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Soziale Gerechtigkeit – made bei Martin Schulz

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sein Wahlkampfthema gefunden: Soziale Gerechtigkeit. Und seine Partei, die SPD, identifiziert sich geschlossen mit diesem Thema, ist es doch ein Grundsatzthema der Sozialdemokraten.
Soziale Gerechtigkeit ist ein Thema, dass viele Bürger umtreibt: zu Recht. Dennoch wird dieser Begriff politisch allzu gern populistisch inszeniert. Das ist recht einfach möglich, den für soziale Gerechtigkeit gibt es keine feststehende Definition. Im Wesentlichen versteht man darunter die faire oder gerechte Verteilung sowie den Zugang zu Rechten, Perspektiven und Ressourcen. Inhaltlich gehen die Auffassungen jedoch sehr weit auseinander, mitunter sogar in derselben politischen Gruppierung.
Immer aufs Neue werden Reichensteuern, Erbschaftssteuern, Steuergerechtigkeit, soziale Absicherung und auch Chancengleichheit auf das politische Podest gehoben.
Sicherlich haben wir in Deutschland keine soziale Gerechtigkeit nach linken und sozialdemokratischen Maßstäben. Doch wo gibt es wahre soziale Gerechtigkeit auf unserer Welt? Dennoch sollten wir ständig danach streben ein gewisses Maß an sozialer Gerechtigkeit herzustellen. Und ich denke, wir sind in Deutschland diesbezüglich nicht ganz schlecht, obwohl sicherlich viel Luft nach oben ist.
Politisch wird gebetsmühlenartig von der Schere zwischen Arm und Reich fabuliert. Sicherlich ist diese nicht wegzureden und die ungleiche Vermögensverteilung birgt auch sozialen Sprengstoff. Was jedoch ist die Alternative zur materiellen Ungleichheit? Sozialismus und Kommunismus? Ich komme aus der DDR und kenne beide Systeme und ihre Schwächen. Der Sozialismus ist zuerst gescheitert. Zudem, auch im Sozialismus herrschte Ungleichheit und Ungerechtigkeit.
Von Sozialdemokraten, Grünen und Linken werden Vermögenssteuern, höhere Einkommensteuern auf hohe Gehälter, Erbschaftsteuern und ähnliches immer aufs Neue gefordert. Darüber kann man streiten und diese Forderungen sorgen für ein Gefühl von mehr Gerechtigkeit, doch hilft das auch der ärmeren Hälfte unserer Bevölkerung? Wohl kaum, denn diese Steuerlast hat in ihrer möglichen Höhe auch rechtliche Grenzen. Zudem: Diese Steuern würden direkt in die Staatskasse fließen und nicht an die Vermögenslosen. Diese profitieren davon höchstens etwas indirekt. Doch Geld ist beim deutschen Staat derzeit sicherlich nicht das Hauptproblem, eher schon dessen Verteilung und Einsatz.
Nun kommt Martin Schulz mit dem leidigen Thema Agenda 2010. Diese Sozialreform war ein äußerst mutiger Schritt von Kanzler Schröder und seiner SPD und hatte von Anbeginn dennoch viele Gegner, auch in der eigenen Partei. Die Agenda 2010 war gut für unser Land, wenn auch nicht immer und für alle gerecht nach sozialen Maßstäben. Dennoch müssen Politiker mutige Ideen haben und diese auch umsetzen. Sie müssen jedoch auch den Mut aufbringen, Fehler einzugestehen. Fehler sind menschlich, wir alle machen täglich welche. Und auch Politiker dürfen Fehler machen. Sie müssen nur gegensteuern, wenn diese erkannt werden.

