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Die Menschheitsgeschichte muss wohl neu geschrieben werden

Die bisherige Hypothese der Menschheitsgeschichte gerät im Jahr 2017 mächtig ins Wanken. Beteiligt an dieser anthropologischen Sensation sind vor allem deutsche Wissenschaftler. Jedoch kaum jemand hat davon Kenntnis. Wie so oft hält man wohl erstmal weiter an der alten Theorie fest.
Die Schimpansen gelten als die nächsten Verwandten des Menschen. Wann und wo sich die Evolutionslinien trennten, ist bis heute nur ansatzweise geklärt.
Bisher galt die sogenannte „Out-of-Africa-Hypothese: Ihr zufolge begann die Spaltung vor etwa fünf bis 7 Millionen Jahren im östlichen Afrika, südlich der Sahara. Die These beruht auf den ältesten bekannten Funden der Gattung Homo.
In Griechenland wurde zunächst ein Unterkiefer und viel später in Bulgarien ein Backenzahn gefunden. Nichts Besonderes, könnte man denken. Zumal der Unterkiefer bereits im Jahr 1944 nahe Athen entdeckt worden war. An der Fundstelle Pyrgos Vassilissis sollte ein Bunker für die Wehrmacht erbaut werden. Bei den entsprechenden Ausschachtungsarbeiten entdeckte Bruno von Freyberg den teilweise bezahnten Unterkiefer, gemeinsam mit weiteren Fossilien. Freyberg sicherte den Fund zusammen mit den Sedimenten in denen er eingeschlossen war. 1951 interpretierte er den Fund als Überrest des frühem Meerkatzenverwandten Mesopithecus.
21 Jahre später erkannte dann Gustav von Koenigswald, ein deutsch-niederländischer Paläoanthropologe, dass es sich bei diesem Unterkiefer um ein Fossil eines frühen Menschenaffen handelt, den er zugleich nach seinem Entdecker Freyberg, als neue Art Graecopithecus freybergi auswies.
Und erneut verschwand der Unterkiefer im Archiv. Im Jahr 2012 wurde dann in in einem der bulgarischen Grabungsorte in der Gemarkung Asmaka bei Tschirpan ein oberer Backenzahn entdeckt, dessen Alter zunächst nur anhand von Begleitfunden auf rund 7 Millionen Jahre datiert wurde.
Im Jahr 2017 nahm sich eine Forschergruppe um Madelaine Böhme der Datierung an. Grund war die Ähnlichkeit des in Bulgarien gefundenen Zahnes mit denen des griechischen Unterkiefers. Das Tübinger Senckenberg Centre for Human Evolution and Paleonvironment untersuchte diese beiden Hominiden-Funde. Zu den Hominiden gehört der Mensch, samt seiner ausgestorbenen Verwandten und die Menschenaffen.

Abstammungsdiagramm Hominini (Wikipedia)

Bei der Abstammungslinie der Menschenaffen liegen die Zahnwurzeln in der Regel getrennt, bei den Hominini hingegen sind sie eher verschmolzen. Die Zahnwurzeln der beiden Funde waren verschmolzen. Aus dieser Erkenntnis leiteten die Forscher ab, dass die Vormenschen auch auf dem Balkan gelebt haben. Die Altersbestimmung ergab für den Unterkiefer 7,175 Millionen Jahre und für den Backenzahn sogar 7,24 Millionen Jahre. Somit stammen die bisher ältesten Funden menschlicher Vorfahren vom Balkan, was die Frage nach der Entstehung der menschlichen Art in ein vollkommen neues Licht stellt.
Zudem lassen die Sedimente, in denen die Funde gemacht wurden, den Schluss zu, dass vor gut 7 Millionen Jahren auf dem Balkan eine ausgeprägte Savannenlandschaft vorherrschte, in der die Vorfahren heutiger Giraffen, Gazellen, Antilopen und Nashörner lebten. Auch ihre Fossilien wurden dort gefunden, wo einst Graecopithecus freybergi lebte.
Mit diesen Erkenntnissen verliert die Theorie „Out of Africa“ zunächst ihre Relevanz.
Diesem anthropologischen Paukenschlag folgt fast zeitgleich ein weiterer. Die derzeitige Lehrmeinung besagt, dass der moderne Mensch Homo sapiens etwa 200.000 Jahre alt ist. Es gilt als wissenschaftlicher Konsens, dass die Wiege der Menschheit in Ostafrika, in Oma Kibish im heutigen Äthiopien liegt.
Im Südwesten Marokkos, in einem Gesteinsmassiv etwa hundert Kilometer von Marrakesch entfernt, liegen die eingestürzten Höhlen von Jebel Irhoud. Dort befanden sich einstmals Schwermetallminen. Anfang der 1960er Jahre fanden Arbeiter im Schutt einen fast vollständig erhaltenen Schädel. Mit diesem Fund, Irhoud-1, begannen die Untersuchungen dieser Gegend. Zunächst wurden die gefundenen Fossilien auf 160.000 Jahre datiert. Eine genauere zeitliche Einordnung war damals nicht möglich, da keine DNA gefunden wurde.




Im Jahr 2004 entdeckte der Franzose Hublin bei Ausgrabungen in Jebel weitere Skeletreste von mindestens fünf Individuen. Hublin bat das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig (EVA) um wissenschaftliche Unterstützung. Das Leipziger EVA ist das größte Institut für Anthropologie der Welt. Die Leipziger Wissenschaftler nahmen sich mit verschiedenen modernen Methoden der Altersbestimmung der Funde, sowie der Vervollständigung der Skelette, an.
Nach über zehnjähriger Forschungsarbeit wurden nun die Ergebnisse vorgestellt: Für die Skelett-Reste aus Marokko, sowie für die aufgefundenen Werkzeuge, wurden ein Alter von 300.000 Jahren ermittelt. Zur Altersermittlung wurden verschiedene neue Methoden angewandt: Thermolumineszenzmethode, Radioaktivitätsmessungen der Knochen, Computertomographie, 3-D-Druck und Computeranimationen zur Vervollständigung der Skelettreste usw.

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Die Skelettfunde aus Marokko sind die ältesten des Homo Sapiens. Nicht nur, dass diese etwa 100.000 Jahre älter sind als alle bisherigen und damit auch die Stammbaum-Entwicklungstheorie mächtig ins Wanken bringen, diese Funde sagen viel mehr aus. Unsere damaligen ersten Vorfahren waren hoch aufgeschossene Gestalten, von mehr als 1,80 m Körpergröße. Zudem waren sie gut ernährt; erst die späteren Menschen wurden, wohl wegen Mangelernährung nur noch 1,60 bis 1,70 m groß.
Dass es sich bei diesen Menschen um die Gattung Homo sapiens handelt und nicht um einen Neandertaler ist, an Hand der Schädelform, selbst für nicht Fachleute deutlich erkennbar.
Diese beiden neuen Erkenntnisse werden wohl Anlass geben, den Stammbaum des Menschen umzuschreiben und somit auch die Lehrbücher.