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In der ganzen Welt ist jeder Politiker sehr für Revolution, für Vernunft und Niederlegung der Waffen – nur beim Feind, ja nicht bei sich selbst.

Hermann Hesse

Die Suche nach dem Garten Eden, dem Paradies: Teil 3

In Genesis 3,17 steht geschrieben: Zur Frau sprach Gott: „Zahlreich will ich deine Beschwerden machen und deine Schwangerschaften. Unter Schmerzen sollst du Kinder gebären. Und doch steht dein Begehren nach deinem Manne, er aber soll herrschen über dich.“

Vertreibung aus dem Paradies
Vertreibung aus dem Paradies, Gemälde von Giovanni di Paolo di Grazia, 1445

Bei der Rolle der Frau in der Gesellschaft und Familie hat sich das Christentum wohl am Judentum orientiert. Auch in der jüdischen Religion spielt die Frau eine untergeordnete Rolle.

Jedoch ist die Rolle der Frau in allen monotheistischen Religionen untergeordnet oder sogar unterdrückt und das seit etwa 3500 Jahren. Genauso alt ist jedoch auch die Gewaltverherrlichung von Mord und Totschlag, so wie es sie in keiner polytheistischen Religion gibt.

Im Alten und neuen Testament gibt es zahlreiche Bibelstellen mit frauenfeindlichen Aussagen aber auch mit gewaltverherrlichenden Schilderungen. Der Islam basiert teilweise auf den Lehren und Schriften aus Judentum und Christentum. Im Koran werden Mann und Frau gleichgestellt, doch weil Mann und Frau verschieden sind hat Gott beiden auch verschiedene Aufgaben zugeteilt. Traditionell wurde daraus dann eine Unterordnung der Frau unter den Mann.

Jedoch möchte ich mich hier nur auf die Rolle der Frau im Christentum einlassen: Der Erbsündefall wurde vom aufstrebenden Christentum rigoros genutzt, um die Vorherrschaft des Mannes zu zementieren.

Das Christentum, das seinen Ursprung im Römischen Reich hatte, begann mit dem römischen Kaiser Konstantin dem Großen im Jahr 313 n. Chr. seinen religiösen Siegeszug, nachdem der Kaiser selber zum Christentum übertrat.

Die Franken, als kulturelle Nachfolger der Römer, machten die Kirche zur Staatsreligion in ihrem Einflussgebiet. Jedoch gab es damals, als im 5. Jahrhundert das Fränkische Reich sich anschickte Europa zu dominieren, auch noch andere Völker: so die germanischen Stämme. Diese hatten keine einheitliche Religion, jedoch waren alle ihre religiösen Riten und Kulte polytheistischer Natur. Von der christlichen Kirche wurden dieser Naturglaube als Heidentum bezeichnet, unterdrückt und unter Strafandrohung verboten.

Bereits die römischen Schriftsteller beschrieben die Stellung der germanischen Frau: „Die Frauen betrachtet ein jeder als die heiligsten Zeugen, und auf ihre Anerkennung legt er den höchsten Wert. Zur Mutter, zur Gattin kommen sie mit ihren Wunden, und ohne Zagen zählen und untersuchen diese Schläge und Stiche; auch bringen sie den Kämpfenden Speise und feuern sie an.“ (Tacitus, Germania). Und weiter formulierte Tacitus: „Manche Schlachtreihe, die schon ins Wanken geraten war und zurückflutete, brachten die Frauen … wieder zum Stehen: Sie bestürmten die Krieger unablässig mit Bitten, hielten ihnen ihre entblößte Brust entgegen und wiesen auf die unmittelbar drohende Gefangenschaft hin, die die Germanen viel leidenschaftlicher für ihre Frauen fürchten. … Den Frauen ist sogar … eine gewisse Heiligkeit und Sehergabe eigen, und deshalb achten die Männer ihren Rat und hören auf ihren Bescheid.“