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Das damalige Arbeitsamt hat vor der Hartz 4 Reform Unsummen für Weiterbildungen und Qualifikationen ausgegeben – ohne nennenswerten Erfolg für die Arbeitslosen. Einzig die Weiterbildungsgesellschaften haben mächtig davon profitiert, die Arbeitslosen nicht, denn die Maßnahmen entsprachen einfach nicht den Anforderungen der Wirtschaft. Auch die Dauer für Arbeitslosengeld wurde reduziert und die Arbeitslosenhilfe abgeschafft. Sicherlich ein Streitthema, doch was wird wenn die Dauer des Arbeitslosengeldes nun bis auf 4 Jahre verlängert wird und der Empfänger hat danach immer noch keine neue Arbeit? Ein pauschales Ausdehnen der Bezugsdauer ist also keine wirkliche Lösung. Ein Fehler hingegen ist es nach meiner Auffassung – und unsozial – den Hartz 4 Empfängern ihr Vermögen bzw. ihre Altersvorsorge zu nehmen. Das Geld was diesbezüglich der Staat, also der Steuerzahler, anfangs einspart, zahlt er später wieder drauf, wenn der Bezieher sein Vermögen aufgebraucht hat und keine Arbeit hat oder die Rente nicht reicht. Der deutsche Bürger braucht eine gewisse Sicherheit, so werden wir erzogen. Sicherheit ist also auch ein psychischer Aspekt, der besonders nach dem Verlust einer Arbeit einen ganz erheblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung eines Menschen hat. Natürlich müssen bei der Vermögensschonung auch Grenzen eingezogen werden. Dennoch stellt diese „Enteignung“ einen tiefen Einschnitt bei jedem Betroffenen dar und greift zudem erheblich in die Privatsphäre ein.
Statt der von Schulz und seinen Genossen geplanten Verlängerung von Arbeitslosengeld und Qualifizierungsmaßnahmen könnte es sinnvoll sein, die arbeitslos gewordenen Menschen in betriebliche Qualifizierungen zu entsenden. Der Arbeitgeber, der qualifiziertes Personal benötigt, zahlt eine gewisse Vergütung und qualifiziert anforderungsgerecht und die Arbeitsagentur zahlt noch einen Betrag drauf, damit der Arbeitslose ein auskömmliches Einkommen hat. Nach der betrieblichen Ausbildung erfolgt eine unbefristete Einstellung. So könnte ein Weg zurück in Beschäftigung aussehen.
Wenn man auf die Anrechnung des Vermögens bei Hartz 4 verzichtet, muss auch eine Gegenleistung der Betroffenen erbracht werden. Die mittlerweile immer weiter aufgeweichten Zumutbarkeitskriterien müssen erheblich eingeschränkt werden. Wer sich nicht selbst mit Arbeit versorgen kann, muss annehmen, was angeboten wird – verbessern kann man sich jederzeit.
Vor allem jedoch müssen flexiblere Lösungen zur Anwendung kommen, insbesondere was Minijobs und Zuverdienst betrifft. Starre Korsetts, mit rechtlich starren Vorschriften, wie sie in Deutschland die Regel sind, sind nicht mehr zeitgemäß.
Auch sollte ernsthaft darüber nachgedacht werden, wie man arbeitslose Menschen, die ein gemeinnütziges Ehrenamt ausführen, dafür auch angemessen bezahlen kann. Es ist nicht einzusehen, dass solche Ehrenamtlichen von Behörde zu Behörde tingeln müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können und dabei immer aufs Neue Verwaltungskosten entstehen.
Bürokratieabbau in allen Bereichen des Staates wäre ein Zukunftsthema, dem sich Herr Schulz annehmen sollte. Jedoch hat er und seinen Genossen dazu anscheinend wenig Ideen. Woher auch, wo er sich selbst doch über lange Zeit als EU-Bürokrat einen Namen gemacht hat. Nicht länger Arbeitslosengeld, sondern mehr Geld für Arbeit sollte seine Agenda sein!
Zudem stehen die Probleme der Digitalisierung, Automatisierung und Globalisierung auf der Tagesordnung, denn diese bereiten den Bürgern mit die größten Ängste. Dabei kann insbesondere die sogenannte Digitalisierung, die eigentlich eine Automatisierung ist, auch eine Chance darstellen. Jedoch müssen wir dazu umdenken und die Politik muss langfristige Strategien entwickeln. Es kursieren zum Thema Digitalisierung, zum Teil auch als Industrie 4.0 bezeichnet, derzeit Zahlen, dass in 15 – 20 Jahren mehr als die Hälfte aller derzeitigen Arbeitsplätze wegfallen werden. Solche Zahlen machen den Menschen Angst. Zudem sind sie nur die halbe Wahrheit. Zum einen wird dieser Umbruch bei weitem nicht so schnell voranschreiten, wie es Geisteswissenschaftler gern propagieren. Die Ingenieure werden noch recht lange benötigen, bis Roboter und Automaten den Menschen vollständig ersetzen können. Bis dahin werden Menschen benötigt, die die Maschinen steuern und überwachen. Körperliche Arbeit wird abnehmen, dafür jedoch werden ganz andere Kompetenzen gefragt sein. Auf diese Herausforderungen müssen wir uns einstellen und das muss bereits in der Schule beginnen.
