Archiv der Kategorie: Politik

In der ganzen Welt ist jeder Politiker sehr für Revolution, für Vernunft und Niederlegung der Waffen – nur beim Feind, ja nicht bei sich selbst.

Hermann Hesse

Flüchtlinge, Migranten und eine neue Vision

Über dieses Thema wird täglich in Medien berichtet und auch ich habe darüber bereits einen Beitrag geschrieben. Daher möchte ich nicht den Leierkasten spielen und alles wiederholen.
Dennoch wird dieses Thema wohl eines der entscheidenden für die neue Regierungsbildung sein.
Vorab: Ich plädiere für ein Einwanderungsgesetz a la Canada. Kurz und knapp heißt das: Deutschland legt jährlich fest wer kommen kann und wie viele.
Dieses Einwanderungsgesetz löst jedoch keines der Probleme von Asylanten und Flüchtlingen aller Art, wie man uns gern weissmachen möchte. Völkerrechtliche Asylanten haben gemäß unserem Grundgesetz das Recht, zu uns zu kommen und einen Antrag zu stellen, daran besteht kein Zweifel. Jedoch meine ich, dass sie ihre Identität zweifelsfrei nachweisen müssen.
Das Problem der mächtigen Flüchtlingsströme hingegen, vorrangig von Menschen islamischen Glaubens, kann mit keinem Einwanderungsgesetz gelöst werden. Es ist durchaus verständlich, dass sich Menschen die in ärmlichsten Verhältnissen leben, eine bessere Zukunft wünschen. Durch die modernen Informationstechnologien sehen sie nun, dass auf der Welt nicht nur Armut und Elend herrscht, sondern auch ein für sie unermesslicher Wohlstand. So kommt es zu dem Entschluss in das angebliche Schlaraffenland Europa zu gehen.
Jedoch können sich diese Menschen aus Afrika und Asien keine Vorstellung von dem Leben in Europa machen. Sie können nicht nur unsere Sprache und Schrift nicht, sie kennen auch keine Demokratie und keine Freiheit in unserem Sinne. Diese Menschen haben größtenteils eine islamische Erziehung, das heißt, sie sind Obrigkeitshörig, sie kennen keine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, der Islam ist nicht nur Religion, sondern zugleich Staatsdoktrin und alle anderen Religionen gelten als Feinde des Islam. So erzogen, ist es sehr schwer sich im liberalen Europa zurechtzufinden. Jedoch Erziehung wirkt nach und das über lange Zeit.
Die ständigen Migrationsfürsprecher in Politik und Medien mögen sich einmal vorstellen, sie müssten ab morgen in einem Land leben (nicht mit deutschem Pass) in dem es keine Freiheit und Demokratie gibt, in dem alle Macht von Religionsführern ausgeht, denen man sich unterzuordnen hat. Eine Vorstellung, die sich wohl für die meisten dieser Befürworter kaum machen können und in dessen Realität sie schnell hinter Schloss und Riegel verschwinden würden.
Dennoch wird in Deutschland die Problematik der Flüchtlinge immer noch heruntergespielt. Frei nach der Kanzlerin: „Wir schaffen das“. Es wird offeriert, dass mit großen Anstrengungen unseres Staates, also der deutschen Bevölkerung, und viel Geld, das Problem zu lösen wäre und wir die Menschen in unsere Gesellschaft integrieren könnten. Das ist vielleicht mit einer kleinen Zahl von Flüchtlingen möglich, jedoch nicht mit den vielen die schon da sind und den Massen die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch an Europas Türen klopfen werden. Ein Ende der Flüchtlingsbewegung ist nicht abzusehen!
Ein typischer Slogan von Politikern ist häufig, dass wir die Fluchtursachen in den Ländern bekämpfen müssen aus denen die Flüchtlinge kommen. Das ist leicht gesagt, ein Konzept dafür habe ich jedoch noch von keinem Politiker gehört; das gibt es wohl auch nicht.
Die sogenannten Geberländer haben seit dem Beginn der Flüchtlingskrise ihre Entwicklungshilfe erheblich aufgestockt. Die Hilfe für Flüchtlinge aus den Geberländern habe sich 2015 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt, erklärte die OECD.



