Archiv der Kategorie: Geschichte

Was die Erfahrung und die Geschichte lehren, ist dieses, daß Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Vom Islam und von Sunniten und Schiiten Teil 1

Millionen von Menschen sind im afrikanischen und asiatischen Raum auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung. Es sind schwerpunktmäßig Menschen aus der „Arabischen Welt“, sowie weiteren Ländern mit islamischem Glauben.

Viele von diesen Flüchtlingen haben sich nun Europa als Ziel ihrer Träume auserkoren. Bei weitem nicht alle dieser Menschen sind Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung ihre Länder verlassen. Ein großer Teil dieser Menschen flieht auch vor Elend und Perspektivlosigkeit und ist auf der Suche nach einem neuen, besseren Leben. Wer kann es ihnen verdenken.

Täglich wird uns in allen Medien darüber berichtet und die meisten von uns haben bereits ihre eigenen Erfahrungen mit diesen Flüchtlingen gemacht. Dabei müssen wir feststellen, wie anders diese Menschen sind, wie wenig kulturelle Gemeinsamkeiten wir mit ihnen haben – und umgekehrt.

Wir hören ständig vom Krieg in Syrien, vom Islam und dem Islamischen Staat, von Sunniten, Schiiten und Kurden und wir können uns trotzdem kaum ein Bild daraus machen.

Was wir aus der Schule wissen ist, dass Teile dieser Arabische Welt, also Ägypten, die arabische Halbinsel und das Zweistromland sowie Vorderasien einmal der Nabel der alten Welt waren. Alter Orient wird dieser geografische und zeitliche Raum genannt, in dem sich vor über 10 000 Jahren die ersten Hochkulturen zu entwickeln begannen. Es waren Hochkulturen, über die wir fast ausschließlich durch die Archäologie Kenntnisse haben und die uns faszinieren – wohl weil wir so wenig über sie wissen und weil wir uns ihre außergewöhnlichen kulturellen Leistungen zum Teil nicht erklären können.

Der Begriff „Alter Orient“ ist nicht geophysischer Natur, er ist von den verschiedenen wissenschaftlichen Fachdisziplinen geschaffen worden, um die antiken vorderasiatischen Kulturen von anderen Kulturkreisen abzugrenzen. Daher beschreiben nicht alle Fachdisziplinen und auch nicht alle Wissenschaftler das gleiche geografische Gebiet für den Alten Orient. In der Regel werden jedoch folgende Staaten angeführt: Irak, Syrien, Türkei, Libanon, Jordanien, Iran, Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Jemen, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Katar, teilweise auch Afghanistan, Pakistan und Zypern sowie Armenien, Turkmenistan und Aserbaidschan.

Der Alte Orient brachte im Laufe seiner Jahrtausende langen Geschichte eine Vielzahl von Kulturen hervor, ob diese jedoch auch zu Ethnien wurden, darüber ist die Wissenschaft uneinig. Besonders die Hochkulturen der Sumerer, Babylonier, Assyrer, Hethiter und Perser haben aus dem Kulturraum des Alten Orients Berühmtheit erlangt.

Die letzte altorientalische Hochkultur war das zweite persische Großreich, genannt Sassanidenreich. Dieses Reich erstreckte sich in der Spätantike ungefähr über die Gebiete der heutigen Staaten Iran, Irak, Aserbaidschan, Turkmenistan, Pakistan und Afghanistan sowie einige Randgebiete. Das Sassanidenreich ging mit der Entstehung und Ausdehnung des Islam unter, womit wir nach knapper Vorgeschichte in der arabischen Welt angekommen sind.

Knappe 500 Jahre nach Aufkommen des Christentums, das aus dem Judentum als erste monotheistische Religion hervorging, begannen gemäß arabischer Überlieferung die Anfänge des Islam. Seine Anfänge kamen aus Mekka, das Bestandteil des Sassanidenreiches war. Dieses zweite persische Großreich stand in direkter Rivalität zum späten oströmischen Reich bzw. ab 641 zum byzantinischen Reich.