Unverständlich ist mir auch, warum in der Politik nicht der Mut gefunden wird, ein bedingungsloses Grundeinkommen wenigstens in Pilotprojekten zu erproben. Meiner Meinung nach wäre ein solches durchdachtes System von bedingungslosem Grundeinkommen die bestmöglich Variante um soziale Gerechtigkeit in einem Maße zu schaffen, das jedem Chancen bietet. Dennoch wir es wohl immer Gewinner und Verlierer in einer Gesellschaft geben – auch wenn zukünftig des Humankapital eine entscheidende Rolle spielen wird – denn nicht jeder ist bereits sich bietende Chancen auch zu ergreifen. Soziale Gerechtigkeit jedoch mit einer sozialen Hängematte gleichzusetzen, wäre kontraproduktiv. Doch das ist ein anderes Thema, dem Grundeinkommen werde ich mich demnächst zuwenden.




Demokratie geht anders!

Ich spreche aus eigener Erfahrung, denn ich war selbst einmal Mitglied einer der „etablierten Parteien“ und als solches zwei Wahlperioden Stadtrat einer Kleinstadt.
Doch dann habe ich mein Parteibuch abgegeben. Der Grund dafür war, neben Unzufriedenheit mit der Parteispitze, vor allem fehlende Basisdemokratie.
Deutschland hat die Herrschaftsform der repräsentativen Demokratie. Im Gegensatz zur direkten Demokratie werden politische Entscheidungen nicht vom Volk direkt getroffen, sondern von Volksvertretern, die sich Abgeordnete nennen. Dennoch bleibt der Souverän das Volk, denn in einer Demokratie gehen Macht und Regierung von ihm aus. Soweit die Theorie, die Praxis jedoch sieht anders aus.
Parteien kungeln gern in kleinen Führungsgremien die zu vergebenden Posten und Mandate aus. Der Wähler – das Volk – hat auf die Festlegungen der Partei keinen Einfluss. Und auch der Einfluss der eigenen Parteimitglieder – der eigentlichen Parteibasis – ist meistens sehr gering. Ihnen werden Kandidaten vorgesetzt, über die sie dann in Wahlen oder auf Parteitagen abstimmen dürfen.
Und leider findet häufig nicht einmal diese Basiswahl statt. Wenn es gut läuft schlagen Parteiräte die Kandidaten zur Wahl vor, jedoch sind auch Alleingänge a la Sigmar Gabriel keine Seltenheit. Mitgliederbefragungen oder -wahlen sind selten. Es werden Delegiertenkonferenzen favorisiert. Eine kleine Anzahl von Mitgliedern – gut ausgewählt, denn Kritiker und anders Denkende, die nicht auf Linie sind, sind unerwünscht – wählen dann auf diesen Parteitagen die Kandidaten.

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Dazu wird vorher vom Parteirat eine Liste erstellt. Deren Reihenfolge ist von grundlegender Bedeutung, denn wer ganz oben auf der Liste steht, zieht automatisch in das entsprechende Parlament ein. Diese Kandidaten können also nicht vom Volk gewählt werden, das Volk kann sie auch nicht abwählen. Sie haben eine sichere Bank, wie man so schön sagt. Einzig das prozentuale Ergebnis einer Partei entscheidet darüber, wie viele Kandidaten von der Liste ins jeweilige Parlament einziehen. In der Regel wird diese Liste von den Parteitagsdelegierten so bestätigt, wie vorgegeben.
Auf diese nicht wirklich demokratische Weise versorgen sich die Parteigranden immer wieder gegenseitig mit Mandaten und Posten. So geschehen am vergangenen Wochenende in Sachsen-Anhalt, auf dem SPD-Parteitag.