Insgesamt gaben die im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit (DAC) zusammengeschlossenen Geberländer der OECD 131,6 Milliarden Dollar für Entwicklungszusammenarbeit aus.
Deutschland steigerte seine Entwicklungshilfe-Ausgaben im vergangenen Jahr sogar um 26 Prozent auf 17,8 Milliarden Dollar (rund 16 Milliarden Euro). In absoluten Zahlen bleibt Deutschland damit der drittgrößte Geber nach den USA und Großbritannien. Die Flüchtlingskosten nicht einberechnet, stiegen die deutschen Ausgaben laut dem Bundesentwicklungsministerium um sieben Prozent.
In den letzten 10 Jahren gaben die Geberländer etwa 1.000 Milliarden Euro für Entwicklungshilfe. Ich will nicht verschweigen, dass die Wirtschaftspolitik der westlichen Industrieländer die Armut der Entwicklungsländer weiter verstärkt: Wo jedoch bleiben die vielen, vielen Milliarden in den Entwicklungsländern? Wir füllen in erheblichem Umfang die Taschen der Eliten in diesen Ländern und haben keinerlei Rezept dies zu ändern. Wie also wollen wir die Flüchtlingsursachen bekämpfen?
Uns mit Grenzen abzuschotten, wird immer nur eine Notlösung sein, eine auf Zeit, dann haben die Flüchtlinge neue Wege gefunden. Auch irgendwelche Auffanglager mit Registrierungsstellen in Afrika zu schaffen, wie Frankreichs Präsident Macron vorgeschlagen hat, zeigt nur die momentane Hilflosigkeit der Europäer.
Es entsteht derzeit der Eindruck als wenn alle EU-Länder, außer Deutschland, eine rigorose Abschottungspolitik betreiben wollen, womit wir uns innerhalb der EU zunehmend isolieren. Wenn alle Grenzen dicht sind, profitiert Deutschland zwar am meisten davon, eine Lösung der Probleme ist das jedoch keinesfalls. Andererseits kann Europa zukünftig nicht aber Millionen Flüchtlinge aus völlig fremden Kulturen aufnehmen. Das überfordert Deutschland und Europa finanziell und kulturell. Zudem spaltet es unsere Gesellschaften und bringt unsere Demokratie und Kultur in ernsthafte Gefahr. Im Grunde genommen ist es eine Völkerwanderung, die derzeit stattfindet und die wohl erst ihren Anfang genommen hat. Über Völkerwanderungen in der Geschichte habe ich hier einige Beiträge geschrieben. Vielleicht sollte da der eine oder andere Mal interessenhalber nachlesen.
Wie aber können Lösungen aussehen. Dazu hört man wenig Konstruktives. Die Grünen fordern in den momentanen Koalitionsverhandlungen wohl den uneingeschränkten Nachzug von Familienangehörigen der Flüchtlinge, den die Regierung bisher ausgesetzt hatte. Dieser Nachzug wäre meiner Meinung nach eine fatale Entscheidung.

