Archiv für den Monat: März 2017

Große Entdecker und Erfinder – Kokainentdecker Albert Niemann

In loser Folge möchte ich in nächster Zeit einige bedeutende deutsche Entdecker, Erfinder und Ingenieure vorstellen, deren Leistungen wir zwar alle kennen, die uns jedoch als Persönlichkeiten weitgehend unbekannt geblieben sind.
Wir jubeln Künstlern zu, Dichtern und Schriftstellern, mitunter auch religiösen Führern oder Politikern. Doch wer bejubelt schon Entdecker, Erfinder oder Ingenieure? Bereits seit Beginn der Industriellen Revolution weisen Technikphilosophen auf die Bedeutung von Entdeckertum und Ingenieurkunst hin, geändert hat sich jedoch bis heute nicht viel.

Albert Niemann – der Kokainentdecker
Schon bei den frühen Entdeckungsreisen, über den Altlantik, nach Südamerika wurden Entdecker auf den Cocastrauch aufmerksam. Die Einheimischen kauten die Blätter des Strauches. Für sie waren die Blätter Genussmittel und Nahrungsergänzungsmittel zugleich, zudem wurden sie für kultische und medizinische Zwecke genutzt.
Die ersten Cocasträucher kamen 1750 aus Südamerika nach Europa. Die Wirkung der Blätter faszinierte, jedoch war die Chemie noch nicht in der Lage die Wirkstoffe zu analysieren. Das tat als erster Albert Niemann im Jahr 1859/60.
Albert Friedrich Emil Niemann wurde am 20.Mai 1834 als Sohn eines Lehrers in Goslar geboren. 1849 wurde er Lehrling in der Göttinger Ratsapotheke. Nach Abschluss seiner Lehre begann Niemann 1852 an der Universität Göttingen Pharmazie und Botanik zu studieren. Zudem besuchte er Vorlesungen zur Chemie bei Prof. Dr. Friedrich Wöhler. Um seine Studien zu finanzieren arbeitete er bis 1858 in der Krankenhausapotheke in Linden bei Hannover. In jenem Jahr begann Albert Niemann auch sein pharmazeutisches Staatsexamen an der Universität Göttingen abzulegen. Dazu besuchte er auch Vorlesungen in Physik und Mineralogie. Zudem erhielt er die Möglichkeit als Assistent im Labor von Prof. Wöhler tätig zu sein.
Der österreichische Abenteurer Karl von Scherzer brachte 1859 von der Novara-Expedition auf Bitten Wöhlers einen Ballen Kokablätter nach Göttingen mit. Die Novara-Expedition (1857–59) war die erste und einzige groß angelegte Weltumsegelungsmission der Kaiserlich Österreichischen Kriegsmarine. Weltweit bekannt wurde sie durch die später als Bestseller in mehreren Sprachen veröffentlichten Berichte über die wissenschaftliche Ausbeute der Reise.

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Bedingt durch sein Studium der Pharmazie und Botanik begann sich Niemann für die Cokablätter zu interessieren. Er isolierte 1860 als erster das Kokain in kristalliner Form aus diesen Kokablättern und gab ihm seinen Namen. Bei genaueren Untersuchungen stellte er unter anderem fest, dass es bei 98 °C schmilzt und beim weiteren Erhitzen in Salz- und Benzoesäure sowie Methanol und Ekgonin zerfällt.

Albert Niemann konnte seine Untersuchungen nicht vollenden und musste schwerkrank zu seiner Familie nach Goslar zurückkehren, wo er kurze Zeit später mit nur 26 Jahren am 19.01.1861 verstarb. Wahrscheinliche Todesursache war eine Vergiftung mit Senfgas, mit dessen Erforschung sich Niemann vor seinen Kokain-Studien intensiv beschäftigt hatte. In seiner Arbeit „Ueber die Einwirkung des braunen Chlorschwefels auf Elaylgas“ beschreibt er ein „dem Meerettichöl gleichendes und mit einem ähnlichen, wenn nicht so heftigen penetranten Geruch begabtes Öl“. Wahrscheinlich handelt es sich um Dichlordiäthysulfid, eine hochgiftige Substanz. Niemann erforschte und beschrieb diese Substanz und wurde auch ihr erstes Opfer, bevor sie als Senfgas (chemisches Kampfmittel) im 1. Weltkrieg eingesetzt wurde und tausenden Soldaten das Leben kostete.