Katrin Budde, einstige SPD- Fraktions- und Landeschefin und Ministerpräsidenten-Kandidatin 2016, musste nach einem Wahldebakel von 11 Prozent, alle Ämter abgeben. Jedoch kam sie schon nach kurzer Zeit auf die Idee nun in den Bundestag einziehen zu wollen. In ihrem Ortsverband in Magdeburg fand sie dafür anscheinend wenig Gegenliebe und Unterstützung. Daher sucht sie sich halt einen anderen Wahlbezirk, der sie aufstellte, in diesem Fall der Wahlbezirk Mansfeld. Ob man die Region kennt und die Probleme der dortigen Menschen ist für solche Politiker kein Problem und wohl auch für die verantwortlichen Lokalpolitiker nicht. Nachdem man diese Kandidatur in der Tasche hat, die jedoch wenig Chancen für eine Direktwahl bietet, muss man nur noch ganz oben auf die Landesliste kommen. Und Budde schafft es, ihre Landesspitzen zu überzeugen, auf Platz 2 der Landesliste zu kommen. Nun muss nur noch die Basis – in Form der 102 Landesdelegierten – zustimmen. Nach viel Widerstand aus der eigenen SPD – die Basis wurde dabei nicht gehört – hat sie es mit 52 von 102 Stimmen geschafft ihren Platz 2 Landesliste zu verteidigen. Hätte man die Parteibasis befragt wäre sie sicherlich durchgefallen und hätte man die Wähler befragt, so wäre sie wohl gar nicht erst aufgestellt worden.
Ein führender Landessozi hat dazu sinngemäß geäußert: „Was soll der Wähler denken, wenn die SPD nach dieser Niederlage mit dem gleichen Gesicht unbeirrt in den nächsten Wahlkampf zieht? Das ist das falsche Signal an den Wähler. Wir brauchen jetzt unbelastete Leute.“ Sein Ruf verhallte ungehört!

Katrin Budde wird’s nicht jucken, sie kommt sicher in den Bundestag. Unbeliebte Politiker loszuwerden ist halt in einer Demokratie nicht so einfach, und wenn der Klüngel oben funktioniert fast unmöglich.
Und der Wähler: Der macht sich seine eigenen Gedanken, die leider immer öfter zu Politikverdrossenheit führt. Demokratie sieht anders aus, als an diesem Beispiel aufgezeigt.
Ähnlich haben es vor kurzem die Grünen gemacht, die sich selbst immer als lupenreine Demokraten sehen. Bei der Wahl ihres Bundesvorstandes traten 3 Männer an und eine Frau. Zwar fand eine Grünen-Urwahl statt, doch die hatte einen Pferdefuß. Von den drei Männern, Robert Habeck, Cem Özdemir und Anton Hofreiter konnte nur einer in den Vorstand gewählt werden. Als zweiter Vorstand war Katrin Göring-Eckhardt als Frau gesetzt. Eine oder zwei Gegenkandidatinnen hat man wohl nicht finden wollen, im Parteirat.




Unsere deutsche Parteiendemokratie entfernt sich immer weiter von Volk und Wähler. Die etablierten Parteien haben ein Führungsklüngel erreicht das kaum noch zu überbieten ist, leider aber auch kaum noch angreifbar. Für die kommende Bundestagswahl sind erhoffte Veränderungen und Öffnungen der Parteien wohl nicht mehr zu erwarten. Man soll die Hoffnung jedoch nie aufgeben: Vielleicht ändert sich dann in den folgenden vier Jahren etwas in Richtung Basisdemokratie. Den Parteien würde es äußerst gut tun, wenn sie sich auch nach außen öffnen würden und kompetente Persönlichkeiten einbeziehen würden, die kein Parteibuch haben. Denn niemand kann wirklich begreifen, warum ein Lehrer Wirtschaftsminister, eine Ärztin Verteidigungsministerin und ein Rechtsanwalt Gesundheitsminister werden muss. Wenn auch diese Zeit ohne Ergebnisse verstreicht, werden vielleicht die AfD und andere nichtetablierte Parteien nach Mehrheiten und Macht greifen.
