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In der Wissenschaft wird fleißig gearbeitet und geforscht, jedoch braucht es ab und an auch einen klugen Gedanken. Denn wenn alle Berechnungen versagen ist dies nicht Zufall, sondern Unwissen.

Bernd Sternal

Beutekunst der Nationalsozialisten Teil 1

Genter Altarbild
Genter Altarbild

Alle Einzelheiten über den Kunstraub der Nationalsozialisten weiß man bis heute nicht. Es gibt nur Schätzungen. Die Anzahl der beschlagnahmten und geraubten Kunstwerke auf wird auf etwa 600.000 Kunstwerke geschätzt: 200.000 innerhalb Deutschlands, 100.000 in Westeuropa und 300.000 in Osteuropa. Für Kunstwerke aus jüdischem Besitz galt vor Kriegsbeginn die Regelung, dass sie nur noch bis zu einem Preis von 1 000 Mark frei verkauft werden durften.
Für die erbeuteten Kunstgegenstände hatte Adolf Hitler die Vision in Linz ein Führermuseum zu errichten, in dem die bedeutendsten von ihnen ausgestellt werden sollten. Die übrigen Kunstgegenstände sollten in Deutschland auf exponierte Museen und Ausstellungen verteilt werden und die „entartet Kunst“ sollte einfach aus dem öffentlichen Bereich verschwinden. Hitler erließ dazu einen „Sonderauftrag Linz“ dessen Leiter zunächst der langjährige Direktor der Dresdner Gemäldegalerie, Hans Posse, wurde. Nach dessen Tod 1942 übernahm der Kunstexperte Hermann Voss diese Sonderaufgabe.
Ursprünglich sollte der Führerbau in München als Depot für die Kunstwerke dienen. Dahinter stand die Absicht, Hitler eine bequeme Besichtigung, Auswahl und Kontrolle zu ermöglichen. Angesichts der schnell wachsenden Bestandszahlen mussten jedoch ab 1940 zusätzliche Depots eingerichtet werden, und zwar vornehmlich im Gau Oberdonau, der als der „Luftschutzkeller des Deutschen Reiches“ galt. Man fand sie in den von den Nationalsozialisten enteigneten Stiften Kremsmünster und Hohenfurth/Vyšší Brod.
Jedoch kam das Führermuseum in Linz nie über den Planungsstatus hinaus. Lange Zeit rankten sich zahlreiche Sagen und Mythen um dieses Hitler-Projekt. Es hieß unter anderem, es sollte das größte Museum der Welt in Linz entstehen. Größer als der Louvre, die Uffizien und die Nationalgalerie in Washington zusammen, so stellte man sich das Führermuseum vor.
Dann fand die Wiener Kunsthistorikerin Birgit Schwarz um das Jahr 2000 herum in der Berliner Oberfinanzdirektion Fotoalben und Unterlagen zum Projekt Linz. Durch diesen Fund konnte Schwarz belegen: Hitlers Gemäldegalerie sollte eine große Abteilung zur europäischen Altmeisterkunst bis zum 18. Jahrhundert beherbergen und eine Abteilung deutscher und österreichischer Malerei des 19. Jahrhunderts. Neuzeitliche und moderne Kunst sollten nie in Linz präsentiert werden. Der Mythos von der Riesengalerie in Linz resultierte wohl ausschließlich auf der Masse der Funde an Kunstgegenständen nach dem Krieg.