Gegen diese romantisierende, schriftstellerische, tacitäische Beschreibung sprechen die Ehe und Scheidungsnormen der Leges Alamannorum. Zwar datieren sie deutlich später, dennoch können auch aus ihnen Rückschlüsse auf frühere Rechtsauffassungen gezogen werden. Pactus Alamannorum und Lex Alamannorum sind Bezeichnungen für die alemannischen Rechtsaufzeichnungen des Frühmittelalters. Sie zeigen, besonders im Vergleich des älteren Pactus mit dem jüngeren Lex klar auf, dass Ehescheidung incl. Güterstandsregelungen wahrscheinlich gängig waren. Erst mit der zunehmenden Christianisierung traten sie im Eherecht in den Hintergrund, und das Ehestrafrecht in den Vordergrund.





Dennoch wollen wir nicht von einer Gleichberechtigung reden, die bei den germanischen Stämmen zwischen Mann und Frau herrschte, zumindest nicht nach heutigen europäischen Vorstellungen. Dazu waren zum einen die körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau zu groß. Zudem waren die gesellschaftlichen Normative andere: Es wurde auf Nachkommen, auf Erben gesetzt, und diese zu bekommen, zu versorgen, zu erziehen war Aufgabe der Frauen.

Mit Karl dem Großen wurde auch der letzte germanische Stamm – die Sachsen – unterworfen und die christliche Kirche wurde als Staatsreligion verordnet. Lange Zeit pflegten die Sachsen ihren Naturglauben jedoch weiter, die christliche Kirche war allein Machtinstrument des Königshauses und seiner Vasallen. Dennoch setzte sich der christliche Glaube – erzwungener Maßen – endgültig durch.

Die katholischen Lehren, die auf Altem und Neuen Testament aufbauten, bestimmten im Mittelalter das kulturelle und gesellschaftliche Leben und sie unterstellten die Frau – in besonderer Härte – der Herrschaft des Mannes.

Auch Luthers Reformation brachte diesbezüglich keine Änderung oder Besserung. Im Gegenteil: In den folgenden zwei Jahrhunderten wurden zahlreiche Frauen – vor allem alleinstehende -, als Hexen angeklagt und bestialisch hingerichtet. Gleichberechtigung für Frauen war in einer männerdominierten Gesellschaft kein Thema. Frauen, die im 19. Jahrhundert für ihre Rechte kämpften, wurden zumeist von der Gesellschaft geächtet.

Die protestantische Kirche hat seit einigen Jahrzehnten schrittweise ihre Einstellung geändert, die katholische Kirche jedoch bis heute nicht.

Es ist daher für mich immer wieder erstaunlich, wie angeblich christlich geprägte Politikerinnen in der Öffentlichkeit für Feminismus eintreten, ohne die Rolle ihrer Kirche auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Dennoch haben wir in der Bunderepublik in den letzten Jahrzehnten mächtige Fortschritte in dieser Sache gemacht, obwohl wir noch lange nicht auf der Ziellinie sind. Die Kirche jedoch hat in Sachen Gleichberechtigung noch einen weiten Weg zu absolvieren.

Was die Erbsünde betrifft und deren christliche Auslegung, da war Deutschland vor ca. 100 Jahren schon einmal auf einem guten Weg; doch revanchistische und katholische Kräfte haben letztlich über den Fortschritt den Sieg davon getragen.

Darüber aber demnächst mehr.

 

Die Suche nach dem Garten Eden, dem Paradies: Teil 2

Adam und Eva von Lucas Cranach d. Ä. 1526
Adam und Eva von Lucas Cranach d. Ä. 1526

Die Geschichte vom Garten Eden sowie die Schöpfungsgeschichte sind erwiesenermaßen nicht christlichen und wohl auch nicht jüdischen Ursprungs. Bereits in der babylonischen Mythologie wird von der Erschaffung des Menschen berichtet. Jedoch wurde dort als Hauptgrund des menschlichen Daseins der Anbau von Nahrung für die Götter angegeben. Die Bibel kehrte alles um: Gott schuf die Pflanzen als Nahrung für Menschen und Tiere, die Tiere sollten Gefährten des Menschen sein.