Die Geschichte des Islams beginnt nach der arabischen Überlieferung mit einem Berufungserlebnis Mohammeds am Berg Hira in der Nähe von Mekka, bei dem er durch den Engel Gabriel einen Verkündigungsauftrag erhielt. Die traditionellen Berichte sprechen davon, dass Mohammed etwa drei Jahre lang die Offenbarungen, die er empfing, nur seiner Familie und einigen wenigen auserwählten Freunden mitteilte. Erst danach, ungefähr im Jahre 613, begann er, auch öffentlich zu predigen. Der einflussreiche Kaufmann Al-Arqam stellte dafür sein Haus, auf dem Hügel Safā in der Nähe der Kaaba, den ersten Anhängern Mohammeds als geheimen Versammlungsort zur Verfügung, und gilt als der Siebente, der den islamischen Glauben annahm (die ersten sechs waren aus Mohammeds Familie).

Jedoch fand der von Mohammed verkündete neue Glaube im damaligen Mekka wenig Anhänger. Mohammeds kompromissloser Monotheismus – aus dem der Islam wurde – stand dem traditionellen Henotheismus gegenüber – einer Sonderform des Polytheismus – und konnte sich nicht durchsetzen.

Einige der Anhänger Mohammeds sahen sich unter dem Druck ihrer Gegner gezwungen, Mekka zu verlassen und in das Aksumitische Reich auszuwandern. So entstand eine erste muslimische Gemeinde außerhalb Arabiens, im Nordosten Afrikas. Das Aksumitische Reich umfasste Teile des heutigen Äthiopien – wo sich seine Hauptstadt Aksum befand; es bestand vermutlich schon im 1. Jahrhundert n. Chr. und ging im 7. Jahrhundert unter.

Nachdem Mohammeds Onkel, ein einflussreicher Clan-Führer in Mekka, verstorben war, bröckelte Mohammeds Autorität stark und er musste sich neue Gefolgsleute suchen. Nach der Überlieferung bekam er im Jahr 620 Kontakt zu einer Gruppe von Männern aus Yathrib, einer Stadt nördlich von Mekka. Etwa zwei Jahre später bekannten sich 73 Männer zum Islam und Mohammed siedelte mit seinen Anhängern nach Yathrib um. Dieser Auszug aus Mekka nach Yathrib, wird als Hidschra bezeichnet und auf den 24.September 622 datiert. Jedoch ist der islamische Kalender ein zwölfmonatiger reiner Mondkalender, der, je nach Mondphase, 10 oder 11 Tage kürzer als unser gregorianischer Sonnenkalender ist. Da der islamische Kalender für die Landwirtschaft nicht brauchbar ist, werden in der islamischen Welt neben Solarkalendern auch noch verschiedene andere Kalender wie der Julianische Kalender, der Koptische Kalender der Rumi-Kalender sowie weitere Kalenderformen genutzt. Der Gregorianische Kalender, der in Europa üblich ist, kommt eher selten zur Anwendung.

Bald nach seiner Ankunft in der Oase schloss Mohammed einen Bündnisvertrag mit der dortigen Bewohnerschaft, die so genannte Gemeindeordnung von Medina. Dieser Vertrag regelt das Bündnis zwischen den Neuankömmlingen aus Mekka sowie deren Unterstützern aus Yathrib. Im zweiten Teil des Vertrages wird das Verhältnis zu den verschiedenen jüdischen Stämmen, die auch in der Stadt lebten, festgeschrieben. Schon bald nach der Unterzeichnung dieses Schriftstücks begann Mohammed neben seiner religiösen auch seine politische und militärische Kariere. Schon bald wurde die Stadt in Medina umbenannt; außerdem kam es zu Konflikten mit den jüdischen Stämmen. Diese wurden daraufhin vertrieben bzw. exekutiert. Binnen kurzer Zeit wurde die Stadt Medina fast ausschließlich von Muslimen bewohnt. Dies war wohl die erste kriegerische Auseinandersetzung zwischen Juden und Muslimen.

