Die Holzvergasertechnologie, die bereits im Jahr 1839 durch den Dürrenberger Naturwissenschaftler Carl Bischof (1812-1884) erfunden wurde, zählt zu den ältesten Energiegewinnungstechnologien der Industriegeschichte. Einst hat sie die Metallurgie- und Hüttentechnologie zu neuen Höhen geführt, dann war sie Betriebsgaslieferant für Kraftfahrzeuge.
Bischof studierte an der Berliner TU Chemie, Physik und Geologie und arbeitete dann auf den Hüttenwerken des Grafen von Einsiedel zu Lauchhammer. Bereits während seines Studium baute Bischof einen Dampfwagen, der auf Straßen und Wegen fahren konnte und als erster seiner Art in Deutschland angesehen wird. 1839 erfand er die Gasentwicklungsöfen, die in der Metallurgie- und Hüttenindustrie zu einer grundlegenden Umgestaltung der Feuerungsanlagen führten. Durch diese und weitere Erfindungen war Bischof zu Bekanntheit gelangt, was Herzogs Alexander Carl von Anhalt-Bernburg 1844 veranlasste, ihn als Hüttenmeister an die Eisenhütte Mägdesprung bei Harzgerode berufen und ihn später zum Bergrat zu ernennen. Bischof gehörte zudem zu den Pionieren des Gussstahls, denn erst die Einführung der Gasofentechnik führte zur Entwicklung der Gussstahltechnologie und diese kann zu einer der Schlüsseltechnologien der Industriellen Revolution gerechnet werden. 1856 war Bischof Gründungsmitglied des Vereines Deutscher Ingenieure, was wohl dafür ausschlaggebend war, dass die Gründungsveranstaltung in Alexisbad stattfand.
Nach dem 1. Weltkrieg breiteten sich die Anwendungsgebiete der Holzgastechnologie rasant aus. Die europäischen Länder hatten ihre Abhängigkeit vom Erdöl erkannt. Man höre und staune, diese Erkenntnis ist fast einhundert Jahre alt! Das Problem erkannte der Lothringer Chemiker Georges Imbert und entwickelte einen Holzgasgenerator, der in Kraftfahrzeuge eingebaut werden konnte. Ein für die damalige Zeit hochkomplexes Unterfangen, denn bei der Vergasung von Holz finden zahlreiche chemische Reaktionen gleichzeitig statt, die alle gesteuert werden müssen. Zudem ist Holz nicht gleich Holz: Unterschiedliche Holzarten, deren Feuchtegehalt und viele andere Aspekte spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Georges Imbert hatte ein nahezu perfektes Gerät konstruiert und gebaut, das alle ablaufenden chemischen Prozesse beherrschte. Seine besondere Leistung ist wohl darin zu sehen, dass sein Holzgasgenerator kein Spezialgerät war, – beispielsweise für abgelagertes Buchenholz – sondern ein für diesen Energieträger universell einsetzbares Gerät. Unproblematisch war seine Erfindung aber dennoch nicht. Bereits damals war die gesamte Motorentechnik auf Flüssigtreibstoff eingestellt. Auch hatte Holzgas einen erheblich geringeren Brennwert als andere gängige Brenngase, so dass zudem eine Erhöhung der Motorverdichtung erforderlich wurde. Die Motoren- und Automobilhersteller mussten sich jedoch der veränderten Situation anpassen, denn Imberts Holzgasgenerator verkaufte sich recht gut. Schnell schwappte die Holzgaseuphorie auch nach Deutschland über. Was kein Wunder war, denn die Treibstoffkosten gingen nach der Umrüstung gegen Null. Dennoch Beliebtheit sieht anders aus: Man baute gerade schnittige, elegante Autos. Wie sollte sich das vereinbaren mit einer „Mülltonne im Kofferraum und einem Festmeter Holz auf dem Wagendach? Hinzu kam die Mühseligkeit der Inbetriebnahme des Generators und des Anlassens des Motors. Zudem bekam Imbert in Frankreich zunehmend Probleme mit den gesetzlichen Regelungen für den Betrieb seiner Erfindung – die Öllobbyisten kamen langsam aus ihren Löchern.
Dann jedoch sollte alles ganz anders kommen! Schon mit Kriegsbeginn erkannten die deutschen Nationalsozialisten, dass für sie allein mit Erdölderivaten kein Krieg zu führen war. Der Kraftstoff wurde schon bald rar und als „kriegswichtig“ eingestuft. So begann sich der Holzgasgenerator schnell durch zu setzen, zuerst im privaten, dann im wirtschaftlichen Bereich, letztlich auch im Militärischen. Da der Imbert-Generator allen anderen Holzgasgeneratoren technisch weit überlegen war, wurde er massenhaft produziert und verbaut. Dabei blieb so gut wie kein Fahrzeug, dass von eine m Motor angetrieben wurde, vor seinem Einsatz verschont: PKW, LKW, Motorräder, Panzer, Schiffe, ja sogar Lokomotiven und Flugzeuge gab es mit Gasgeneratoren. Im Jahr 1941 sollen in Deutschland über zehntausend Arbeitskräfte mit der Herstellung und dem Verbau von Holzgasgeneratoren beschäftigt gewesen sein.
Jedoch auch der Holzgasgenerator konnte den deutschen Sieg nicht retten. Nach dem Krieg war der Holzgasgenerator in beiden Teilen Deutschlands noch lange im Einsatz: In der Bundesrepublik bis in den fünfziger Jahren, in der DDR sogar bis in den Sechzigern. Es waren immer noch Generatoren nach dem Imbert-Prinzip, die da ihren Dienst taten. Diese Generatoren waren mit einem sogenannten Rütteldorn in der Feuerung ausgestattet. Wenn nicht mehr genug Gas erzeugt wurde, musste kurz angehalten und einmal durchgerüttelt werden, damit wieder genug Sauerstoff für die chemischen Prozesse zur Verfügung stand. Dieser Rütteldorn war der Aufhänger für einen weithin bekannten Fluch: „Oh Imbert mit dem Rütteldorn, dich schuf der Herr in seinem Zorn.“
Dann aber war die Zeit der Holzgasgeneratoren abgelaufen, sie wurden zur Technikgeschichte. Ob endgültig, das ist eine Frage der Sichtweise und besonders des politischen Willens. Das Prinzip aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz, der fast überall verfügbar ist, Energie zu erzeugen, hat seine Bedeutung nicht verloren – Pelletheizungen und auch Holzgasheizungen sind nicht nur ein Trend, sie sind im Kommen. Wenn der Wille da ist, so kann diese Technologie auch für Fahrzeuge wieder interessant werden. Moderne Fertigungstechnologien, der Einsatz computergesteuerter Mess- und Regelungstechnik könnten zu einem modernen Generator führen, der per Knopfdruck zu betätigen wäre. Anstatt Brennholz könnten Pellets genutzt werden, die einen Tank füllen und automatisch dem Vergasungsprozess zugeführt werden. Zudem wäre es wohl auch kein unlösbares Problem, die erforderlichen Umweltnormen einzuhalten. Entsprechende Testmobile laufen in den USA und auch in einigen europäischen Ländern. Bleibt nur noch die Frage nach der Öl-Lobby und dem politischen Willen, die zu erwartenden Steuerausfälle anderweitig zu kompensieren.