Das Christentum hat die Schöpfungsgeschichte vom Judentum übernommen und kreativ, zum eigenen Vorteil, bearbeitet.

Das Judentum kennt keine Sünden, die vererbt werden können. Deshalb gehen die Sünden von Adam und Eva, die mit ihren Handlungen gegen die Gebote Gottes verstoßen haben, nicht auf die nachfolgenden Menschen über. Im jüdischen Glauben ist der Mensch nur für seine eigenen Sünden verantwortlich.

In den Formulierungen im Buch Mose hingegen wird aus den verbotenen Handlungen von Adam und Eva eine Erbsünde konstruiert. Der ApostelPaulus schrieb in Römer 5,12+18: „Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt…“ und „…durch die Übertretung eines Einzelnen kam es für alle Menschen zur Verurteilung.“ Daraus entwickelte man die Lehre von der Erbsünde, die es in allen westlichen christlichen Traditionen gibt.

In der Spätantike (zu Beginn des 5. Jahrhunderts) entwickelte der einflussreiche Augustinus von Hippo die Lehre der Erbsünde, die im Wesentlichen auf der Interpretation des Apostels Paulus fußte.

Als Bischof und einer der einflussreichsten Kirchenmänner seiner Zeit, lehrte er, dass von der Minderheit, die der Hölle entgehen, nur wenige einer schmerzlichen Läuterung nach dem Tod entrinnen würden. Die Lehre von der Erbsünde wurde in der Folge Bestandteil aller westlichen christlichen Kirchen.

Nachdem sich in der Spätantike sowie im frühen Mittelalter die christliche Kirche über große Teile Europas ausgebreitet hatte, wurde sie zunehmend auch politisch instrumentalisiert. In den folgenden Jahrhunderten vertiefte sich in der Reichskirche die Entfremdung zwischen der östlichen und westlichen Tradition bis zum Bruch.

Die westliche Tradition entwickelte sich in der Spätantike und im frühen Mittelalter im weströmischen Reich, während die östliche Tradition in Konstantinopel, Kleinasien, Syrien und Ägypten entstand (Byzantinisches Reich). Die eigentlich dogmatischen Unterschiede bleiben zwar gering, aber die lateinische Kirche hatte in dieser Zeit Lehren entwickelt, die nicht von ökumenischen Konzilien abgesegnet worden waren (z. B. Erbsündenlehre, Fegefeuer, Filioque, päpstlicher Primat des Papstes). Weitere Unterschiede bestanden seit langem bezüglich politischer Umgebung, Sprache und Fragen des Ritus und der Liturgie. Die Situation spitzte sich im 11. Jahrhundert zu, so dass es 1054 zu einer gegenseitigen Exkommunikation zwischen dem Papst und dem Patriarchen von Konstantinopel kam. Dieses Datum gilt üblicherweise als Beginn des morgenländischen Schismas.

Diese christliche Spaltung setzte mit dem Untergang des römischen Reiches ein. Das neu entstandene weströmische Reich bekannte sich zum Christentum als Staatsreligion. Das daraus hervorgehende Fränkische Reich setzte auf Erbe und Tradition des römischen Reiches.

Das Reich der Franken ging auf mehrere westgermanische Kriegerverbände der Völkerwanderungszeit zurück. Nach dem Untergang Westroms stieg es unter den Dynastien der Merowinger und der Karolinger in drei Jahrhunderten zu einer Großmacht auf, die weite Teile West-, Mittel- und Südeuropas beherrschte. Den Höhepunkt seiner Macht und Ausdehnung erreichte das Frankenreich unter der Herrschaft Karls des Großen (768–814). Nachdem es im 9. Jahrhundert geteilt worden war, entwickelten sich aus der östlichen Reichshälfte das mittelalterliche deutsche Reich, aus der westlichen das spätere Königreich Frankreich.