Liebe Vertreter der etablierten Parteien, wir die Wähler, möchten mehr einbezogen werden in politische Prozesse, auch wenn wir keiner Partei angehören. Wenn Parteien zunehmend als Versorgungseinrichtungen seiner Mitglieder geführt werden, so verlieren die Wähler auch zunehmend das Interesse daran, diese Art der Demokratie zu verteidigen. Wollen wir das?

Kanzlerkandidat Martin Schulz

Die alte Volkspartei SPD hat einen Kanzlerkandidaten und auch bald einen neuen Vorsitzenden: Sein Name Martin Schulz, seines Zeichens über 20 Jahre EU-Parlamentarier und von 2012 bis 2017 Präsident des EU-Parlaments.
Erneut wurde der Bevölkerung, und insbesondere den SPD-Mitgliedern, ein Negativbeispiel gegeben, wie Demokratie nicht aussehen soll. In Hinterzimmern wurde von zwei Männern, die in der Partei die Macht haben, ein geheimer Deal ausgehandelt. Parteivorsitzender Gabriel, der wohl keine Change mehr sah selbst Kanzler zu werden, trat Schulz die ihm zukommende Kanzlerkandidatur ab. Zudem warf Gabriel Schulz den Parteivorsitz noch hinterher. Nicht die Parteigenossen erfuhren zuerst von dieser einsamen Entscheidung, diese zu verkünden war dem Magazin Stern vorbehalten. Ein Musterbeispiel für Demokratieignoranz. Zudem hat Gabriel, Vizekanzler und Wirtschaftsminister zugleich, die Entscheidung getroffen, nicht mehr Wirtschaftsminister zu sein, sondern ob sofort Außenminister, an Stelle von Steinmeier. Weiterhin hat er seine Staatssekretärin Zypries zur neuen Wirtschaftsministerin gemacht. Alles mit einem Handstreich, ohne seine Partei einzubinden. Wie soll man solch ein Vorgehen bezeichnen: Selbstherrlichkeit?
Die SPD ist nun angeblich in maßloser Euphorie: „Es geht ein Ruck durch das ganze Land“ titelt ihre Website. Was sollen die Genossen auch anderes sagen, nach der einsamen Entscheidung ihrer beiden Leitwölfe. Von Basisdemokratie einer sozialdemokratischen Volkspartei keine Spur. Einige in der Parteiführung wittern Chancen auf Posten und blasen daher ins Euphoriehorn.
Martin Schulz, bis vor kurzem EU-Parlamentspräsident, hat anscheinend dies alles langfristig strategisch vorbereitet. Er wusste seit seinem Amtsantritt 2014, dass seine Amtszeit 2016 zu Ende geht, diese geheime Abmachung mit der konservativen EVP hat er selbst unterzeichnet. Eigentlich schon ein Skandal, der ihn diskreditiert Kanzlerkandidat der SPD zu werden.

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Mir war Martin Schulz als EU-Präsident nicht unsympathisch. Er hat sich mit seiner Meinung nicht zurückgehalten, auch wenn seine Auftritte, die in letzter Zeit in den deutschen Medien überproportional waren, oftmals populistischen Charakter hatten. Man kann gut fordern, wenn man selbst keine Verantwortung für seine Forderungen tragen muss. Jedoch ist Schulz auch ein Stratege, der seine Chancen sucht. Allzugern wäre er EU-Kommissionspräsident geworden, doch da haben ihn die Konservativen ausgebremst: Auch die CDU. Nun verlor er auch sein Amt als Parlamentspräsident, was er zwar wusste, jedoch die Hoffnung stirbt zuletzt. Junker ist stark für eine weitere Amtszeit von Schulz eingetreten, hat angeblich sogar mit Rücktritt gedroht. Doch die Konservativen, allen voran die CDU und somit Angela Merkel, haben dies zu verhindern gewusst.