Innerhalb kurzer Zeit konnte der Prophet zahlreich Stämme der Region für den Islam gewinnen und mit deren militärischer Unterstützung im Jahr 630 Mekka einnehmen.

Mohemmeds Sieg in Mekka, über den mächtigen Stamm der Quraisch, brachte ihm viel Ruhm und Prestige ein. Der Prophet starb nur zwei Jahre später – 633 – und hatte dennoch in dieser kurzen Zeitspanne fast alle Stämme der arabischen Halbinsel seiner Autorität unterworfen. Nach seinem Tod kam es jedoch bei den arabischen Stämmen zu einer breiten Absetzbewegung, wohl vor allem verursacht durch Gegen- oder Nachahmer-Propheten. Nur mit militärischer Gewalt konnte das Loslösen vom Islam unterbunden werden.

Mohammed hatte seine Offenbarung direkt von Gabriel, dem Erzengel und Boten Gottes erhalten. Somit ist das Fundament des Islams auch das des Christentums, das wiederum an das Judentum angelehnt ist.

Die ersten drei Kalifen (Stellvertreter, Nachfolger des Propheten) betrieben eine breit angelegte islamische Expansion im östlichen Mittelmeerraum, auf der arabischen Halbinsel sowie in Vorderasien.

Und damit sind wir bereits bei den verschiedenen religiösen und politischen Richtungen des Islam angelangt. Im Laufe der Geschichte haben sich innerhalb des Islams zahlreiche Gruppen herausgebildet, die sich hinsichtlich ihrer religiösen und politischen Lehren unterscheiden.

Aber dazu mehr in Teil 2.




The Big Five

Unser Plant Erde ist alt, sehr alt, ca. 4,6 Milliarden Jahre. Das ist ein Zeitraum, der für unser Gehirn kaum fassbar scheint. Gleiches gilt auch für die Entstehung des Lebens auf unserem Heimatplaneten. Es gibt unterschiedliche Theorien, in denen davon ausgegangen wird, das vor etwa 3,8 Milliarden Jahren erste Lebensformen entstanden sein könnten. Das Leben entwickelte sich stetig auf der Erde, mal rasanter, mal weniger rasant. Gegen Ende des Präkambriums entstanden auch mehrzellige Organismen, die zum Teil unter die Vorläufer noch bestehender Organismengruppen gerechnet werden wie Schwämme (Porifera) und Nesseltiere (Cnidaria).

Immer wieder wurde diese evolutionäre Entwicklung jedoch gestoppt oder erhielt zum Teil mächtige Rückschläge. Ursachen dafür waren gravierende Naturereignisse, die zu Massensterben von Arten führten. Dass es diese Ereignisse, die zum Massensterben führte, auf der Erde immer wieder gegeben hat, erkannte als erster der französische Naturforscher Baron Georges Cuvier (1769-1832). Der Paläontologe am Pariser Naturkundemuseum ersann die Theorie, dass es im Laufe der Evolution mehrfach große Naturkatastrophen gegeben hat, in der Lebewesen in großer Zahl vernichtet wurden – teilweise ganze Arten – es jedoch danach immer wieder zu neuen evolutionären Prozessen kam.

Heute, etwa 200 Jahre später, wissen wir, dass die Thesen und Vermutungen von Baron Cuvier zutreffen. Die Geologie, die Paläontologie und andere Wissenschaften haben den Beweis erbracht, dass es zahlreiche Aussterbeereignisse in der Erdgeschichte gegeben hat. Die fünf größten dieser Ereignisse nennt die Wissenschaft „The Big Five“.

