Über die Rolle der Frau im Islam gibt es im Westen viele Vorurteile und reichlich Unwissen. Jedoch ist deren Rolle selbst im islamischen Kulturkreis bei weitem nicht eindeutig geregelt, wie ich nachfolgend aufzeigen möchte.
Der Koran, die heilige Schrift des Islam, besagt, dass Männer und Frauen vor Gott gleich und somit gleichberechtigt sind. Doch zahlreiche Passagen des Koran widersprechen dieser Aussage in sich. Vor allem werden durch die körperliche Unterschiedlichkeit von Mann und Frau die Aufgaben der Geschlechter verschieden definiert. Nach der Lehre des Koran ergeben die Rechte des einen daher auch die Pflichten des anderen und umgekehrt. Der Mann ist im Islam verpflichtet, allein für den Unterhalt für Frau und Familie zu sorgen. Auch ist er vor Gott verantwortlich für das Wohlergehen seiner Familie. Aus diesem Zusammenhang heraus ist im Islam auch das Erbrecht für Frauen und Männer verschieden. Frauen erben nur die Hälfte des Anteils eines Mannes, denn der muss die Familie versorgen. Hingegen müssen Frauen, sofern sie eigenes Geld verdienen, dieses nicht für die Familie einsetzen.
Eine Familie braucht Führung, jemand muss Entscheidungen treffen und das obliegt im Islam dem Mann, denn er ist der Stärkere und zudem trägt er die Verantwortung. Der Frau hingegen obliegt es den Mann zu beraten und zu unterstützen, um möglichst gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Die Frau ist die Person, die die Kinder empfängt, in sich trägt, gebiert und letztlich erzieht – sie ist also für das Kindeswohl verantwortlich. Besonders das Stillen der Kinder, falls das möglich ist, hat im Islam einen besonders hohen Stellenwert und wird sogar im Koran hervorgehoben, es führt zu einer besonders engen Beziehung. Dafür kann die Mutter vom Vater sogar eine finanzielle Entschädigung verlangen.
Bei den religiösen Pflichten im Islam sind beide Geschlechter gleichermaßen gefordert, jedoch gibt es für die Frau auf Grund ihrer körperlichen Unterschiede gewisse Erleichterungen.
Der Mann hat jedoch Rechte im Islam, die man der Frau nicht einräumt. So darf ein Mann mehrere Frauen heiraten, er muss sie aber sowohl finanziell versorgen als auch gerecht und gleichbehandeln. Frauen hingegen dürfen nicht gleichzeitig mehrere Männer haben, jedoch können sie selbst entscheiden wann und wen sie heiraten, dennoch trifft dazu häufig das Oberhaupt der Familie – also der Vater – die endgültige Entscheidung.
Bei einer islamischen Heirat ist eine Brautgabe üblich. Damit ist nicht verbunden, dass die Braut verkauft wird: Dieser Brautpreis soll der Braut zu Gute kommen, ähnlich der früher üblichen „Aussteuer“ im Christentum. Auch kann sich eine Frau von ihrem Ehemann scheiden lassen und kann sogar von ihrem Mann eine Entschädigung fordern. Ähnlich dem Christentum ist im Islam die Ehe und Familie als kleinste Einheit der Gesellschaft besonders geschützt. Jedoch ist es der muslimischen Frau untersagt einen Angehörigen einer anderen Religion zu heiraten, auch muslimische Männer sollen keine Frauen anderer Religionen heiraten (2:221).
Diese Regel, wie auch zahlreiche andere, werden jedoch in den verschiedenen islamischen Ländern unterschiedlich ausgelegt – dennoch gehören sie zum Islam, denn sie werden in der überwiegenden Zahl praktiziert.
Ein häufig kontrovers diskutiertes Thema ist das Schlagen „Züchtigen“ von Frauen. Die entsprechende Koranstelle hierzu lautet: „Und jene (Frauen), deren Widerspenstigkeit ihr befürchtet: ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! Wenn sie euch dann gehorchen, so sucht gegen sie keine Ausrede.“ (4:34). Der Islam ist der Auffassung, dass dieses Thema im Westen mit Vorurteilen belastet ist – lässt die Aussage des Koran jedoch überhaupt unterschiedliche Deutungen zu?
Auch sehr kontrovers wird das Tragen von Kopftüchern – bis hin zur Vollverschleierung – betrachtet. Dabei ist das Kopftuch nur ein Teil der islamischen Bekleidungsvorschriften, die ebenfalls sehr unterschiedlich ausgelegt werden. Grundsätzlich sollte Kleidung getragen werden, die den Körper in der Weise bedeckt, dass die Figur nicht sichtbar wird. Sinn dieser Bekleidung ist es, nicht das Interesse des anderen Geschlechtes zu wecken. Da die Haare einer Frau für ihr Aussehen eine bedeutende Rolle spielen – was durchaus das sexuelle Interesse von Männern wecken kann – gilt es für Frauen, ein Kopftuch zu tragen. Grundlage für diese Regelungen ist die Koranstelle 24:31 sowie ein Ausspruch des Propheten Mohammed, nach dem von einer Frau nichts außer Gesicht und Händen zu sehen sein soll. Die Auslegung der islamischen Bekleidungsregeln ist am augenscheinlichsten und wird besonders in Saudi-Arabien, Iran und auch in Afghanistan sehr streng gehandhabt. Zudem dürfen Frauen dort nicht Auto- und Fahrradfahren sowie Sportveranstaltungen besuchen. Die Bekleidungsregeln bei Frauen gelten jedoch nur gegenüber fremden Männern, innerhalb der Familie müssen sie nicht eingehalten werden.