Bruegger Madonna Altaussee
Bruegger Madonna Altaussee

Als die Bombardierungen in Deutschland zunahmen und von Westen und Osten sich die Kriegsgegner näherten, wurden zahlreich Depots aufgelöst um die Kunstwerke in Sicherheit zu bringen. Man suchte nach neuen Depots, die gut versteckt und zudem Bombensicher waren. Als neues Zentraldepot, wurde Ende 1943 das Salzbergwerk Altaussee in Österreich hergerichtet. Jedoch konnte dieses gewaltige Raubkunst-Depot nur mit Glück und sehr viel Mut und Engagement einiger Männer gerettete werden. Im April 1945 hatte der damalige Gauleiter Im Reichsgau Oberdonau, August Eigruber, eigenmächtig den Entschluss gefasst, die Kulturgüter im Salzbergwerk zu vernichten: Sie sollten keinesfalls in die Hände der Kriegsgegner fallen. Zu diesem Zweck ließ Eigruber acht 500 kg-Fliegerbomben in das Salzbergwerk transportieren, um mit diesen das Stollensystem zu sprengen. Die Bergwerksleitung unter Generaldirektor Emmerich Pöchmüller konnte jedoch, unter tatkräftiger Mitwirkung der Bergmänner, die Bomben am 3./4. Mai wieder aus dem Bergwerk entfernen und so die Zerstörung verhindern. Um erneute Zerstörungsversuche zu verhindern wurden zudem die maßgeblichen Stolleneingänge zu gesprengt. Nur 4. Tage später wurde Altaussee von den Amerikanern besetzt und die Kunstschätze konnten gesichert und geborgen werden.
Ein großer Teil dieses Bestandes gilt als NS-Raubkunst. Nachweislich stammen 567 Werke aus beschlagnahmtem jüdischen Eigentum aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Tschechien, Polen und Russland. Weitere etwa 1.000 Gemälde stammen aus Zwangsverkäufen oder wurden von NS-Dienststellen eingeliefert. Etwa 3.200 Objekte wurden über den Kunsthandel oder über Privatkäufe erworben, auch diese stammen zu einem unbekannten Teil aus Sammlungen, die unrechtmäßig entzogen oder als sogenanntes „Fluchtgut“ unter Zwang verkauft werden mussten. Die Forschungen über die Herkunft der einzelnen Werke dauert bis heute an, sie wird seit August 2008 über eine online gestellte Datenbank des Deutschen Historischen Museums unterstützt.
Doch es gab noch zahlreiche andere Kunstdepots und viele Kunstschätze gelten bis heute als verschollen. Ob diese vermissten Kunstgegenstände vor Kriegsende in Privatsammlungen verkauft wurden, ob sie noch heute in versteckten Lagern deponiert sind oder durch die Kriegseinwirkungen zerstört wurden ist häufig unklar.
Wie undurchsichtig, unklar und rechtlich strittig sich die Situation im Bereich Beutekunst darstellt, lässt sich gut am Bespiel des sogenannten „Schwabinger Kunstfundes“ von 2013 erläutern. Damals wurde eine umfangreiche Sammlung des Kunsthistorikers Cornelius Gurlitt (1932-2014) in München-Schwabing durch die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Die Augsburger Staatsanwaltschaft begründete ihre Beschlagnahme sowie das Ermittlungsverfahren mit dem Verdacht, dass es sich bei der Sammlung um NS-Raubkunst handelt. Insgesamt wurden bei Gurlitt in München sowie in Österreich über 1.500 Kunstwerke sichergestellt und beschlagnahmt. Die Sammlung, die Gurlitt von seinem Vater, dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt geerbt hatte, bestand aus Werken verschiedener Epochen, jedoch schwerpunktmäßig aus Gemälden, Gouachen, Zeichnungen und Druckgrafiken der Klassischen Moderne und des 20. Jahrhunderts, unter anderen von Max Beckmann, Marc Chagall, Otto Dix, Ernst Ludwig Kirchner, Oskar Kokoschka, Max Liebermann, August Macke, Franz Marc, Henri Matisse, Emil Nolde, Pablo Picasso und Karl Schmidt-Rottluff. Doch auch Werke aus dem 19. Jahrhundert bis hin zu Arbeiten aus dem 16. Jahrhundert wurden gefunden, so zum Beispiel von Canaletto, Gustave Courbet, Pierre-Auguste Renoir, Carl Spitzweg und Henri de Toulouse-Lautrec.
Die Sammlung wurde von Hildebrand Gurlitt in der Zeit des Nationalsozialismus zusammengetragen. Als einer von wenigen ausgewählten Kunsthändlern war er von den Nationalsozialisten damit beauftragt entartete Kunst ins Ausland zu verkaufen. Doch, wie es den Anschein hat, wurden von Gurlitt viele Werke nicht weiterverkauft – wie vorgeschrieben – sondern verblieben in seinem persönlichen Besitz. Zudem war Gurlitt nach Beginn des Zweiten Weltkriegs als einer der Haupteinkäufer für das Hitlermuseum in Linz am nationalsozialistischen Kunstraub vorwiegend in Frankreich beteiligt.
1945 wurde Gurlitt von US-Soldaten beim Transport von Kunstwerken aufgegriffen und unter Hausarrest gestellt. Nach Gurlitts beeidigter Aussage hatte er auf dem Lastwagen Kisten mit Kunstwerken aus seinem Besitz transportiert, die er zuvor an verschiedenen Orten in Sachsen deponiert hatte.Die Kisten wurden von der Spezialeinheit Monuments, Fine Arts, and Archives Section beschlagnahmt, zunächst nach Bamberg gebracht und dann im Wiesbaden Central Collecting Point verwahrt. Gurlitt kämpfte um die Herausgabe und hatte 1950 Erfolg. Im Entnazifizierungsverfahren sowie bei entsprechenden Befragungen konnte Gurlitt keine Beteiligung am Kunstraub nachgewiesen werden. Da Gurlitt weder einer NS-Organisation angehörte und zudem jüdischer Herkunft war, wurde sein Verfahren schnell zu seinen Gunsten abgeschlossen.
Die Beschlagnahme der Sammlung Gurlitt wird von zahlreichen Juristen stark kritisiert, da das gesamte Vorgehen der Augsburger Staatsanwaltschaft als rechtswidrig eingestuft wird.
Der Rechtshistoriker Uwe Wesel erklärte am 1. Dezember 2013 im Deutschlandfunk, Gurlitt sei der rechtmäßige Besitzer aller bei ihm beschlagnahmten Werke. Es gebe heute keine Möglichkeit mehr, den ursprünglichen Eigentümern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die Alliierten gesetzlich geregelt, dass Rückerstattungsansprüche an die ursprünglichen Eigentümer ausgeschlossen seien (MilRegG Nr. 59). Es sei leider so, dass Juristen von heute diese alliierten Gesetze oft nicht mehr kennen würden. Die Staatsanwaltschaft Augsburg habe deshalb wahrscheinlich aus Unkenntnis schwere rechtliche Fehler begangen und sich der Amtspflichtverletzung schuldig gemacht. Die Beschlagnahme und die Veröffentlichung der Bilder in der Lost-Art-Datenbank seien nicht rechtmäßig.