Der Erkenntnisgewinn, der mit Baron Cuvier begann, setzte sich zwar über das gesamte 19. und 20. Jahrhundert fort, jedoch hatte die Wissenschaft noch nicht die Möglichkeiten, die gewonnen Erkenntnisse zu evaluieren. Erst als der amerikanische Paläontologe Jack Sepkoski Anfang der 1980er Jahre begann, alle vorhandenen Daten zusammen zu tragen, zu analysieren und in Grafiken darzustellen, wurde das Puzzle zu einem Bild. Inzwischen konnten Forscher auf der ganzen Welt aus versteinerten Fossilien das Werden und Vergehen von Arten nachweisen:

Demnach setzte das erste große Massenaussterben, das sich derzeit nachweisen lässt, vor etwa 444 Mio. Jahren ein. Zwar hatte es wohl bereits etwa 40 Mio. Jahre zuvor ein großes Aussterbeereignis gegeben, bei diesem ordovizischen Ereignis gingen jedoch etwa 50 Prozent aller Arten unter. Da es zu jener Zeit noch keine Landlebewesen gab, beschränkte sich das Artensterben auf die Trilobiten, Conodonten und Armfüßler in den Weltmeeren. Die Thesen zu den Ursachen gehen bisher recht weit auseinander. Zwei Vermutungen bestimmen dennoch die Diskussion: Das erstmalige Auftreten von Landpflanzen, die dem Boden massenhaft wichtige Spurenelemente entzogen und somit zu einer chemischen Bodenverwitterung führten, was wiederum der Atmosphäre CO2 entzog. Die andere These setzt auf eine erdnahe Supernova, die eine radikale Klimaabkühlung bewirkte.

Das zweite Ereignis der „Big Five“ wird in die Zeit des oberen Devon, also vor etwa 360 Mio. Jahren, datiert. Benannt wurde dieses Aussterbeereignis nach einem deutschen Flusstal. Bereits um 1850 entdeckte der Geologe und Botaniker, Bergrat Friedrich Adolf Roemer (1809-1869), im Kellwassertal, einem Nebenflusstal der Oker bei Goslar, einen geologischen Aufschluss, der ihn zu genaueren Untersuchungen veranlasste. Er erkannte in dem geologischen Aufschluss dieser Lokalität die dunklen, meist mergeligen Gesteine als organische Ablagerungen, die nach dem Ort des Auffindens Kellwasser-Kalk genannt wurden. Römer legte mit seinen diesbezüglichen Forschungen und Beschreibungen – insgesamt von mehr als 800 Fossilien identifizierte er – einen bedeutenden Beitrag zur geologischen und paläontologischen Forschung. Dieses Aussterbeereignis wird in der Wissenschaft als Kellwasser-Event bezeichnet. Erneut starben 50 Prozent aller Arten aus, darunter Fische, Korallen und Trilobiten. Es starben auch etliche „Riffbauer“ unter den Korallen, was zur Folge hatte, dass die Zahl der Korallenriffe erheblich abnahm. Das Kellwasser-Event war kein lokales, sondern ein globales Ereignis, wie wir heute wissen. Auch hierfür gibt es über die Ursachen nur Vermutungen: Es wird angenommen das der Sauerstoffgehalt im Wasser sank, was vielen Tieren den Tod brachte. Demnach überlebten nur Tiere, die sich anpassen oder auch Sauerstoff außerhalb des Wassers aufnehmen konnten. Die Zeit der Amphibien war gekommen.

Hundert Millionen Jahre später hatte sich die Land-Fauna und -Flora über die Erde ausgebreitet. Da trat vor etwa 252 Mio. Jahren ein neues Ereignis ein, dem ca. 95 % aller meeresbewohnenden Arten sowie ca. 66 % aller landbewohnenden Arten (Reptilien- und Amphibienarten) zum Opfer fielen. Dieses Artensterben war kein plötzliches, sondern es zog sich über etwa 200 000 Jahre hin. Die Ursachen sind bisher unbekannt – es kann sich jedoch um keine Naturkatastrophe gehandelt haben. Die meisten Wissenschaftler machen heute den sibirischen Trapp verantwortlich. Dabei handelt es sich um eine aus Flutbasalten entstandene Großmagmatische Provinz, bei deren Entstehung große Mengen CO2 freigesetzt wurden, wodurch sich das Klima veränderte. Obwohl bei diesem Ereignis das Leben auf der Erde zu einem Großteil ausgelöscht wurde, ließ sich die Evolution nicht aufhalten. Die damals wohl entstandenen „Treibhausgase“ beeinflussten das Weltklima wohl über mehrere hunderttausend Jahre und stellen die heutigen Debatten weit in den Schatten.