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Ruud Koopmans, Professor für Migrationsforschung der Berliner Humboldt-Universität meint dazu folgendes:
„Nicht jede Art von Zuwanderung nutzt dem Land. Manche Art von Zuwanderung verschärft sogar die Probleme des Sozialstaats“. Nur wenn sich ein Migrant in den Arbeitsmarkt integriere, profitiere die Gesellschaft. Deshalb, so Ruud Koopmans, sei es richtig, dass nur die gut Integrierten hierbleiben dürfen. Koopmans glaubt, dass Assimilation für die Integration hilfreich sei. Mit dieser These polarisiert der Migrationsforscher zwar in Fachkreisen, was jedoch in Geisteswissenschaften nichts Unübliches ist, da es nicht die eine richtige Meinung gibt. Dass ein Familiennachzug die Integration der Flüchtlinge erleichtere, sei nicht unbedingt so, glaubt der Professor. Er meint: „Die ersten Gastarbeiter fanden vor 50 Jahren Anschluss an die hiesige Bevölkerung. Als dann die Familien nachzogen und sich Gemeinschaften bildeten, wurden aus den modernen Männern plötzlich konservative Familienväter.“
Was aber ist zu tun? Wer hat ein tragfähiges Konzept und baut nicht nur Multi-Kulti-Luftschlösser?
Nun ist ein neues Konzept aufgetaucht. Nun gut, ein vollständiges Konzept ist es noch nicht, eher eine Idee oder Vision. Dennoch ist es kein Hirngespinst von Ahnungslosen, sondern eine durchdachte Strategie von Experten, die man ernsthaft durchdenken, prüfen und weiterverfolgen sollte. Es ist die Vision von einer globalen Flüchtlingsnation. Wenn sie jetzt sagen: undenkbar, unrealisierbar, reine Fantasie, so muss ich widersprechen. Es sind keine Milliardäre, ohne Hintergrundwissen, die Inseln kaufen oder schaffen wollen, sondern ausgewiesene Fachleute. Wenn der Deputy Direktor des Migrationsforschungszentrums COMPAS der Universität Oxford über eine Utopie einer Flüchtlingsnation spricht, dann lohnt es sich schon zuzuhören. Die Idee, die er schon seit ein paar Jahren zusammen mit dem ehemaligen Direktor des Forschungsinstituts Robin Cohen entwickelt, ist ein weltweites Netzwerk von Flüchtlingen (und deren Unterstützern), die zusammen eine politische und wirtschaftliche Gemeinschaft bilden: Refugia. Die Bewohner von Refugia würden noch immer in Nationalstaaten leben, aber einen autonomen Status haben.
Zudem ist Refugia keine völlig neue Idee. So sind einige Elemente daraus schon seit langer Zeit als politisches und wirtschaftliches Netzwerk von Diasporas bekannt. Darunter versteht man religiöse, nationale, kulturelle oder ethnische Gemeinschaften in der Fremde, die ihre traditionelle Heimat verlassen haben und mitunter über weite Teile der Welt verstreut sind.
Über viele Jahrhunderte bezog sich der Begriff Diaspora ursprünglich nur auf das Exil des jüdischen Volkes und seine Zerstreuung außerhalb des historischen Heimatlandes. Mit der Proklamation des Staates Israel 1948 wurde eine Lösung gefunden, die ansatzweise mit Refugia vergleichbar ist. Leider hat der UN-Teilungsplan für Palästina in eine jüdischen und einen arabisch/islamischen Staat bisher nicht das gewünschte Friedensergebnis gebracht.
Dennoch ist die Idee und Vision von Refugia perspektivisch vielleicht der erfolgversprechendste Ansatz. Lokale Integration von Asylberechtigten steht in der „Flüchtlingsfrage“ als unstrittige Maßnahme. Auch Resettlement – darunter versteht man die dauerhafte, als auch die zeitlich begrenzte Aufnahme und Eingliederung von besonders gefährdeten Flüchtlingen von einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat, der ihnen entweder vollen Flüchtlingsstatus oder nur temporären humanitären Schutz zuerkennt und ihnen deshalb die Möglichkeit bietet, sich im Land zu integrieren – ist ein kleiner Teil der Lösung. Er kann jedoch nur im begrenzten Umfang umgesetzt werden um nicht Flüchtlinge und Gastgeber zu überfordern, somit ist der Rückkehr Priorität zu erteilen.
Jedoch reichen alle unsere Projekte, Maßnahmen, Ideen und Visionen nicht, wenn der Islam in sich keinen Frieden findet und zudem nicht bereit ist auch andere Kulturen und Religionen zu akzeptieren. Dabei sollten wir immer an unsere eigene christliche Geschichte denken. Auch bei uns war die Kirche über Jahrhunderte Staatsdogma. Und nach der Reformationen, deren 500en Jahrestag wir gerade feiern, fanden unsagbar grausame Kriege – allen voran der Dreißigjährige Krieg – statt. Erst dessen Ende und der folgende, über Jahre ausgehandelte Westfälische Friede, begann langsam den Religionsstreit zu beenden.
350 Jahre Westfälischer Friede, 1998, Briefmarke herausgegeben von der Deutschen Post AG im Auftrage des BMF, als amtliches Werk nach § 5 Abs. 1 UrhG gemeinfrei
Auch damals gab es harte Einschnitte. So musste Deutschland Gebiete an Schweden abtreten und die ausgehandelten Verträge gelten bis heute als Grundlage des modernen Völkerrechts und der Diplomatie.
Also, verehrte Politiker, bitte mal ohne Schaum vor dem Mund über diese Refugia-Vision nachdenken und in Zukunft bitte etwas mehr auf die Befindlichkeiten der Bürger als auf die eigenen achten.