Nach seinem Tod führte sein Kollege Wilhelm Lossen (1838–1906) seine Arbeiten weiter und bestimmte 1862 die Summenformel des Kokains C17H21NO4. Im 1879 Jahr entdeckte Vassili von Anrep (1852–1927) an der Universität Würzburg die schmerzstillende Wirkung des Kokains. Um 1884 kam es als lokales Anästhetikum in Deutschland in klinischen Gebrauch. ungefähr zur selben Zeit, als Sigmund Freud über dessen Wirkungen in seinem Werk über Coca schrieb: „Die psychische Wirkung des Cocainum mur. in Dosen von 0,05 bis 0,10 Gramm besteht in einer Aufheiterung und anhaltenden Euphorie, die sich von der normalen Euphorie des gesunden Menschen in gar nichts unterscheidet. Es fehlt gänzlich das Alterationsgefühl, das die Aufheiterung durch Alkohol begleitet, es fehlt auch der für die Alkoholwirkung charakteristische Drang zur sofortigen Betätigung. Man fühlt eine Zunahme der Selbstbeherrschung, fühlt sich lebenskräftiger und arbeitsfähiger; aber wenn man arbeitet, vermisst man auch die durch Alkohol, Tee oder Kaffee hervorgerufene edle Excitation und Steigerung der geistigen Kräfte. Man ist eben einfach normal und hat bald Mühe, sich zu glauben, dass man unter irgendwelcher Einwirkung steht.“
In den folgenden Jahrzehnten fand Kokain Eingang in zahlreiche medizinische Anwendungen. In der ersten Rezeptur des Erfrischungsgetränks Coca-Cola war bis 1906 einen Extrakt aus Cocablättern (und erhielt so seinen Namen) enthalten, sodass ein Liter Coca-Cola rund 250 Milligramm Kokain enthielt. Auch heute enthält Coca-Cola noch – allerdings nichtalkaloide – Inhaltsstoffe der Cocablätter. Auch sonst war Kokaingebrauch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Europa weit verbreitet und legal. Die Gefährlichkeit der Substanz wurde nur allmählich erkannt, denn Kokain ist eine Rauschdroge mit hohem psychischen aber keinem physischen Abhängigkeitspotenzial.