Vor ca. 200 Millionen Jahren, am Ende der Trias, ereignete sich das vierte Event: 50 bis 80 % aller Arten, unter anderen fast alle Landwirbeltiere, starben aus. Wie zuvor, so sind auch hier die Ursachen nicht klar. Die Wissenschaft vermutet einen Zusammenhang mit gewaltigen vulkanischen Aktivitäten und daraus resultierende mächtige Eruptionen. Gewaltige Magmafreisetzungen beim Auseinanderbrechen des globalen Superkontinentes Pangaea könnten die Ursache darstellen, dass riesige Mengen CO2 und Schwefeldioxid in die Atmosphäre gelangten und die großen und flachen Meere durch Schwefelwasserstoffe vergiftet wurden.

Halfsize Traumb. V1

Das letzte Big-Five-Event ist wohl das bekannteste. Es führte unter anderen zum Aussterben der Saurier und ereignete sich vor ca. 66 Millionen Jahren an der Kreide-Paläogen-Grenze (früher Kreide-Tertiär-Grenze genannt). Dieses Massenaussterben, bei dem erneut ca. 50 Prozent aller Tierarten, mit Ausnahme von Vögeln, ausstarben, markiert gleichzeitig den Übergang vom Erdmittelalter zur Erdneuzeit. Als Ursache werden zwei Ereignisse erörtert: Der Einschlag eines Meteoriten nahe der Halbinsel Yucatán und der kontinentale Ausbruch einer Mantel-Plume (Aufstrom heißen Gesteinsmaterials aus dem tieferen Erdmantel) in der Dekkan-Trapp-Region in Vorderindien. Dieses Aussterbe-Event ist auch als KT-Impakt (Kreide-Tertiär-Einschlag) bekannt.

Inzwischen sind einige weitere, kleinere Aussterbe-Ereignisse bekannt, jedoch auch von diesen sind die Ursachen noch nicht bekannt. Alle Ereignisse haben dennoch eines gemeinsam: Sie brachten gravierende Klimaveränderungen mit sich – wohl die eigentlichen Ursachen für die Massensterben. Sämtliche haben tiefe Einschnitte hinterlassen, denen unmittelbar mächtige evolutionäre Aufschwünge folgten.

Teile der Wissenschaft gehen davon aus, dass seit dem Ende der Eiszeit vor 50 000 – 10 000 Jahren durch die damit verbundene Klimaänderung, und daran anschließend bis heute, eine durch den Menschen beschleunigte Klimaveränderung, mit einem 6. Massenaussterben eingesetzt hat. Diese These ist jedoch sehr umstritten und wird heiß diskutiert. Ich halte nichts von dieser These, denn Artensterben und Artenaussterben gab es zu allen Zeiten der evolutionären Entwicklung; an keiner war der Mensch beteiligt. Es lässt sich sogar über die These trefflich streiten, ob die Entwicklung des Menschen ohne die Big Five überhaupt eingesetzt hätte. Unstrittig ist, dass der Mensch teilweise Raubbau mit der Natur betreibt. Dem ist Einhalt zu gebieten und der Mensch hat wohl seine diesbezügliche Verantwortung mittlerweile erkannt. Jedoch von einem 6. Massenaussterben zu reden, halte ich für Populismus und Panikmache gewisser gesellschaftlicher Gruppen. Wir stehen sicherlich vor großen Herausforderungen, was Umwelt- und Naturschutz betrifft, aber wir werden diese bewältigen. Gegen globale Naturkatastrophen hingegen, die uns jederzeit treffen können, sind wir völlig machtlos.