Abbildung: 350 Jahre Westfälischer Friede, 1998
Briefmarke herausgegeben von der Deutschen Post AG im Auftrage des BMF,
als amtliches Werk nach § 5 Abs. 1 UrhG gemeinfrei

Das Deutsche Rentensystem – dringend reformbedürftig

Die gesetzliche Rentenversicherung ist in Deutschland ein Zweig des gegliederten Sozialversicherungssystems. Dieses dient vorwiegend der Altersvorsorge von Beschäftigten und wird im Wesentlichen durch ein Umlageverfahren finanziert. Die von den Beitragszahlern eingenommenen Beträge werden unmittelbar zur Finanzierung der Leistungsberechtigten verwendet.

Die Geschichte der deutschen Sozialversicherung, und damit auch der Rentenversicherung, hat ihren Beginn zum Ende des 19. Jahrhunderts. Die industrielle Revolution hatte eine neue Klasse hervorgebracht, die der Arbeiter. Diese waren einzig auf ihren Arbeitgeber angewiesen und konnten nach Entlassung, Arbeitsunfähigkeit aus Krankheit oder Alter ihren Lebensunterhalt nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren.

Reichskanzler von Bismarck erkannte diese Situation und riet Kaiser Wilhelm I. ein Gesetze zum Schutz der Arbeiter gegen Krankheit, Unfall, Invalidität und für das Alter zu initiieren. Im Jahr 1881 veranlasste der Reichstag auf Grund der kaiserlichen Botschaft die Gesetze zum Schutz der Arbeiter gegen Krankheit, Unfall, Invalidität und für das Alter. Es folgten: 1883 das Krankenversicherungsgesetz, 1884 das Unfallversicherungsgesetz und 1889 das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz.

In der Folgezeit entwickelte sich das das Sozialversicherungssystem rasant und überdauerte beide Weltkriege. Bis 1957 wurde die Rentenversicherung durch ein Kapitaldeckungssystem finanziert. Jedoch war nach dem Zweiten Weltkrieg die Basis dieses Rentensystems weitgehend zerstört. Die Folge waren niedrige Renten und damit verbunden große Altersarmut.

In den 1950er Jahren hatte das Wirtschaftswunder eingesetzt und verstärkte die Kluft zwischen arbeitender Bevölkerung und Rentenempfängern weiter. Die 1957er Rentenreform sollte diese Lücke schließen. Die Gründungsväter der Bundesrepublik hatten sich dabei durchaus etwas gedacht und ihre Rechnung ging auch zunächst auf. Es gab viele Einzahler und im Verhältnis dazu wenig Leistungsempfänger. Es war für die damalige Zeit eine gute Entscheidung!

Jedoch begannen sich im Laufe der Jahrzehnte die Verhältnisse zu ändern. Arbeit wurde zunehmend knapper und es setzte eine demografische Entwicklung ein, die bis heute nicht gestoppt ist. Es gibt immer weniger Einzahler und immer mehr Rentenempfänger. Fatal begannen sich auch zunehmend die Ausnahmen der Beitragspflicht auszuwirken.

Dennoch war die damalige Rentenreform eine Erfolgsgeschichte und zugleich eine politische Maßnahme, die Vertrauen bildete. Doch das Rentensystem geriet, insbesondere seit der Wiedervereinigung, zunehmend in Schwierigkeiten. Immer weniger Versicherungspflichtige standen immer mehr Bezugsberechtigten gegenüber und diese Situation wird sich weiter zuspitzen. Zudem erwies sich die Befreiung für Beamten und Selbstständigen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht als zunehmendes Problem.

Beamte verdienen gut und haben einen sicheren Job. Ihre monatlichen Bezüge haben sich zwar nicht gravierend von den Löhnen und Gehältern der gesetzlich Rentenversicherungspflichtigen abgekoppelt, bei den Altersbezügen besteht dennoch eine erhebliche Diskrepanz. In der Regel verabschieden sich Beamte nach 40 Jahren aus dem Dienst. Als Pension erhalten sie dann 71,75 Prozent des Bruttogehaltes, dass sie während der zwei letzten Jahre vor dem Ruhestand bezogen haben. Von solcher Altersversorgung können Sozialversicherungspflichtige nur träumen, ihr Altersgeld liegt etwa 20 Prozent niedriger, obwohl sie ein Leben lang Beiträge bezahlt haben und die Beamten hingegen keinen Cent.