Cornelius Gurlitt verstarb 2014 und hat testamentarisch seine gesamte Sammlung dem Kunstmuseum Bern vermacht. Über den Wert der Sammlung gegen die Schätzungen weit auseinander: Sie bewegen sich etwa zwischen 50 Millionen und 1 Milliarde Euro. Die Sammlung Gurlitt steht jedoch bis heute unter Verwaltung der Staatsanwaltschaft da sich immer neue rechtliche Probleme auftun und auch die Familie Gurlitt gegen das Testament klagt.
Die Amerikaner und auch die Sowjets hatten bereits vor Kriegsende 1945 Spezialeinheiten gegründet, deren Aufgabe es war, diese versteckten Kunstgüter aufzuspüren, zu sichern und an ihre ursprünglichen Eigentümer zurückzugeben. Die US-Armee gründete dazu eine Abteilung aus Spezialisten, die sich Monuments, Fine Arts und Archives Section (MFA & A) nannte. Die dort tätigen Kunstschutzoffiziere wurden als Monuments Men bezeichnet. Zu dieser Thematik hat George Clooney 2014 den Film Monuments-Men produziert.
Die sowjetischen, wie auch die US-amerikanischen Spezialabteilungen wussten genau was von den Nationalsozialisten geraubt worden war, sie mussten es nur finden.
So wurde auch nach dem legendären Bernsteinzimmer gesucht, das Preußenkönig Friedrich I. anfertigen und ins Berliner Stadtschloss einbauen ließ. 1716 schenkte er dieses einmalige Kunstobjekt dem russischen Zaren, der es in den Katharinenpalast bei St. Petersburg einbauen ließ. Nachdem das Bernsteinzimmer 1941 als Kriegsbeute durch die deutschen Besatzer geraubt und ab 1942 im Königsberger Schloss ausgestellt wurde, ist es seit der ebenfalls kriegsbedingten Evakuierung des Schlosses von 1945 verschollen. Bis heute wird das Bernsteinzimmer gesucht. Alle paar Jahre kommen dazu neue Vermutungen und Theorien auf, die bisher jedoch alle im Sande verlaufen sind. Allein in der ehemaligen DDR gab es zur Suche nach dem Bernsteinzimmer eine Operation „Puschkin“, die direkt Stasi- Chef Milke unterstellt war: 130 mögliche Verbringungsorte wurden recherchiert, an 30 Orten wurden Grabungen ausgeführt. Der Entdeckung des Bernsteinzimmers kam man dennoch keinen Schritt näher.
Mehr zur NS-Beutekunst demnächst:

Große Entdecker und Erfinder – Franz Carl Achard, der Erfinder der Zuckerraffination

Zucker ist ein Lebensmittel, das heute allgegenwärtig ist und von dem jede Person in Deutschland um die 30 kg pro Jahr verbraucht. Es ist ein süß schmeckendes, kristallines Granulat, das aus Pflanzen gewonnen wird und hauptsächlich aus Saccharose besteht.
Doch Zucker stand nicht immer in unbegrenzter Menge und zudem preisgünstig zur Verfügung. Die Wissenschaft geht davon aus, das Zucker bereits vor 10.000 Jahren bekannt war, wie archäologische Funde untermauern. Über die Jahrtausende hinweg war Zucker ein Luxusgut und Arzneimittel. In der Antike war Zucker im Römischen Reich, in Persien und Indien bekannt.
Für die Zeit um 600 n. Chr. ist nachgewiesen, das in Persien in Holz- oder Tonkegel gefüllter Zuckerrohrsaft mit speziellen Klärmitteln behandelt wurde. In der Kegelspitze kristallisierte so Zucker aus, ein teures und rares Gut. Die Zuckerknappheit sollte noch weitere tausend Jahre andauern. Einzig Rohrzucker wurde im Mittelalter und der frühen Neuzeit importiert, war jedoch nur den Reichen und Wohlhabenden vorbehalten. Das Volk süßte weiterhin mit Honig.
Der deutsche Chemiker Andreas Sigismund Marggraf (* 3. März 1709 in Berlin; † 7. August 1782 in Berlin) begann sich ab etwa 1750 für den Zuckergehalt in heimischen Pflanzen zu interessieren. So entdeckte er auch den hohen Zuckergehalt in der Runkelrübe, die wir heute Zuckerrübe nennen.
Doch diese Erkenntnis brachte zunächst noch keinen nennenswerten Nutzen. Erst der deutsche Naturwissenschaftler und Erfinder Franz Carl Achard schaffte es, Zucker zum Allgemeingut werden zu lassen.
Franz Carl Achard - Erfinder der Zuckerraffination (Quelle: Wikipedia)Achard wurde am 28. April 1753 in Berlin geboren und war ein Nachkomme französischer Glaubensflüchtlinge. Er entstammte einer sehr angesehenen und wohlhabenden Hugenotten-Familie, sein Vater war Theologe in der französischen Kolonie in Berlin.
Über die Kindheit und Jugend von Achard ist sehr wenig bekannt. Es wird angenommen, dass er sich seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse auf autodidaktische Weise angeeignet hat, was für die damalige Zeit nicht unüblich war. 1774, mit 21 Jahren, wurde er in die „Gesellschaft Naturforschender Freunde“ in Berlin aufgenommen. Die Akten der Gesellschaft vermerken, „dass dieser Herr bloß von seinem Gelde leben und lediglich nach seinem Geschmack arbeiten kann“. 1775 schickte Achard Beispiele seiner wissenschaftlichen Untersuchungen an König Friedrich II. und erhielt mit dessen wohlwollender Unterstützung 1776 eine Stelle im Chemielabor von Andreas Sigismund Marggraf, als Mitarbeiter an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Ein Gehalt allerdings wurde ihm erst, nach wiederholten eigenen Bitten und Fürsprache von Kollegen, 1778 bewilligt.
1776 heiratete Achard unstandesgemäß und überwarf sich mit Teilen seiner Großfamilie. Die Ehe hielt jedoch nicht lange. Achard hatte dennoch keine finanzielle Unterstützung durch die Familie mehr zu erwarten.
Achard arbeitete interdisziplinär als Physiker, Chemiker und Biologe an einer Vielzahl höchst unterschiedlicher Probleme. Derartiges war im damaligen Wissenschaftsbetrieb noch möglich und daher prinzipiell nicht ungewöhnlich, auch die Preußische Akademie der Wissenschaften war noch interdisziplinär strukturiert. Achard wurde dort 1782 als Nachfolger Marggrafs Abteilungsleiter.
Zunächst erforschte Achard die Elektrizität und suchte entsprechende Anwendungen. Dann untersuchte er verschiedene Gase, entwickelte Sauerstoffgebläse, um damit die Hüttentechnologien zu revolutionieren. Er erforschte Mineralien und Metalle und war der Erste, der Platin zum Schmelzen brachte.
Später arbeitete er auf Wunsch des Königs daran einheimische Pflanzen auf ihre Brauchbarkeit zum Färben von Textilien zu untersuchen. Zudem erhielt er den königlichen Auftrag fremde Tabaksorten in Preußen anzubauen und einheimische Sorten zu veredeln.
1795 konstruierte Achard einen transportablen Feldtelegrafen und testete ihn zwischen Spandau und Berlin, ein nachhaltiger Erfolg war ihm jedoch nicht beschieden. Zudem baute er Blitzableiter und ließ Ballons in Berlin aufsteigen. Doch alle seine experimentellen Arbeiten waren nur sehr begrenzt erfolgreich.




