auch den Harz besuchte. Es kann angenommen werden, dass er vom Einsatz des Nitroglycerins im dortigen Bergbau erfahren hatte. Dort traf er auch mit Bergrat Friedrich Schell zusammen und lernte dessen Verfahren kennen. Wie es in den Quellen heißt, soll er davon sehr angetan gewesen sein. Nobel tauschte dann den Pochsand gegen Kieselgur aus, dass bezüglich seiner Grobporigkeit noch besser geeignet war, den flüssigen Sprengstoff aufzusaugen. Über das Zustandekommen dieser Idee gibt es keine verlässlichen Informationen, sondern nur Mythen. Wie dem auch sei, Nobel hatte die Vorzüge dieser breiigen Masse erkannt und nannte es Dynamit. Dann meldete er diesen Sprengstoff weltweit zum Patent an. Den Ideengeber Friedrich Schell bedachte er dabei jedoch nicht.
Alfred Nobel wurde mit der Erfindung des Dynamits, die nicht die seine war, weltbekannt und auch für damalige Verhältnisse sehr reich. Mit seinem Dynamit, sowie der gleichfalls von ihm stammenden Sprenggelatine, revolutionierte er die gesamte Schusstechnik, von der Pistole bis zur Kanone. Bergrat Friedrich Schell aus Clausthal hingegen, dem der Lorbeerkranz gebührt hätte, ist in Vergessenheit geraten.
Nobel, der kinderlos blieb, tat dennoch mit seinem erworbenen Vermögen noch viel Gutes. Am Ende seines Lebens veranlasste er, dieses in eine Stiftung einzubringen. 94 % seines Vermögens in Höhe von 31,2 Millionen Kronen führte er ein Jahr vor seinem Tod der Nobelpreis-Stiftung zu.
Nobel bestimmte, dass die Zinsen aus dem Fonds jährlich als Preis an diejenigen ausgeteilt werden sollen, „die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben“, und zwar zu gleichen Teilen an Preisträger auf fünf Gebieten: Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und Frieden („ein Teil an denjenigen, der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt hat“). Nobel hob besonders hervor, dass die Nationalität keine Rolle spielen dürfe, vielmehr solle der Würdigste den Preis erhalten. Er regelte auch, dass die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er war, die Auszeichnungen für Physik und Chemie, das Karolinska-Institut die Auszeichnung für Physiologie oder Medizin und die Schwedische Akademie den Nobelpreis für Literatur vergeben sollten. Während es sich bei den genannten um wissenschaftliche Institutionen handelt, ist für die Vergabe des Friedensnobelpreises das Norwegische Nobelpreiskomitee zuständig, eine vom norwegischen Parlament bestimmte Kommission.
Die Nobelpreise, die seit 1901 jährlich verliehen werden, gelten heute in den jeweiligen Kategorien als die höchsten Auszeichnungen weltweit. Seit 1968 gibt es außerdem den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften (Wirtschaftsnobelpreis), den die Schwedische Reichsbank zu ihrem 300-jährigen Bestandsjubiläum gestiftet hat. Er wird gemeinsam mit den Nobelpreisen vergeben, ist gleich dotiert und unterliegt ähnlichen Vergabekriterien.