Die durchschnittliche Altersrente von Männern vor Steuern beträgt derzeit für Männer West 1.040 Euro (Ost 1.124 Euro) für Frauen West 580 Euro und für Frauen Ost 846 Euro. Darüber können Beamtinnen und Beamte nur müde lächeln. Sie beziehen, laut Versorgungsbericht der Bundesregierung 2015 durchschnittlich 2.940 Euro Pension, Spitzenbeamte sogar im Durchschnitt 4.370 Euro.




Im Jahr 2013 bezogen 1.146.255 Beamte oder Staatsangestellte in vergleichbaren Dienstverhältnissen Ruhegehalt von Bund oder Ländern. Diese Zahl hat sich also seit 1974 etwa verdoppelt. 2016 gab der Staat 63,91 Milliarden Euro für die Pensionen aus. Bitte keinen Neid! Aber mehr Gerechtigkeit! Beamte zahlen keine Rentenversicherungsbeiträge, der Versicherungspflichtige dagegen ein Berufsleben lang. Das dann die Beitragszahler mit ihren Steuern auch noch die hohen Ruhestandsgehälter der Beamten zahlen müssen, ist nicht gerecht. Dass es auch anders geht, zeigen uns Österreich, die Schweiz und viele weitere Länder.

Auch Selbstständige sind von der Versicherungspflicht befreit. Sie können sich freiwillig gesetzlich versichern. Da sie jedoch Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil selbst tragen müssen, ist dieses Modell für die meisten Selbstständigen unattraktiv oder auch unbezahlbar. Es gibt viele Selbstständige, die allein vorsorgen können und die staatliche Rentenkasse nicht benötigen. Doch es gibt wohl noch mehr – besonders Klein- und Einzelunternehmer – die die geforderten Beiträge einfach nicht aufbringen können. Als Resultat bekommen sie eine entsprechend niedrige Rente, bezogen auf die Jahre, die sie eingezahlt haben. Da wir jedoch in einem Sozialstaat leben, wird die Differenz bis zur jeweils festgelegten Grundsicherung aus Steuergeldern ausgeglichen.

Und dann gibt es da noch die Beitragsbemessungsgrenze. Das ist der Betrag, bis zu welchem das Arbeitsentgelt oder die Rente eines gesetzlich Versicherten für Beiträge der gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen wird. Der Teil des Einkommens, der die jeweilige Grenze übersteigt, bleibt für die Beitragsberechnung außer Betracht. Wie schon bei der Pflegeversicherung von mir dargelegt, ist das für mich eine weitere Ungerechtigkeit.

Die Beitragsbemessungsgrenze Rente West liegt 2017 bei 6.350 Euro und Rente Ost bei 5.700 Euro versicherungspflichtigem Einkommen. Das beutet z.B.: Jemand der 6.350 Euro im Monat verdient zahlt den gleichen Beitrag wie jemand der 16.350 Euro oder 160.350 Euro verdient.

Die SPD hatte zwar den Wahlkampfslogan „für mehr Gerechtigkeit“, diese Problematik hat sie jedoch in allen Jahren ihrer Regierung oder Mitregierung nicht angegangen, ebenso wenig wie alle anderen Regierungsparteien.

Was ist also zukünftig erforderlich um die Rente zu stabilisieren, die jungen Einzahler nicht übermäßig zu belasten und die Staatshaushalte nicht aus dem Ruder laufen zu lassen? Ganz einfach: Zunächst einmal müssen alle die Einkommen haben bis zum Renteneintritt Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und das auf ihr gesamtes Einkommen, also auch Beamte und Selbstständige. Die Beiträge dazu müssen vom Gesetzgeber festgelegt werden und können durchaus bei entsprechender Höhe prozentual angesenkt werden.