Transatlantischer Zankapfel

Seit zwei Wochen herrscht weitgehend Ruhe in der Politik und den Medien in Deutschland, was die Führung der Amtsgeschäfte von US-Präsidenten Trump angeht. Wir haben einen neuen Aufreger, der die Schlagzeilen füllt – die Türkei mit Präsident Erdogan. Und auch Präsident Trump hat seine rüden Töne gegen das Ausland und besonders gegen Deutschland anscheinend etwas zurückgefahren.
Es hat den Anschein, als wenn Trump durchaus eine gut durchdachte Strategie hat, auch wenn ihm dass die meisten deutschen Politiker und Meinungsbildner nicht zugestehen wollen: Zunächst harte Kante fahren, die eigenen Positionen unmissverständlich zur Kenntnis geben, um dann seinen entsprechenden Verhandlungspartnern die Möglichkeit zu geben, seinen Forderungen entgegen zu kommen. Keine klassische politische Diplomatie, jedoch eine in der Wirtschaft nicht unübliche Verhandlungstaktik.
Der Zankapfel für das deutsch-amerikanische Verhältnis hat einen Namen: deutsche Exportüberschüsse. Mit dieser Kritik stehen zudem die US-Amerikaner nicht allein, auch der IWF sowie die EU-Kommission drängen Deutschland umzusteuern. Natürlich ist es überspitzt, wenn die deutschen Überschüsse als Problem der Weltwirtschaft dargestellt werden. Auch, obwohl die deutsche Wirtschaft zu den stärksten der Welt zählt und sie den Exportweltmeistertitel 2016 von China zurückerobert hat. Im Jahr 2016 hat die deutsche Wirtschaft Waren im Gesamtwert von 1,2075 Billionen Euro ausgeführt, eingeführt wurden hingegen Waren im Wert von 955 Milliarden Euro. Beides sind absolute Rekordwerte und dennoch herrscht ein erhebliches Ungleichgewicht in Richtung Exportüberschüsse. Und diese kritisiert Donald Trump besonders stark, denn die USA haben seit Jahren ein Handelsbilanzdefizit in entgegengesetzter Richtung; im Jahr 2016 belief sich dieses auf 502 Milliarden Dollar. Er vertritt die Meinung, Deutschland saniert und bereichert sich auf Kosten anderer, besonders der USA.
Die bundesdeutsche Wirtschaft ist Überschussweltmeister, kein anders Land der Welt erzielt im Verhältnis zwischen Einfuhren und Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen einen solches Plus bei den Exporten. Das ist gut für Deutschland jedoch schlecht für die USA mit ihrem Außenhandelsdefizit. So sieht es jedenfalls die neue amerikanische Regierung und legt nach: Die Überschüsse lege Deutschland in den USA an und trage damit sogar zur Immobilienblase bei. Zudem ginge der mit dem Exportüberschuss verbundene deutsche Beschäftigungsboom zu Lasten der US-Arbeiter.
Nichts davon ist zutreffend. Im Gegenteil: Deutsche Firmen beschäftigen in den USA geschätzte 700 000 Arbeitnehmer und sie investieren zudem kräftig in Werke in den USA.
Dennoch will Trump mehr industrielle Wertschöpfung in den USA. Diese Ziele will er durch Abschottung und Einfuhrsteuern erreichen. Die eigenen Exporte hingegen will er verbilligen. Ich denke nicht, dass ein solcher Ansatz Erfolg haben kann. Zwar sind auf diese Weise Importe einzuschränken, Exporte können so jedoch kaum erhöht werden.
Exporte zu erhöhen ist keine Frage von Importbeschränkungen, sondern von der Produktion international nachgefragter Waren. Und da haben die USA den vergangenen Jahrzehnten wohl den Anschluss etwas verpasst. Wer will beispielsweise amerikanische Autos kaufen? Auch die Fertigung von Anlagen, Maschinen und Werkzeugen wurde in den USA stark vernachlässigt. Nun wird versucht, das eigene Versagen auf andere abzuschieben, so wie es heute leider häufig die Praxis ist. Die USA haben zwar viele Hightec- und IT-Firmen, doch Google, Facebook, Microsoft und Co. schaffen keine Produktionsarbeitsplätze. Mit dieser Wirtschaftskonstellation geht der Niedergang der amerikanischen Arbeiterklasse einher.
Das der deutsche Exportüberschuss in Amerika und auch um EU-Raum für Kritik sorgt ist dennoch verständlich, denn ein großer Teil der deutschen Exporte geht in diese Wirtschaftszonen. Diese Länder finanzieren die deutschen Waren teilweise mit Schulden. In politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten besteht dann für beide Seiten ein erhebliches Ausfallrisiko.
Deutschland profitiert von seinen Stärken im Automobilbau, im Anlagenbau, im Maschinen- und Werkzeugbau sowie weiterer Branchen. Für die Exporte in die USA kommt der schwache Euro als Verkaufsargument hinzu. Für das internationale Interesse an deutschen Qualitätswaren kann man Deutschland wohl nicht kritisieren, genauso wenig für den niedrigen Euro-Kurs, da besteht kein Grund für Manipulationsvorwürfe.