Durch seinen Lehrer und vormaligen Chef Marggraf war er auch mit dessen Runkelrüben-Forschungen vertraut. Er wusste von dem hohen Zuckergehalt der Rübe und kannte Marggrafs Forschungsergebnisse. 1782 griff er das Thema auf und kaufte das kleine Gut Kaulsdorf im Nordosten Berlins. Zurückgreifend auf seine landwirtschaftlichen Erfahrungen beim Tabakanbau, testete er verschiedene einheimische Pflanzen auf ihren Anbau und ihren Zuckergehalt hin, sowie dessen Extrahierung. Dann erlitt er einen schweren Rückschlag: 1786 brannte sein Kaulsdorfer Gut ab.
Nach einigen Jahren Pause setzte Achard seine Versuche 1792 fort, nun auf seinem Anwesen in Französisch Buchholz in der Nähe Berlins. 1799 informierte er den König über seine Ergebnisse und bat um finanzielle Unterstützung. Zuvor hatte er in einer Berliner Zuckersiederei Raffinade gewinnen können, von der er dem König eine Probe übersandte.
König Friedrich Wilhelm und seine Berater erkannten das Potential dieses Projektes und genehmigten nur vier Tage später die beträchtliche Summe von 50.000 Talern. Achard erwarb daraufhin von Graf Maximilian von Pückler das Gut Kunern nahe der Oder gelegen und bereitete die Produktion vor. 1801 wurden dort 250 Tonnen Rüben geerntet. Zugleich entwickelte und baute Achard Anlagen um die Rüben zu verarbeiten und daraus Zucker zu gewinnen. Es war 1802 die erste vorindustrielle Anlage, mit welcher Zucker aus Zuckerrüben gewonnen werden konnte.
Die Zuckerrübe (Quelle: Wikipedia)Dieses Verfahren zur Herstellung von Zucker aus einheimischen Rohstoffen war zur damaligen Zeit von großer Bedeutung, insbesondere auch für das Königreich Preußen. Durch die Kontinentalsperre von Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Import von Zucker nach West- und Mitteleuropa unterbunden. Die industrielle Herstellung von Zucker aus Zuckerrüben war deshalb von großer Wichtigkeit, insbesondere auch für Preußen, um diesen Ausfall der Importe auszugleichen. Hierdurch wurde die Einführung dieses neuen Verfahrens in die Praxis stark beschleunigt.
Im Jahr 1807 fielen während des Krieges mit Frankreich die Fabrik und einige Gebäude des Gutes einem Brand zum Opfer. Achard war ruiniert und musste sich hoch verschulden. Der König übernahm 1810 seine Verbindlichkeiten und ließ bis 1812 die Produktionsanlagen unter der Bedingung wiederaufbauen, sie für längere Zeit zur Lehranstalt für die Herstellung von Rübenzucker zu machen. Achards Gesundheit war jedoch inzwischen stark angegriffen. Bereits 1814 musste die Lehranstalt, an der auch ausländische Schüler unterrichtet wurden, geschlossen werden. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er unter bedrückenden Bedingungen. Er starb am 20. April 1821, verarmt und weitgehend vergessen. Kein Nachruf erinnerte an sein Leben und seine Verdienste. Beerdigt wurde Achard in Herrnmotschelnitz, seit 1945 poln. Moczydlnica Dworska und gegenwärtig ein Stadtteil von Wołów. Die Fabrik und das Gutshaus in Kunern hatte die Rote Armee im Januar 1945 niedergebrannt. Auf ihren Grundmauern errichtete die polnische Regierung um 1960 einen Gedenkstein für Achard und im Berliner Zuckermuseum erinnert eine Büste im Eingangsportal an das Wirken des Erfinders der Technologie, aus Zuckerrüben Zucker herzustellen.