Im zweiten Schritt sollten die Maximalrenten erheblich gedeckelt werden, wie z.B. in der Schweiz. Dadurch könnten wahrscheinlich die Beiträge für alle Einzahler gesenkt werden. Für Gutverdiener besteht so die Möglichkeit mit weiteren privaten Säulen Altersvorsorge zu betreiben, für Geringverdiener und Menschen die wenig einzahlen konnten, muss die Rente jedoch auskömmlich sein. Im Zusammenhang mit einem bedingungslosen Grundeinkommen wären noch andere Modelle möglich.

Zudem wäre es überlegenswert, in wie weit private Altersvorsorge, egal auf welcher Basis, steuerlich geltend gemacht werden könnte. Und letztlich sollte endlich darüber nachgedacht werden, wie viele Beamte ein Land wie Deutschland wirklich braucht. Dass es auch ohne Beamte nach deutschem Beamtenrecht geht zeigen viele Staaten auf der Welt, unter anderem auch die USA. Wenn wir jedoch unbedingt auf Beamte beharren, so sollte das Beamtenrecht liberalisiert und der Zeit angepasst werden.

 

Das deutsche Wahlsystem 2017

Wir haben gewählt: Die Wahlbewertung ist sicher individuell verschieden. Zudem wissen wir bisher noch nicht, welche Regierung wir bekommen und was diese dann programmatisch umsetzen will.
Eines ist jedoch schon heute klar und das dürfte jeden Bürger und Steuerzahler die Zornesröte ins Gesicht treiben: Wir werden in diesem Wahlzeitraum weit mehr als 500 Millionen Euro zusätzlich für unser Parlament ausgeben. Diese Mehrausgaben resultieren ganz einfach aus unserem Wahlsystem, das so komplex und kompliziert ist, dass es kaum einer genau kennt, geschweige denn versteht.
Die Politik erweckt dabei immer den Anschein, als wenn es äußerst schwer praktikabel wäre, dieses zu ändern. Doch geändert wurde es in Einvernehmen zwischen Union, SPD, FDP und Grünen letztmals erst am 21. Februar 2013, jedoch nicht zum Guten, wie sich zeigt. Auch werden derartige Gesetzesänderungen nicht mehr publiziert als vorgeschrieben und die Medien üben sich in Zurückhaltung.
Doch fangen wir von ganz vorn an: Wir haben in Deutschland das sogenannte personalisierte Verhältniswahlsystem in Anwendung. Schon bei dieser Bezeichnung endet oftmals der Durchblick des Wählers. Einfacher ausgedrückt: Wir haben ein Wahlsystem bei dem von Parteien Kandidaten oder Gruppen von Kandidaten aufgestellt werden. Diese werden in Listen geordnet. Man könnte also auch sagen wir haben eine Parteien-Listenwahl.