Es wird zudem die Binnennachfrage in Deutschland beanstandet. Es ist nicht zu bestreiten, dass die Bundesregierung einen gewissen Sparkurs fährt, wenn man den Verzicht auf weitere Neuverschuldungen dafür ansieht. Nur ist die Staatenverschuldung das eigentliche weltweite Problem der Wirtschaft und auch der Staaten selbst. Doch es muss immer ein Schuldiger her, um das eigene Versagen zu kaschieren. Es ist schließlich nicht von der Hand zu weisen, dass die BRD 2016 auch einen neuen Importrekord aufgestellt hat und dass zudem der Bundeshaushalt der höchste seiner Geschichte war.
Doch für Trump und seine Regierung zählen keine Argumente, mögen sie auch noch so überzeugend sein. Schließlich zwingt Deutschland kein Land, Waren „Made in Germany“ zu kaufen. Zudem ist die Binnennachfrage nicht auf Knopfdruck zu erhöhen. Die Deutschen sind halt sparsam und da die Zeiten nicht einfach sind, lassen sie sich höchstens durch besonders qualitative Angebote verleiten Geld auszugeben und dazu zählen beispielsweise amerikanische Autos nicht. Eine gesteigerte Binnennachfrage in Deutschland sowie eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen kann zwar helfen die Handelsbilanz weiter auszugleichen, eine Garantie für amerikanische Exporte sind diese Maßnahmen dennoch nicht.
Es gibt da ein altes Sprichwort: Neid muss man sich verdienen, Mitleid bekommt man hingegen geschenkt. Ich bin mir jedoch inzwischen sicher, dass Präsident Trump mit seiner verbalen Exportschelte an Deutschland sich nur eine gesicherte, starke Verhandlungsposition schaffen will, denn auch er weiß sicherlich, dass eine Politik der Abschottung den USA nicht helfen kann.
Dieser transatlantische Zankapfel ist also sicherlich keiner Dauerbrenner und nach entsprechenden Verhandlungen werden sich beide Seiten als Sieger präsentieren.

Soziale Gerechtigkeit – made bei Martin Schulz

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sein Wahlkampfthema gefunden: Soziale Gerechtigkeit. Und seine Partei, die SPD, identifiziert sich geschlossen mit diesem Thema, ist es doch ein Grundsatzthema der Sozialdemokraten.
Soziale Gerechtigkeit ist ein Thema, dass viele Bürger umtreibt: zu Recht. Dennoch wird dieser Begriff politisch allzu gern populistisch inszeniert. Das ist recht einfach möglich, den für soziale Gerechtigkeit gibt es keine feststehende Definition. Im Wesentlichen versteht man darunter die faire oder gerechte Verteilung sowie den Zugang zu Rechten, Perspektiven und Ressourcen. Inhaltlich gehen die Auffassungen jedoch sehr weit auseinander, mitunter sogar in derselben politischen Gruppierung.
Immer aufs Neue werden Reichensteuern, Erbschaftssteuern, Steuergerechtigkeit, soziale Absicherung und auch Chancengleichheit auf das politische Podest gehoben.
Sicherlich haben wir in Deutschland keine soziale Gerechtigkeit nach linken und sozialdemokratischen Maßstäben. Doch wo gibt es wahre soziale Gerechtigkeit auf unserer Welt? Dennoch sollten wir ständig danach streben ein gewisses Maß an sozialer Gerechtigkeit herzustellen. Und ich denke, wir sind in Deutschland diesbezüglich nicht ganz schlecht, obwohl sicherlich viel Luft nach oben ist.
Politisch wird gebetsmühlenartig von der Schere zwischen Arm und Reich fabuliert. Sicherlich ist diese nicht wegzureden und die ungleiche Vermögensverteilung birgt auch sozialen Sprengstoff. Was jedoch ist die Alternative zur materiellen Ungleichheit? Sozialismus und Kommunismus? Ich komme aus der DDR und kenne beide Systeme und ihre Schwächen. Der Sozialismus ist zuerst gescheitert. Zudem, auch im Sozialismus herrschte Ungleichheit und Ungerechtigkeit.
Von Sozialdemokraten, Grünen und Linken werden Vermögenssteuern, höhere Einkommensteuern auf hohe Gehälter, Erbschaftsteuern und ähnliches immer aufs Neue gefordert. Darüber kann man streiten und diese Forderungen sorgen für ein Gefühl von mehr Gerechtigkeit, doch hilft das auch der ärmeren Hälfte unserer Bevölkerung? Wohl kaum, denn diese Steuerlast hat in ihrer möglichen Höhe auch rechtliche Grenzen. Zudem: Diese Steuern würden direkt in die Staatskasse fließen und nicht an die Vermögenslosen. Diese profitieren davon höchstens etwas indirekt. Doch Geld ist beim deutschen Staat derzeit sicherlich nicht das Hauptproblem, eher schon dessen Verteilung und Einsatz.
Nun kommt Martin Schulz mit dem leidigen Thema Agenda 2010. Diese Sozialreform war ein äußerst mutiger Schritt von Kanzler Schröder und seiner SPD und hatte von Anbeginn dennoch viele Gegner, auch in der eigenen Partei. Die Agenda 2010 war gut für unser Land, wenn auch nicht immer und für alle gerecht nach sozialen Maßstäben. Dennoch müssen Politiker mutige Ideen haben und diese auch umsetzen. Sie müssen jedoch auch den Mut aufbringen, Fehler einzugestehen. Fehler sind menschlich, wir alle machen täglich welche. Und auch Politiker dürfen Fehler machen. Sie müssen nur gegensteuern, wenn diese erkannt werden.