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Franz Carl Achard war jedoch nicht nur der Technologiegeber für die industrielle Zuckerherstellung. Die in seinen Verfahren erdachten Maschinen und Ausrüstungen zur Extraktion, Filtration, Verdampfung, Kristallisation und Stofftrennung mittels Zentrifugalkraft wurden auch bald in anderen Industriezweigen eingesetzt und waren damit Beschleuniger der beginnenden Industriellen Revolution.

 

(Fotos – Quelle Wikipedia – siehe Bildadressen)

Große Entdecker und Erfinder – der Uran Entdecker Martin Heinrich Klaproth

Uran ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol U und der Ordnungszahl 92. Hören wir Uran, so denken wir zunächst an den Stoff, aus dem Atombomben gemacht und mit dem Kernkraftwerke betrieben werden.
Doch Uran ist mehr: Es ist ein relativ weiches, silber-weißes Metall hoher Dichte, dessen Isotope radioaktiv sind. Als Isotope bezeichnet man Arten von Atomen, deren Atomkerne gleich viele Protonen (gleiche Ordnungszahl), aber verschieden viele Neutronen enthalten. Die Uran-Isotope sind instabil, d. h., durch radioaktiven Zerfall wandeln sie sich nach mehr oder weniger langer Zeit in andere Atome um. Unter Radioaktivität (lat. radius ‚Strahl‘ und activus ‚tätig‘, ‚wirksam‘; dt. Strahlungsaktivität) versteht man die Eigenschaft instabiler Atomkerne, spontan ionisierende Strahlung auszusenden. Der Kern wandelt sich dabei unter Aussendung von Teilchen in einen anderen Kern um oder ändert unter Energieabgabe seinen Zustand.