Mit dem Machtantritt Karls des Großen bekam die Christianisierung eine neue Qualität. Schon zuvor spielte die Kirche bei der Ordnung und Festigung des Reiches eine herausragende Rolle, denn sie verfügte über eine Infrastruktur, die sich über das gesamte Reich erstreckte. Karl gab dem Zusammenspiel zwischen Königtum und Kirche eine neue Qualität. Er forcierte den Prozess der Einbeziehung der Kirche in sein Herrschaftskonzept durch einen massiven Ausbau der klerikalen Infrastruktur im ganzen Reich. Er gründete Klöster, richtete Bistümer ein und verfügte christlichen Religionszwang. Dabei behielt er sich das Rechte vor, alle Bischöfe selbst zu ernennen. Zudem ließ Karl der Kirche die bis dahin umfangreichsten Schenkungen und Vergünstigungen zukommen, die den Reichtum der Kirche wesentlich mitbegründeten.

Unter den Karolingern war aller Grund und Boden im Besitz des Königs. Dieser verlieh ihn in Form von Lehen an Grafen, Fürsten und Herzöge. Diese Lehen waren ursprünglich an die Lebenszeit des Lehensmannes gebunden und endeten mit dessen Tod. Nur das Eigentum der Kirche hatte Bestand.




Es war eine Form der Versorgung adliger Familien, Stifte und Klöster gründeten. Sie sicherten sich die Macht und den Einfluss über diese kirchlichen Güter und konnten damit Familienangehörige versorgen. Es ist also nicht verwunderlich, dass besonders im 9., 10. und 11. Jahrhundert Stifte und Klöster wie Pilze aus dem Boden schossen.

Nachdem sich das Erblehen im 11. Jahrhundert durchzusetzen begann, ließen die Stiftungen und Schenkungen erheblich nach.

Doch zuvor gab es ein Ereignis, dass bis heute von Mythen umwoben und in der Wissenschaft stark umstritten ist: Das Ende des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung. Weil sich zu dieser Zeit die Geburt von Jesus Christus zum tausendsten Mal jährte, gab es die Prophezeiung des Weltunterganges zum Jahreswechsel 999/1000. Der burgundische Mönch Rodulfus Glaber wusste vom Jahr 999 Schreckliches zu berichten: „Die Angst der Menschen war so groß wie nie zuvor. Blutrote Kometen drohten am Himmel … Manch einer glaubte, Heere von Teufeln in den Wolken zu erspähen. Alle außergewöhnlichen Erscheinungen wurden als Zeichen für den nahen Untergang der Welt wahrgenommen. Überall füllten verstörte Christen die Kirchen, verkauften ihr Hab und Gut, bereuten ihre Sünden.“ Und sie spendeten und schenkten angeblich massenhaft der Kirche.

Ob all das wahr ist, lässt sich bis heute schwer beurteilen. Zu spärlich sind die Überlieferungen aus dieser Zeit. Dem Christentum nahestehende Wissenschaftler argumentieren damit, dass damals verschiede Zeitrechnungen verwendet wurden und zudem, dass die einfache Bevölkerung nicht von diesem Jahrtausendwechsel wußten. Andere Wissenschaftler vertreten die These, dass es für die Kirche ein Einfaches war, den angeblichen Weltuntergang zu propagieren und die Menschen für ihre angeblichen Sünden zahlen zu lassen.

Halfsize Traumb. V1

Auf dem Sündenfall, der inhaltlich auf der Erbsünde beruhte gründete sich im Mittelalter die Lehre vom Ablass. Es war ein Konzept der katholischen Theologie, das eng mit den Konzepten von Sünde, Buße, Reue und Vergebung verknüpft und bestens geeignet war, die Kassen der Kirche immer aufs Neue zu füllen. Durch die Praxis der Ablassbriefe sollten den Gläubigen, durch die Zahlung eines Geldbetrag oder von Naturalien, Sündenstrafen im Fegefeuer für sie oder für bereits verstorbene Angehörige erlassen werden.