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Natürlich hat man sich bei diesem personalisierten Verhältniswahlsystem etwas gedacht: Es vereint zwei Elemente und zwei Ziele. Einerseits soll es den Wahlkreiskandidaten an seine Wähler binden. Wird der Kandidat über die Erststimme direkt – also mehrheitlich – gewählt, so kann er weitgehend unabhängig von Parteizwängen agieren. Das bringt den Vorteil einer gewissen Unabhängigkeit sowie die Möglichkeit sich für regionale Interessen einzusetzen. Dennoch: Diese Unabhängigkeit hält nur für eine Wahlperiode und bei Handlungen gegen Parteidirektiven ist eine Wiederaufstellung fraglich.
Jedoch kann mit der Erststimme immer nur ein Kandidat direkt gewählt werden. In der Regel bilden die Erststimmen jedoch für den gewählten Kandidaten keine absolute Mehrheit ab, sondern nur eine relative, z.B. bei vier Kandidaten 32 Prozent der Stimmen. Die restlichen Stimmen verfallen.
Wenn nun, wie bei dieser Wahl 2017, die überwiegende Mehrheit aller Wahlbezirke von einer Partei gewonnen wird – in diesem Fall der CDU – so kommt die absolute Mehrheit aller gewählten Direktkandidaten in der Regel aus diesem Parteilager. Das wäre eine Ungerechtigkeit, denn die CDU hat nur 26,8 % aller Erststimmen erhalten – das CSU-Ergebnis lasse ich außen vor – und würde dennoch die Mehrheit aller Abgeordneten stellen.
Um diese vermeintliche Ungerechtigkeit auszugleichen, wurde die Zweitstimme eingeführt. Sie legt das Verhältnis der Parteien fest: Wenn deutschlandweit eine Partei 35 Prozent der Zweitstimmen erzielt, bekommt sie auch mindestens 35 Prozent der Sitze im Bundestag. Jede Stimme zählt hier gleich viel, und es fallen nicht, wie im Beispiel oben, 73,2 Prozent der Stimmen gewissermaßen unter den Tisch.
Doch nun tritt eine Sonderregel in Kraft: Man wollte keine kleinen Splitterparteien im Parlament haben um die Koalitionsbildung zu erleichtern und das Arbeiten im Parlament vereinfachen: Dazu dient die Fünfprozenthürde. Eine Partei braucht demnach mindestens 5 Prozent der Zweitstimmen um in den Bundestag zu kommen. Und erneut eine Ausnahmeregelung: Hat eine Partei mindestens 3 Direktmandate gewonnen, tritt die Fünfprozentregelung außer Kraft. Sie kann trotzdem in voller Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen.
Regulär hat der Bundestag 598 Sitze. Davon sind 299 Sitze für die Erststimmen-Direktkandidaten vorgesehen. Je nach Zweitstimmenergebnis werden die weiteren Sitze auf die Parteien verteilt. Sitze, die dann noch übrig sind, werden mit Politikern aus den Landeslisten der Parteien besetzt. Stehen z. B. der SPD in Sachsen 12 Sitze zu und ziehen 7 Direktkandidaten des Bundeslandes in den Bundestag ein, die ihren Wahlkreis gewonnen haben, so bekommen zudem noch die obersten fünf Politiker der Landesliste ein Mandat.
Und hier stoßen wir auf einen wenig demokratisches – eher undemokratisches – Verfahren, dass zunehmend aus dem Ruder läuft. Die Landeslisten werden von den obersten Parteigremien aufgestellt und in der Regel dann von einer Delegiertenkonferenz bestätigt. Selbst die eigenen Basis-Parteimitglieder haben da kaum einen Einfluss. Leider versuchen die Mitglieder der Führungsriegen immer wieder sich gegenseitig „im Geschäft zu halten“. Der Wähler hat somit keinerlei Einfluss auf die Reihenfolge der Landeslisten. Er kann auch keinen ungeliebten Politiker abwählen, wenn dieser es auf der parteiinternen Liste ganz nach oben schafft. Hinzu kommt, dass viele Spitzenpolitiker sich nicht mehr die Mühe machen, ein Direktmandat zu erringen. Sie kandidieren einfach nicht, sondern lassen sich einfach nur ganz oben auf die Landesliste stellen.
Diese Mandatsverteilung nach Landeslisten sollte im Rahmen einer Demokratisierung des Wahlsystems dringend geändert werden.
Ganz so einfach ist die Mandatsverteilung dennoch nicht, denn nun kommen die Überhangmandate in Anwendung.
Dazu ein Beispiel zur Erläuterung: Einer Partei X des Bundeslandes Hessen stehen 12 Sitze im Bundestag zu. Jedoch haben 14 Kandidaten dieser Partei ein Direktmandat in ihrem Wahlkreis gewonnen. Da Direktmandate immer ihren Sitz im Parlament haben, können die zwei Mandate zu viel nicht wegfallen. Diese zwei Mandate werden als Überhangmandate bezeichnet, sie erhöhen die Zahl der Sitze in diesem Beispiel von 598 auf 600.
Die Zweitstimmen sind also entscheidend! Das zuvor aufgezeigte Beispiel verdeutlicht jedoch, dass es Wahlkonstellationen geben kann, in der ein Parteienbündnis nach Zweitstimmen – also Parteienstimmen – keine Mehrheit hätte, am Ende jedoch, aufgrund der Überhangmandate, eine Mehrheit der Sitze im Bundestag erzielen könnte. Da die Zweitstimme im deutschen Wahlsystem entscheidend sein soll, hatte das Bundesverfassungsgericht eine Änderung des geltenden Wahlrechts angemahnt. CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne haben sich daraufhin auf eine Neuregelung im Jahr 2013 geeinigt, bei der die Überhangmandate ausgeglichen werden müssen.
Diese neue Regelung mit sogenannten Ausgleichsmandaten funktioniert so: Wenn es bei einer Wahl Überhangmandate gibt, so bekommen die anderen Parteien im Gegenzug Ausgleichsmandate. Davon gibt so viele, bis das Zweitstimmenergebnis ausgeglichen ist. Somit soll das Wählervotum wiederhergestellt werden. Aber funktioniert das?
Es war bei dieser Regelung absehbar, dass der Bundestag größer werden würde. Jedoch das Verhältnis der Parteien untereinander würde so bleiben, wie es der Wähler mit seiner Zweitstimme gewollt hat.
Die Erststimme ist also unerheblich geworden, die Zweitstimme ist entscheidend. Es werden also erheblich mehr Mandatsträger im Bundestag sein, die nicht direkt vom Wähler ihr Mandat erhalten haben, als direkt gewählte Volksvertreter. Ist da noch demokratisch?
Es war sicherlich gut gedacht. Doch gut gedacht ist noch lange nicht gut gemacht. Die undemokratisch aufgestellten Parteienvertreter der Landeslisten können somit gegenüber den Direktmandaten stark im Vorteil sein.
Bei der Bundestagswahl 2017 ist dieses Wahlsystem den Wählern nun – zumindest finanziell – auf die Füße gefallen. Das war bereits 2013 für die „etablierten Parteien“ absehbar. Denn die Zustimmung für die „großen Volksparteien“ war im Sinkflug. Jedoch ist es das ureigene Interesse der Parteien möglich viele Mandate zu bekommen – egal wie.