Halfsize Traumb. V1

Das damalige Arbeitsamt hat vor der Hartz 4 Reform Unsummen für Weiterbildungen und Qualifikationen ausgegeben – ohne nennenswerten Erfolg für die Arbeitslosen. Einzig die Weiterbildungsgesellschaften haben mächtig davon profitiert, die Arbeitslosen nicht, denn die Maßnahmen entsprachen einfach nicht den Anforderungen der Wirtschaft. Auch die Dauer für Arbeitslosengeld wurde reduziert und die Arbeitslosenhilfe abgeschafft. Sicherlich ein Streitthema, doch was wird wenn die Dauer des Arbeitslosengeldes nun bis auf 4 Jahre verlängert wird und der Empfänger hat danach immer noch keine neue Arbeit? Ein pauschales Ausdehnen der Bezugsdauer ist also keine wirkliche Lösung. Ein Fehler hingegen ist es nach meiner Auffassung – und unsozial – den Hartz 4 Empfängern ihr Vermögen bzw. ihre Altersvorsorge zu nehmen. Das Geld was diesbezüglich der Staat, also der Steuerzahler, anfangs einspart, zahlt er später wieder drauf, wenn der Bezieher sein Vermögen aufgebraucht hat und keine Arbeit hat oder die Rente nicht reicht. Der deutsche Bürger braucht eine gewisse Sicherheit, so werden wir erzogen. Sicherheit ist also auch ein psychischer Aspekt, der besonders nach dem Verlust einer Arbeit einen ganz erheblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung eines Menschen hat. Natürlich müssen bei der Vermögensschonung auch Grenzen eingezogen werden. Dennoch stellt diese „Enteignung“ einen tiefen Einschnitt bei jedem Betroffenen dar und greift zudem erheblich in die Privatsphäre ein.
Statt der von Schulz und seinen Genossen geplanten Verlängerung von Arbeitslosengeld und Qualifizierungsmaßnahmen könnte es sinnvoll sein, die arbeitslos gewordenen Menschen in betriebliche Qualifizierungen zu entsenden. Der Arbeitgeber, der qualifiziertes Personal benötigt, zahlt eine gewisse Vergütung und qualifiziert anforderungsgerecht und die Arbeitsagentur zahlt noch einen Betrag drauf, damit der Arbeitslose ein auskömmliches Einkommen hat. Nach der betrieblichen Ausbildung erfolgt eine unbefristete Einstellung. So könnte ein Weg zurück in Beschäftigung aussehen.
Wenn man auf die Anrechnung des Vermögens bei Hartz 4 verzichtet, muss auch eine Gegenleistung der Betroffenen erbracht werden. Die mittlerweile immer weiter aufgeweichten Zumutbarkeitskriterien müssen erheblich eingeschränkt werden. Wer sich nicht selbst mit Arbeit versorgen kann, muss annehmen, was angeboten wird – verbessern kann man sich jederzeit.
Vor allem jedoch müssen flexiblere Lösungen zur Anwendung kommen, insbesondere was Minijobs und Zuverdienst betrifft. Starre Korsetts, mit rechtlich starren Vorschriften, wie sie in Deutschland die Regel sind, sind nicht mehr zeitgemäß.