Dieser immer reger werdenden Ablasshandel, der das einfache Volk ausblutete, war ein Hauptärgernis für Martin Luther und ein wesentlicher Grund für dessen reformatisches Wirken.

 

Mehr demnächst!

Das Uran-Projekt der Nationalsozialisten letzter Teil

Die wirkliche Gefahr, die von diesem Reaktor-Brandfall in Leipzig ausgegangen war, hatte man wohl noch nicht auf dem Schirm. Um jedoch zukünftig derartige Vorfälle auszuschließen, beschloss man bei weiteren Versuchen das Uran-Pulver durch festen Uran-Guss zu ersetzen.

Heisenberg errechnete, dass für eine erste kritische Kettenreaktion etwa zehn Tonnen Guss-Uran und fünf Tonnen schweren Wassers benötigen würden. Die verschiedenen Forschungsgruppen arbeiteten jedoch nicht kooperativ zusammen, sondern eher gegeneinander. Natürlich war einer der Gründe für diese Konkurrenz auch die mangelnde Verfügbarkeit von Uran, schwerem Wasser und natürlich von Geld. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass jeder seine Ergebnisse für sich behielt und dass daher heute nicht alle Forschungsresultate überliefert sind.

Am 23. Oktober 1943 wurde der Physikprofessor Walther Gerlach zum Leiter der Fachsparte Physik im Reichsforschungsrat ernannt und damit Leiter des Uranprojekts. Zum Jahreswechsel übernahm Gerlach auch den Posten als Bevollmächtigter für Kernphysik von Esau, der sich bei der Leitung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und bei Albert Speer unbeliebt gemacht hatte. In der Folgezeit versagte Gerlach die ihm verfügbaren Gelder den Forschungsprojekten mit militärischen Anwendungsbereichen, wie dem Uranprojekt oder den mittlerweile einsetzbaren Teilchenbeschleunigern, und setzte sie stattdessen vor allem für Projekte der Grundlagenforschung ein. Andererseits verhinderte er, dass die deutschen Physiker zum Wehrdienst eingezogen wurden. Gerlach hatte mit seiner finanziellen Verweigerungspolitik einen weiteren großen Stolperstein für das Uranprojekt aufgestellt. Was aus dem Projekt geworden wäre, wenn die Gelder weiter geflossen wären, darüber lässt sich nur spekulieren.



Den Alliierten war zwar schon lange bekannt, dass die Deutschen an militärischen Anwendungen der Kernspaltung – Uranbombe – arbeiteten, was die bereits dargestellte norwegische Schwerwasser-Sabotage zweifelsfrei belegt. Es war den Alliierten jedoch in den ersten Kriegsjahren nicht möglich dagegen vorzugehen. Entsprechende Sabotageakte im Deutschen Reich galten als nicht realisierbar und Luftangriffen waren auf Grund mangelnder Reichweite der Bombenflugzeuge noch nicht möglich.

Mit Beginn des Jahres 1944 änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Die alliierten Bombengeschwader konnten nun fast alle Regionen in Deutschland erreichen. Hinzu kam die zunehmende Schwäche der deutschen Luftwaffe sowie der Luftabwehr.

Kurt Diebner, Wikipedia
Kurt Diebner, Wikipedia

Die Deutschen hatten diese Gefahr jedoch bereits im Herbst 1943 erkannt und einige Forschungseinrichtungen in vermeintlich sicherere Gebiete verlegt: Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik zog nach Hechingen in Südwestdeutschland, deren Chemie-Institut unter Otto Hahn nach Tailfingen. Das Kummersdorfer Forscherteam um Diebner ging nach Stadtilm in Thüringen, die Hamburger Forscher Harteck und Groth zogen mit ihrer Uranzentrifuge erst nach Freiburg, dann nach Celle.