Die CDU ist stärkste Partei hat jedoch nur noch 26,8 Prozent der Wählerstimmen erhalten (-7,4 Prozent, zweitstärkste Partei wurde die SPD mit 20,5 Prozent (-5,2 Prozent). Gemeinsam mit ihrer Schwesterpartei CSU (6,2%) wurden hat die CDU 33 Prozent der Stimmen gewonnen, also knapp ein Drittel.
Dennoch hat die CDU 185 von 299 Direktmandaten errungen, was zu einer Menge an Überhangmandaten und somit letztlich auch zu Ausgleichsmandaten führt. Diese Entwicklung war vorauszusehen und sie wurde von den Parteien wohl wissend in Kauf genommen.
Wir kommen so auf sagenhafte 709 Sitze im Bundestag, das sind bei regulären 598 Sitzen 111 Überhang- und Ausgleichmandate. Diese zusätzlichen Sitze kosten den Steuerzahler über die Wahlperiode mehr als 500 Millionen Euro. Nun könnte man sagen dieses Geld sollte uns unsere Demokratie wert sein: Dem stimme ich zu, jedoch nur bedingt.
Die beiden selbsternannten großen Volksparteien verlieren immer mehr an Rückhalt, die kleinen Parteien werden stärker in der Wählergunst und auch neue Parteien kommen oder können hinzukommen.
Somit wäre es durchaus denkbar, dass bei der nächsten oder einer dann folgenden Bundestagswahl eine Partei mit etwa 20 Prozent Wahlsieger sein könnte. Dieser Wahlsieger könnte zudem die Mehrzahl an Direktmandate erringen und es kämen so noch vielmehr Überhang- und Ausgleichmandate zustande. Unser Wahlsystem sollte sich jedoch nicht zu einem Versorgungswerk für Politiker entwickeln.
Daher ist eine Reformation des Wahlsystems dringend erforderlich: Auch um das System an sich demokratischer zu machen. Denn wie bereits gesagt: Der Wähler kann keinen missliebigen Politiker mehr abwählen.
Zur Reformierung des Wahlsystems gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wäre, dass nur noch Kandidaten mit einer absoluten Mehrheit als Direktkandidaten einen Sitz bekommen. Das wären dann nur sehr wenige Kandidaten, wenn überhaupt. Alle anderen Kandidaten könnten ihren Sitz über Listen erhalten. Die Listenkandidaten werden von den Parteien aufgestellt, die Rangfolge jedoch vom Wähler in einer Vorwahl vorgenommen.
Solch ein Wahlsystem könnte das Geklüngel in den Hinterzimmern der Parteizentralen abschaffen und dem Wähler mehr demokratisches Mitspracherecht geben. Wäre das so schlimm? Zudem würde ein solches System sehr viel Geld sparen, denn es würde kaum noch Überhang- und Ausgleichmandate geben.