Nun ist Martin Schulz Kanzlerkandidat der SPD und designierter SPD-Vorsitzender. Sein Lebenslauf und seine Erfahrungen sprechen nicht für eine Kanzlerschaft. Zwar ist Schulz ein ausgezeichneter Redner und ein ausgewiesener Kenner der EU und seiner Strukturen. Zudem hat er vielfältige Beziehungen und Kontakte, doch reicht das für „Kanzler“? Was steckt hinter der freundlichen Fassade eines Martin Schulz, auch an Führungsstärke und Intellekt? Was ist seine Agenda und noch viel wichtiger, wie sehen seine Konzepte dahinter aus? Wir wissen es nicht! Sicher ist, Martin Schulz spaltet derzeit die Wählerschaft. Das Tempo, in dem die Entscheidungen der SPD-Granden Gabriel und Schulz jedoch gefallen sind – und dass im Geheimen – lässt stark am Demokratieverständnis dieser beiden Akteure zweifeln. Dieses geheime Taktieren, das ausschließlich persönliche Interessen in den Vordergrund stellt, lässt unzweifelhaft an den Aphorismus denken, „wenn jeder an sich denkt ist auch an alle gedacht“.
Dann erfolgte am Sonntag den 29.01. der erste öffentlichkeitswirksame Auftritt des Kanzlerkandidaten Martin Schulz bei Anne Will. Für mich war dieses 60-minütige Interview ein Desaster, ein Rohrkrepierer. Ein Mann mit kaum noch zu überbietender Selbstüberschätzung verkündete seine politischen Phrasen. Das Auftreten von Schulz erinnerte an das, von Gerhard Schröder nach der verlorenen Wahl. Zunehmend genervt und unmutig von den Fragen Wills, ließ er sich jedoch nicht von seinen Worthülsen abbringen. Über die Konzepte zur Umsetzung seiner Versprechen ließ er die Zuschauer im Ungewissen. Ideen: Fehlanzeige. Seine Antworten, seine Wahlversprechen – die üblichen sozialdemokratischen Gerechtigkeitsforderungen – wirkten einstudiert. Zwar glaubhaft jedoch ohne Idee und Kompetenz diese auch umzusetzen. Warum also Schulz wählen? Diese Gerechtigkeitsdebatte hören wir alle vier Jahre wieder, seit Jahrzehnten und ohne Ergebnis. Und immer sind am Ende andere Schuld. Aber so ist das in einer parlamentarischen Demokratie, das weiß auch Martin Schulz. Bisher stand Schulz in der EU für Umverteilung. Wird sich das ändern? Auch er konnte bisher die anderen EU-Mitgliedsländer weder in der Flüchtlingsfrage noch in der Reformfrage zum Umdenken bewegen. Als Kanzlerkandidat jedoch ist er in erster Linie dem deutschen Bürger verpflichtet.
Warten wir ab, mit welchen Ideen und Konzepten uns Martin Schulz noch überraschen und vielleicht auch überzeugen kann. Nett, freundlich, volksverbunden und ein „Gefühlsmensch“, wie er sich selbst gern bezeichnet, reichen leider nicht aus, um unser Land zu regieren. Und das Sprichwort von nett und dem kleinen Bruder kennen Sie sicher alle.
Zudem, wenn der Trainer ausgewechselt wird, doch die Mannschaft bleibt die Gleiche, wird sich an den Ergebnissen kaum etwas ändern. Ein Stürmerstar reicht nicht, wenn hinten immer wieder Eigentore fallen. Es heißt, der Martin, der spricht eine Sprache, die die Menschen verstehen. Das mag richtig sein! Doch die Menschen wollen keine leeren Versprechen mehr, sie wollen Taten sehen. Ob die jedoch von Martin Schulz kommen werden, ist abzuwarten. Ich bin da eher skeptisch und die Menschen wohl auch.
Wie hat Gregor Gysi vor kurzem sinngemäß bei Markus Lanz gesagt: Die Menschen haben CDU gewählt, nichts ist passiert, sie haben SPD gewählt, nichts ist passiert, sie haben die Linken oder Grünen gewählt, nichts ist passiert.
Wollen wir hoffen, dass bald ein Umdenken in den „Etablierten Parteien“ stattfindet, sonst wählen immer mehr AFD. Und diese Wähler sind zunächst einmal verloren. Das Aufstiegsversprechen und die Siegessicherheit von Schulz klingen für viele Menschen nicht mehr wie eine Verheißung, sondern eher wie Hohn. Die Menschen haben Ängste: vor Überfremdung, vor Globalisierung, vor Jobverlust, vor Altersarmut, vor sozialem Abstieg, vor Kriminalität und vielem mehr. Verheißungen genügen der SPD da nicht mehr, Lösungen müssen her.