Es half alles nichts! Im Frühjahr 1944 griffen britische Bombengeschwader mehrfach Frankfurt am Main an und zerstörten die Uran-Produktionsanlagen der Degussa-Werke. Im Sommer 1944 wurden auch die Leuna-Werke bombardiert. Daraufhin zeigten auch die I.G. Farben kein Interesse mehr an der Produktion von schwerem Wasser.

Somit war im Sommer 1944 das gesamte Uran-Projekt mangels Uran und schwerem Wasser fast zum Erliegen gekommen.

Jedoch waren einige Physiker, unter ihnen Heisenberg, Bothe und Wirtz in Berlin geblieben. In dem neuen Bunker errichteten sie einen Uranreaktor. Ende 1944 wurde dieser dann von Wirtz mit 1,25 Tonnen Uran und 1,5 Tonnen schwerem Wasser bestückt. Dieser Versuch zeigte eine deutliche Vermehrung der aus einer radioaktiven Neutronenquelle zugeführten Neutronen. Weitere Versuche wurden geplant, Ende Januar 1945 überquerte die Rote Armee jedoch die Oder. Den Physikern wurde der Befehl erteilt, Berlin umgehend zu verlassen. Das Uran und das schwere Wasser wurden zu Diebner nach Stadtilm verbracht und die Physiker gingen nach Hechingen.

Ein weiterer Versuch sollte danach in einem Felsenkeller in Haigerloch bei Hechingen durchgeführt werden. Dazu wurden die Ausrüstungen und Materialien von Stadtilm nach Haigerloch geschafft. Ende Februar 1945 konnte der Forschungsreaktor Haigerloch mit 1,5 Tonnen Uran und der gleichen Menge an schwerem Wasser in Betrieb genommen werden. Die Materialien reichten jedoch nicht aus, um eine kritische Reaktion zu erzeugen. Heisenberg versuchte noch, die letzten Vorräte an Uran und schwerem Wasser aus Stadtilm zu besorgen, doch die Lieferung kam nicht mehr an. Es sollte keine weiteren Versuche mehr folgen.

Bereits 1943 hatten die US-Amerikaner die Alsos-Mission gestartet. Das war der Codename von drei US-Geheimdienst-Missionen, die zwischen Ende 1943 und Ende 1945 im Rahmen des Manhattan-Projektes der USA durchgeführt wurden. Ziel war es, herauszufinden, ob es ein deutsches Projekt zum Bau einer Atombombe gab, und wenn ja, wer die beteiligten Wissenschaftler waren und wie weit die Bemühungen gediehen waren, sowie deren Weiterführung zu verhindern.

Square Pop-Up (250x250)

Am 23. April 1945 erreichte schließlich die Alsos-Mission Haigerloch. Der „Atomkeller“ in Haigerloch, in dem die Versuchsanlage aufgebaut war, wurde demontiert, das zuvor versteckte Uran und schwere Wasser abtransportiert und die beteiligten Wissenschaftler verhaftet.

Ein wichtiger Bestandteil der Alsos-Mission war es, nun auch zu verhindern, dass wissenschaftliches Know-how in die Hände der Sowjetunion fallen würde. Dazu wurde alles was in Verbindung zum Uranprojekt stand und in amerikanische Hände fiel, unverzüglich in die USA verbracht. Zudem wurde versucht aller beteiligten Wissenschaftler habhaft zu werden. Die gefangenen Wissenschaftler wurden auf dem Landsitz Farm Hall in England interniert und mehrere Monate lang verhört (Codename Operation Epsilon).

Das Alsos-Projekt wurde am 15. Oktober 1945 eingestellt. Deutschland wurde bis in die 50er Jahre hinein mit einem Verbot der kernphysikalischen Forschung belegt.