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Eine besondere Bedeutung erlangte das Uran nach der Entdeckung der Kernspaltung im Jahr 1938 im Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin unter der Leitung von Otto Hahn.
Doch von alle dem wusste der Apotheker und Chemiker Martin Heinrich Klaproth Ende des 18. Jahrhunderts noch nichts.
Klaproth wurde am 1. Dezember 1743 in Wernigerode als Sohn eines Schneiders geboren. Er besuchte die Stadtschule in Wernigerode und ging anschließend zur Lehre in die Ratsapotheke in Quedlinburg. Dort war er zunächst für sechs Jahre tätig. Danach arbeitete er von 1766 bis 1770 als Apothekengehilfe in der Hofapotheke Hannover, der Mohrenapotheke Berlin und der Ratsapotheke Danzig. Während seines Berlinaufenthaltes bildete er sich bei dem aus Halberstadt stammenden Chemiker Prof. Dr. Johann Heinrich Pott weiter. Zudem nahm er auch Unterricht bei dem bedeutenden Chemiker seiner Zeit, Andreas Sigismund Marggraf, der Direktor der Physikalisch-Mathematischen Klasse der Königlichen Akademie der Wissenschaften war.
Prof. Martin Heinrich KlaprothKlaproth kehrte 1770 aus Danzig nach Berlin zurück und arbeitete dort in der Apotheke Zum Weißen Schwan. Die Apotheke wurde von dem angesehenen Apotheker, Chemiker und Metallurgen Valentin Rose dem Älteren geführt, der Klaproth weiter ausbildete. Es entstand eine freundschaftliche Beziehung zwischen diesen beiden, und als Rose kurze Zeit später verstarb, führte Klaproth die Apotheke weiter. Zudem übernahm er die Erziehung der vier Kinder seines verstorbenen Arbeitgebers. Die Apotheke stand wirtschaftlich auf gesunden Füßen, was Klaproth ermöglichte sich ein Versuchslabor einzurichten.
Klaproth hielt auch die Verbindungen zu seinen früheren Lehrern Dr. Pott und Marggraf. Bei einem Besuch Marggrafs lernte er dessen Nichte Christine Sophie Lehmann kennen. Es entwickelte sich eine Beziehung, die schon bald zur Heirat führte. Christine Lehmann war die Tochter des wohlhabenden Kaufmanns Joachim Friedrich Lehmann. Andreas Marggraf hatte die Bärenapotheke nach dem Tod seiner Mutter durch Erbstreitigkeiten verloren. Sie ging zunächst an seinen Bruder Henning Marggraf, der sie an seinen Schwager Lehmann verkaufte. Diese Apotheke erwarb Klaproth 1780 nach der Heirat mit Christina Sophia Lehmann und er führte sie 20 Jahre lang.
Häufig experimentierte Klaproth in seinem Laboratorium. Besonders inspiriert war er bei der Analyse von Mineralien und wurde so zu einem großen Entdecker und Chemiker. Nebenamtlich wirkte er seit 1787 als Professor der Chemie an der Berliner Artillerieschule, als Dozent am Collegium medico-chirurgicum und als Lehrer des Berg- und Hütteninstitutes. Letzte Tätigkeit weckte wohl noch zusätzlich sein Interesse an der Analyse von Bergbauprodukten.
Im Jahr 1789 entdeckte Klaproth so die Elemente Zirkon und Uran. 1792 folgte Strontium, 1795 Titan, 1797 Tellur und 1803 Cer.
Das Uran, seine erste und wohl bedeutendste Entdeckung isolierte er aus dem Mineral Pechblende, das auch Uranitit genannt wird. Das ist ein häufiger vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“.




Ab 1800 arbeitete Klaproth als ordentlicher Chemiker an der Akademie der Wissenschaften und als Nachfolger von Franz Carl Achard.
In den Jahren von 1795 bis 1815 gab er sechs Bände seiner „Beiträge zur chemischen Kenntnis der Mineralkörper“ heraus; der Mineralienanalyse galt seine ganz besondere Vorliebe. Auch der Bestimmung des Silber-, Kupfer-, Zinkgehaltes von Metallen, Münzen und der Glasanalyse galt Klaproths Interesse. Ferner entwickelte er ein Aufschlussverfahren für Silikate (Eindampfen mit Kalilauge, Schmelzen im Silbertiegel). Er fand Phosphate im Harn, klärte die Zusammensetzung von Alaun, Apatit auf, analysierte Rotkupfererz, Gelbbleierz, Aragonit, Lepidolith, Dolomit, Smaragd, Topas, Granat und Titanit.
Zudem erbrachte Klaproth Pionierleistungen in der Chemie, in dem er für eine Reihe von noch nicht bekannten oder unrichtig eingeordneten Verbindungen neue qualitativere Analyseverfahren einführte. Er gab präzise Versuchsbeschreibungen, die auch Angaben über mögliche Fehlerquellen enthielten, was seinerzeit noch nicht allgemein üblich war. Nebenher trug er eine immense Mineraliensammlung zusammen, die am Ende seines Lebens 4828 Stücke umfasste und nach seinem Tod von der Berliner Universität angekauft wurde und sich heute im Berliner Museum für Naturkunde befindet.
1810 erhielt er auf Vorschlag Alexander von Humboldts eine Berufung als Professor der Chemie an die neu gegründete Berliner Universität. 1815 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.
Am Neujahrstag 1817 verstarb Klaproth an einem Schlaganfall. Er wurde auf dem Berliner Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt. Martin Heinrich Klaproth war einer der ganz großen Chemiker seiner Generation und als Entdecker von Elementen in der anorganischen Chemie wohl führend in seiner Zeit.