Die Erfindung des Drahtseils

Zahlreiche Jahrhunderte lang war der Bergbau Haupterwerbszweig im Harz. Zeitweise war dieses kleine Mittelgebirge das größte Bergbaugebiet der Welt. Insbesondere die verschiedensten Erze wurden dort gewonnen und brachten den Harzer Ortschaften Arbeit und Wohlstand. Die oberflächennahen Erzvorkommen wurden jedoch zunehmend weniger, die Schächte und Stollen mussten daher immer tiefer ins Gebirge getrieben werden. Neue Techniken und Technologien mussten eingesetzt werden um diese Herausforderungen zu lösen. Das verursachte Kosten, die die Wirtschaftlichkeit des Harzer Bergbaus stark belasteten.

Ein bedeutender Kostenfaktor in der Zeit um 1800 waren zudem die Seile. Die Bergwerke des Oberharzer Bergbaus hatten in dieser Zeit Teufen (Tiefen) von 500 bis 600 Metern erreicht. Seinerzeit waren dies die tiefsten Bergwerke der Welt. Üblich war es, dass die Bergmänner das Ein- und Ausfahren über die Fahrten (Leitern) vornehmen mussten. Eine wahre Quälerei, die zudem sehr viel Zeit und Kraft in Anspruch nahm und zudem zahlreiche Opfer forderte. Unter diesen Bedingungen benötigte ein Bergmann eine Stunde für das Einfahren und zwei Stunden für das Ausfahren. Es wurde daher nach technischen Alternativen und Neuerungen gesucht.

In den 1820er Jahren war der in Hannover gebürtige Wilhelm August Julius Albert (1787-1846) Oberbergrat im Clausthaler Revier. Zusammen mit Berghauptmann von Reden beauftragte er 1833 den Berggeschworenen Georg Ludwig Dörell, ein vom Kunstjungen Lichtenberg konstruiertes Modell einer Fahrkunst im Spiegelthaler Hoffnungs-Richtschacht in der Praxis zu erproben und für den harten Bergwerkseinsatz weiter zu entwickeln. Dörells Erprobung und Entwicklung verlief erfolgreich und wurde fortan in allen Harzer Bergwerken eingesetzt und fand schon bald in ganz Europa Verbreitung. Dörell hatte an einem, von Wasserkraft angetriebenen drehenden Rad exzentrisch eine Stange befestigt, die die Drehbewegung in eine schwingende Längsbewegung übersetzte: das Kunstgestänge. Diese Stange betätigte das Kunstkreuz (eine Art Wippe), an dessen Schenkelenden zwei lange Stangen bzw. leiterähnliche Vorrichtungen befestigt waren, die in den Schacht hinunterragten. Das Kunstkreuz sorgte dafür, dass wenn sich das Rad drehte, sich zunächst die eine Stange im Schacht hob, während sich die andere senkte. Nach einer halben Umdrehung des Rades kehrte sich die Bewegung der Stangen um; nun senkte sich die erste und die zweite hob sich. Durch Umsteigen zwischen den beiden Stangen nach jeweils einer halben Raddrehung konnte der Bergmann also entweder in den Schacht ein- oder aus ihm ausfahren.

In den 1820er Jahren war der in Hannover gebürtige Wilhelm August Julius Albert (1787-1846) Oberbergrat im Clausthaler Revier. Zusammen mit Berghauptmann von Reden beauftragte er 1833 den Berggeschworenen Georg Ludwig Dörell, ein vom Kunstjungen Lichtenberg konstruiertes Modell einer Fahrkunst im Spiegelthaler Hoffnungs-Richtschacht in der Praxis zu erproben und für den harten Bergwerkseinsatz weiter zu entwickeln. Dörells Erprobung und Entwicklung verlief erfolgreich und wurde fortan in allen Harzer Bergwerken eingesetzt und fand schon bald in ganz Europa Verbreitung. Dörell hatte an einem, von Wasserkraft angetriebenen drehenden Rad exzentrisch eine Stange befestigt, die die Drehbewegung in eine schwingende Längsbewegung übersetzte: das Kunstgestänge. Diese Stange betätigte das Kunstkreuz (eine Art Wippe), an dessen Schenkelenden zwei lange Stangen bzw. leiterähnliche Vorrichtungen befestigt waren, die in den Schacht hinunterragten. Das Kunstkreuz sorgte dafür, dass wenn sich das Rad drehte, sich zunächst die eine Stange im Schacht hob, während sich die andere senkte. Nach einer halben Umdrehung des Rades kehrte sich die Bewegung der Stangen um; nun senkte sich die erste und die zweite hob sich. Durch Umsteigen zwischen den beiden Stangen nach jeweils einer halben Raddrehung konnte der Bergmann also entweder in den Schacht ein- oder aus ihm ausfahren.