Auch sollte ernsthaft darüber nachgedacht werden, wie man arbeitslose Menschen, die ein gemeinnütziges Ehrenamt ausführen, dafür auch angemessen bezahlen kann. Es ist nicht einzusehen, dass solche Ehrenamtlichen von Behörde zu Behörde tingeln müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können und dabei immer aufs Neue Verwaltungskosten entstehen.
Bürokratieabbau in allen Bereichen des Staates wäre ein Zukunftsthema, dem sich Herr Schulz annehmen sollte. Jedoch hat er und seinen Genossen dazu anscheinend wenig Ideen. Woher auch, wo er sich selbst doch über lange Zeit als EU-Bürokrat einen Namen gemacht hat. Nicht länger Arbeitslosengeld, sondern mehr Geld für Arbeit sollte seine Agenda sein!
Zudem stehen die Probleme der Digitalisierung, Automatisierung und Globalisierung auf der Tagesordnung, denn diese bereiten den Bürgern mit die größten Ängste. Dabei kann insbesondere die sogenannte Digitalisierung, die eigentlich eine Automatisierung ist, auch eine Chance darstellen. Jedoch müssen wir dazu umdenken und die Politik muss langfristige Strategien entwickeln. Es kursieren zum Thema Digitalisierung, zum Teil auch als Industrie 4.0 bezeichnet, derzeit Zahlen, dass in 15 – 20 Jahren mehr als die Hälfte aller derzeitigen Arbeitsplätze wegfallen werden. Solche Zahlen machen den Menschen Angst. Zudem sind sie nur die halbe Wahrheit. Zum einen wird dieser Umbruch bei weitem nicht so schnell voranschreiten, wie es Geisteswissenschaftler gern propagieren. Die Ingenieure werden noch recht lange benötigen, bis Roboter und Automaten den Menschen vollständig ersetzen können. Bis dahin werden Menschen benötigt, die die Maschinen steuern und überwachen. Körperliche Arbeit wird abnehmen, dafür jedoch werden ganz andere Kompetenzen gefragt sein. Auf diese Herausforderungen müssen wir uns einstellen und das muss bereits in der Schule beginnen.
Unverständlich ist mir auch, warum in der Politik nicht der Mut gefunden wird, ein bedingungsloses Grundeinkommen wenigstens in Pilotprojekten zu erproben. Meiner Meinung nach wäre ein solches durchdachtes System von bedingungslosem Grundeinkommen die bestmöglich Variante um soziale Gerechtigkeit in einem Maße zu schaffen, das jedem Chancen bietet. Dennoch wir es wohl immer Gewinner und Verlierer in einer Gesellschaft geben – auch wenn zukünftig des Humankapital eine entscheidende Rolle spielen wird – denn nicht jeder ist bereits sich bietende Chancen auch zu ergreifen. Soziale Gerechtigkeit jedoch mit einer sozialen Hängematte gleichzusetzen, wäre kontraproduktiv. Doch das ist ein anderes Thema, dem Grundeinkommen werde ich mich demnächst zuwenden.