Auch die Bildung, Berufserlernung und -ausübung für Frauen wird im Islam sehr unterschiedlich gehandhabt. Laut Propheten hat jeder Muslim, Mann wie Frau, die Pflicht nach Bildung und Wissen zu streben. Da der Mann jedoch die Verpflichtung hat, für seine Frau und die Familie zu sorgen, kann er seiner Frau auch die Berufsausübung untersagen. Im Islam sind Religion und Tradition eng verknüpft, was dazu führt, dass die fehlende oder mangelhafte Ausbildung vieler Frauen nicht auf die Religion zurückgeführt wird, sondern auf die Tradition – was aber am Resultat nichts ändert.
Eine Sache der Auslegung ist auch die Zeugenaussage einer Frau im islamischen Recht. Koranvers 2:282 gibt darüber Auskunft: „Und lasset zwei Zeugen unter euren Männern es bezeugen, und wenn es keine zwei Männer gibt, dann sollen es bezeugen ein Mann und zwei Frauen von denen, die euch als Zeugen geeignet erscheinen, damit, wenn sich die eine der beiden irrt, die andere von ihnen daran erinnert.“ Oftmals zählt daher die einzelne Zeugenaussage einer Frau im islamischen Recht nicht, jedoch interpretieren die Gelehrten diesen Vers zum Teil sehr unterschiedlich.
Auf Tradition und nicht auf islamisches Recht berufen sich auch zahlreiche Gelehrte sowie eine Anzahl von Staaten bei der Wahl des Gebetsortes. Kern dieser Frage ist: Darf eine Frau eine Moschee aufsuchen oder nicht? Der Prophet sagt dazu, dass der Mann die Frau nicht am Besuch hindern darf. Dennoch gehen in den meisten islamischen Ländern Frauen nur sehr selten in Moscheen oder der Zutritt ist ihnen sogar ganz verwehrt.
Was die Partnerschaft sowie sexuelle Beziehungen zwischen den Geschlechtern betrifft, so lehnt der Islam jede Form intimer Beziehungen außerhalb der Ehe ab. Dies gilt für Frauen als auch für Männer. Dieses ganz spezielle Thema ist im Islam ein sehr heikles. Zu zahlreichen Fragen gibt es kaum zufriedenstellende Antworten. Viele Geistliche lehnen zudem homosexuelle Partnerschaften komplett ab, teilweise stehen solche unter Strafe. Auch Prostitution ist verboten: dennoch gibt es Schwule und Lesben und auch Prostituierte im Islam – wohl aber nur im Verborgenen und außerhalb von Recht, Ordnung und Religion. Allerdings werden zwischen Männern und Frauen erhebliche Unterscheidungen gemacht. Frauen, die vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten sind in der Regel aus der Gemeinschaft ausgestoßen, es ist äußerst schwer, dass sie einen Ehemann finden, wenn diese Tatsache bekannt ist – daher sind alle Mittel Recht um dies zu verheimlichen.
Bezüglich sportlicher Aktivitäten widerspricht sich der Islam selbst. Es heißt dazu, jede Art von sportlicher Betätigung ist erlaubt und erwünscht. Dann folgt jedoch schon die Einschränkung: Dabei dürfen aber die Grundregeln des Islam und insbesondere die Bekleidungsregeln nicht verletzt werden. Wie bitte soll Sport mit einer Ganzkörperverhüllung funktionieren?
Auch die Arztwahl stellt für muslimische Frauen einen Spagat dar, was insbesondere für ein Leben in Ländern der westlichen Welt gilt. Grundsätzlich sollte eine muslimische Frau zur Wahrung ihrer „Würde und Scham“ von einer Ärztin behandeln lassen, zu bevorzugen sind dabei muslimische Ärztinen. Nur Notsituationen lassen von dieser Regel Ausnahmen zu.
Kommen wir abschließend zu diesem Kapitel zur Religion des Islam. Zur Glaubensfreiheit: Diese bedeutet im Islam nach islamischem Recht die Freiheit der Muslime, ihren Glauben auszuüben sowie die Freiheit aller, den Islam anzunehmen. Jedoch ist jedes von einer Muslimin geborenes Kind automatisch dem islamischen Glauben zugehörig. Muslime besitzen nicht das Recht, die islamische Religion aufzugeben und zu einer anderen Religion zu konvertieren. Das islamische Recht kennt für Muslime keine Religionsfreiheit und sie anerkennt auch nicht den Anspruch, keiner Religion anzugehören. Gemäß dieser Rechtsauffassung sind Kinder, die aus Ehen zwischen einer Muslimin und einem Mann anderer Religion, automatisch dem muslimischen Glauben verpflichtet.
Demnächst: Reinheitsauffassungen des Islam