Die Fahrkunst, als deren Erfinder Dörell gilt, war für den Bergbau eine technische Sensation. Dennoch bestand das Problem mit den Hanfseilen weiterhin. Diese waren den anstehenden Belastungen einfach nicht mehr gewachsen. Daher setzte man sogenannte Harzer Kettenseile ein. Diese Kettenseile waren verschleißfester, hatten aber ein riesiges Gewicht. So war das Gewicht eines Kettenseiles von 400 m Länge fünfmal so groß wie das einer erzgefüllten Lore.

Dieses Problems nahm sich Oberbergrat Julius Albert an. Albert hatte an der Universität Göttingen Rechtswissenschaften und Bergbau studiert. Bei letzterem waren ihm auch umfangreiche naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse vermittelt worden. Er erkannte, dass auch die Ketten den starken Dauerbeanspruchen nicht gewachsen waren, diese führten zu Materialermüdung wodurch die Ketten rissen. Albert begann Maschinen zu entwickeln und zu bauen, auf denen diese Belastungen simuliert werden konnten. Somit begann er bereits vor dem Ingenieur und Materialforscher August Wöhler (1819-1914) sich der Materialforschung der Werkstoffe Eisen und Stahl zu widmen.

Dem Oberbergrat Julius Albert gelang es, gemeinsam mit dem Bergschmied Mummenthey, nach vielen Versuchen, Experimenten und Berechnungen das erste Drahtseil aus Eisen herzustellen. Aus drei Litzen zu je vier Drähten aus Schmiedeeisen mit einem Durchmesser von je 3,5 mm, drehten die beiden Erfinder ein Seil, das sechsmal mehr Tragkraft hatte als ein Hanfseil und viermal mehr als ein Kettenseil, welches zudem achtmal schwerer war als das Drahtseil. Ein Drahtseil aus parallel liegenden Drähten wurde bereits vom französischen Ingenieur Marc Seguin für seine ab 1823 gebauten Hängebrücken verwendet. Die besondere Leistung Alberts bestand darin, dass er das geschlagene Drahtseil erfand und zudem auch gleich die zur Herstellung der Seile erforderliche Verseilmaschine zum Verdrillen der einzelnen Drähte konstruierte und baute. Das war im Jahr 1834, welches als Geburtsjahr des Drahtseiles angesehen wird. Nach einer erfolgreichen Erprobung auf der Grube Caroline fand das „Albert-Geflecht“ schnell im in- und ausländischen Bergwerk und auch darüber hinaus Verbreitung. Das von Albert erfundene Drahtseil war im sogenannten Gleichschlag hergestellt; hierbei sind die Litzen in die gleiche Richtung zum Seil geschlagen. Später wurde dann die Kreuzschlag-Verseiltechnik entwickelt, in der heute die Mehrzahl aller Stahlseile hergestellt wird.

Bei Kreuzschlagseilen treten äußere Drahtbrüche meistens früher auf als bei Gleichschlagseilen, was einen großen Zugewinn an Sicherheit bedeutet. Denn nur, wenn sich die zunehmende Seilschädigung durch äußere Drahtbrüche darstellt, kann ein Drahtseil rechtzeitig ausgetauscht werden.