„Ein Verkehrsunfall mir drei Toten auf der B100 nahe Kemberg (Landkreis Wittenberg) bringt die Behörden in Erklärungsnot und wirft die Frage nach ihrer Mitverantwortung auf“, so die MZ am 22.08.2017.
Was war geschehen: Zwei PKW waren an einer Kreuzung der Bundesstraße zusammengeprallt. Die Unfallursachen sind bisher noch ungeklärt, es wird ermittelt.
Es war ein schlimmer Unfall und den Betroffenen und Angehörigen gilt mein tiefstes Mitgefühl. Doch der Unfall war kein unabwendbares Ereignis. Es war reiner Zufall, dass sich diese beiden Fahrzeug in jenem Moment dort trafen. Und wahrscheinlich war ein Fahrzeugführer oder sogar beide für einen kurzen Augenblick unaufmerksam, was wohl jedem schon passiert ist. Es kann natürlich auch ein technischer Defekt Ursache des Unfalls gewesen sein. Wir wissen es noch nicht. Hätte jedoch eines der Fahrzeuge eine nur geringe Verspätung gehabt, aus welchen Gründen auch immer, hätten sie sich an der Kreuzung nicht getroffen und es wäre zu keinem Unfall gekommen.
Nun taucht der Vorwurf der Mitschuld von Landesbehörden auf: Die Kreuzung sei als Unfallschwerpunkt bekannt und der Umbau der Kreuzung zum Kreisverkehr geplant gewesen. Doch die Behörden hätten die Planungen und Entscheidungen in einer langen Verfahrensdauer verzögert.
Wissen wir nicht alle, wie in deutschen Beamtenstuben gearbeitet wird? Kein direkter Vorwurf deswegen an die Beamten, die gehen nach Recht und Gesetz vor und das dauert in Deutschland oftmals Jahre.
Was will ich mit diesem Beispiel sagen? Politisch sind wir in Deutschland eng mit der Sozialdemokratie verwurzelt. Was jedoch der Partei, die Sozialdemokratie als Teil ihres Namens führt – die SPD -nicht mehr unbedingt hilft. Mittlerweile haben die meisten deutschen Parteien diesen politischen Kern als Programm: neben der SPD auch die Linke, die Grünen und auch Teile der CDU/CSU. Und alle diese Parteien, die seit Jahrzehnten unsere Politik dominieren, haben sich eine Denkrichtung zu eigen gemacht: den Relativismus.
Wikipedia erklärt diese philosophische Denkrichtung wie folgt: „Der Relativismus, gelegentlich auch Relationismus (entsprechend von lateinisch relatio, „Verhältnis“, „Beziehung“), ist eine philosophische Denkrichtung, welche die Wahrheit von Aussagen, Forderungen und Prinzipien als stets von etwas anderem bedingt ansieht und absolute Wahrheiten verneint – dass also jede Aussage auf Bedingungen aufbaut, deren Wahrheit jedoch wiederum auf Bedingungen fußt und so fort.“
Wir leben jedoch in einer Demokratie und dieses politische System beinhaltet als ein Wesensmerkmal die Eigenverantwortung des einzelnen Menschen. Indem die Ursachen eines jeden Geschehens hinterfragt werden und damit auch deren Wahrheit, wird zugleich versucht die Verantwortung des einzelnen Menschen unmittelbar zu teilen. Ein jugendlicher Straftäter ist Opfer seines familiären und gesellschaftlichen Umfeldes, ein ausländischer Straftäter ist geprägt durch Elend, Krieg und Flucht, ein Geringverdiener ist hat keine Bildungs- und Aufstiegschancen erhalten, ein Reicher ist ein Ausbeuter, ein Schul- und Ausbildungsabbrecher kann sein Versagen mit schlechtem Schul- und Bildungswesen begründen usw.
Ertrinken zwei Flüchtlinge, die nicht schwimmen können, beim Baden in einem tiefen Baggersee, so haben die nötigen Hinweisschilder gefehlt oder der See war nicht ausreichend gesichert. Geschieht etwas in diesem Land, so wird umgehend nach weiteren Schuldigen gesucht, die die Schuld des eigentlichen Verursachers minimieren helfen. Ein fataler Trend dieser Relativismus, der den Menschen die Eigenverantwortung für ihr Tun nimmt und zum Teil auch abspricht.
Der deutsche Relativismus ist zu einem Politikbestand mutiert, ohne den nichts mehr geht. Zum Teil hat dieses Relativieren bereits populistische Tendenzen erreicht. Täter und Verursacher werden so in einen gewissen Schutzstatus genommen, die Opfer hingegen bleiben unbekannt und werden schnell vergessen. Es ist inzwischen die Regel in der Politik, dass Mitverantwortliche gesucht werden. Dies ist zudem ein probates Mittel für die Politik von eigenem Versagen abzulenken.
Sicherlich gibt es auch in Deutschland vieles zu verbessern. Dennoch geht es uns besser als fast allen Menschen auf diesem Planeten.
Ständig wird lamentiert, dass es an Chancengleichheit fehlt. Natürlich haben Kinder von Wohlhabenden und Akademikern bessere Möglichkeiten, das ist unstrittig. Dennoch ist die Schule bis zum Abitur für alle frei zugänglich und zudem kostenlos, was auch für eine anschließende Ausbildung oder ein Studium gilt. Jeder hat also die Möglichkeit zu werden, was er möchte, sofern die Leistungen und der Wille vorhanden sind. Selbst Spätzündern, die nur einen Hauptschulabschluss geschafft haben, steht es jederzeit offen, höhere Schulabschlüsse nachzuholen und damit die Voraussetzungen für Ausbildung oder Studium zu erlangen.
Sozialdemokratisches Gedankengut ist in weiten Kreisen unserer deutschen Gesellschaft salonfähig und verbreitet. Die dahinterstehenden Ideen sind für breite Gesellschaftsschichten attraktiv. Wenn sie jedoch beginnen die Freiheit des Einzelnen zu beschneiden, um alle gleicher zu machen und die Verantwortung des einzelnen Bürgers für sein Handeln zu splitten, dann beginnt das System aus dem Lot zu geraten. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass wieder Wahrheiten als solche anerkannt werden, der Mut gefunden wird, auch unangenehmen Wahrheiten auszusprechen. Auch darf nicht länger versucht wird, alle Prinzipien unseres Zusammenlebens stets zu hinterfragen und zudem durch etwas anderes bedingt angesehen werden. Denn Demokratie ist Freiheit und die bedingt Eigenverantwortung für das eigene Handeln.