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Millionenschatz in Goslarer Teichen

Der Harz war im Mittelalter und auch noch in der älteren Neuzeit die bedeutendste Bergbauregion Europas. Besonders die Erze von Silber, Kupfer und Zinn und Blei wurden gefördert und weiterverarbeitet.

Dieser intensive Harzer Bergbau und die zugehörige Verhüttung brachten zahlreiche bedeutende Erfindungen hervor, die in aller Welt Anwendung fanden: die Schienen-Hunte (Loren), Dynamit, das Drahtseil, die Fahrkunst und vieles mehr. Jedoch war die Erzaufbereitung des sogenannten „Alten Mannes“ (abgebaute, verlassene und aufgefüllte alte Bergwerke), wie auch die Weiterverarbeitung in den Hütten bis weit ins Industriezeitalter hinein wenig effizient.

Im Folgenden werde ich mich nun der Erzaufbereitung in der Neuzeit zuwenden und das speziell im Rammelsberger Revier in Goslar. Mit der Nutzung der Wasserkraft ab dem 16./17.Jahrhundert entstanden ganz neue Möglichkeiten und Technologien. So nutze man das Wasser zum Auswaschen von Lettern (erdige, taube Gangbestandteile) sowie zur Trennung von Erz und tauben Gestein, über die unterschiedliche Dichte der Mineralien. Die Wasserkraft wurde darüber hinaus auch für die Pochwerke eingesetzt. So werden Stampfwerke, Stoßwerke oder Schlagwerk genannt, die zum Zerkleinern der Erze dienen. Diese Pochwerke waren in der Regel in den tiefen Flusstälern angesiedelt, wohin man das Erz transportierte. Das Wasser bezogen die Pochwerke von den Gruben, wo es zuvor Kehr- und Kunsträder in Bewegung gehalten hatte.

Bis zum Beginn des Industriezeitalters (um 1850) war die Erzaufbereitung dennoch mit viel Handarbeit verbunden und zudem recht dezentral und kleinräumig angelegt. Nach 1850 wurden die verstreuten kleineren Pochwerke und Erzwäschen durch zentralere Erzaufbereitungen abgelöst. Das Grundprinzip Grobzerkleinerung – Handscheidung – Sieben – Setzen – Feinzerkleinerung – Herdwaschen/ Feinsetzen und Schlammwäsche blieb auch weiterhin sehr ähnlich, wurde jedoch ständig technologisch perfektioniert und mechanisiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde ein nassmechanisches Erzaufbereitungsverfahren eingeführt, dass nach dem 1. Weltkrieg durch ein Flotationsverfahren abgelöst wurde. Dieses Flotationsverfahren wurde ständig perfektioniert und bis zur endgültigen Einstellung der Förderung im Rammelsberg im Jahr 1988 angewandt. Zwar konnte die Ausbringung der Metalle aus den Erzen ständig erhöht werden, dennoch ging der Abgang der Nassaufbereitung in dazu angelegte Bergbauteiche zwischen Goslar und Oker. Dort lagerten sich diese stark erz- und mineralhaltigen Pochwerksschlämme in den Bergteichen am Bollrich als Bodensatz ab.

Halfsize Traumb. V1

Experten der TU Clausthal-Zellerfeld haben nun vor einigen Jahren die Spur dieses Bodensatzes aufgenommen, in dem sie begannen ihn einer chemischen Analyse zu unterziehen. Was die Wissenschaftler auf dem Grund dieser unscheinbaren Teiche vermuten, hört sich wie der Stoff zu einem Märchen an: 1,5 Tonnen Gold, 200 Tonnen Silber, 14.000 Tonnen Kupfer, 70.000 Tonnen Blei, 100.000 Tonnen Zink, 1,5 Mio. Tonnen Schwerspat sowie seltene und wertvolle Metalle wie Iridium, Kobalt und Gallium.

„Man kann davon ausgehen, dass in dem Sediment Metall im Wert von mehreren hundert Millionen Euro lagert“, meint der Clausthaler Professor Daniel Goldmann, der einen Lehrstuhl für Rohstoffaufbereitung und Recycling innehat. „Und das ist keine Vermutung auf blauen Dunst“, meint Goldmann.

Um die Metalle und Mineralien zu orten, zu bergen, zu gewinnen und aufzuarbeiten hat die TU Clausthal mit Firmen und Institutionen einen Verbund gebildet. Bund und Land fördern das Projekt vorerst mit zwei Millionen Euro.

Die notwendige Entnahme von Bohrkernen aus den Teichsedimenten wurde im Dezember 2015 abgeschlossen. Nun werden die entnommenen Proben in der TU Clausthal untersucht. Es werde dann noch einige Jahre dauern, bis die Verfahren zur Aufbereitung des metallhaltigen Materials soweit entwickelt seien, dass der Schatz tatsächlich gehoben und aufbereitet werden könne, sagt Prof. Goldmann.

Das Projekt um die Goslar-Rammelsberger Teichsedimente ist jedoch nicht das einzige Projekt, dass eine Renaissance des Harzer Bergbaus verspricht. Auch Lagerstätten, die früher aus wirtschaftlichen Gründen nicht bergbaulich genutzt wurden, geraten wieder in den Focus und selbst die gewaltigen Abraumhalden des Bergbaus sind Gegenstand von Nutzbarkeitsanalysen. Aber dazu mehr in einem späteren Beitrag.




Die Erfindung des Drahtseils

Zahlreiche Jahrhunderte lang war der Bergbau Haupterwerbszweig im Harz. Zeitweise war dieses kleine Mittelgebirge das größte Bergbaugebiet der Welt. Insbesondere die verschiedensten Erze wurden dort gewonnen und brachten den Harzer Ortschaften Arbeit und Wohlstand. Die oberflächennahen Erzvorkommen wurden jedoch zunehmend weniger, die Schächte und Stollen mussten daher immer tiefer ins Gebirge getrieben werden. Neue Techniken und Technologien mussten eingesetzt werden um diese Herausforderungen zu lösen. Das verursachte Kosten, die die Wirtschaftlichkeit des Harzer Bergbaus stark belasteten.

Ein bedeutender Kostenfaktor in der Zeit um 1800 waren zudem die Seile. Die Bergwerke des Oberharzer Bergbaus hatten in dieser Zeit Teufen (Tiefen) von 500 bis 600 Metern erreicht. Seinerzeit waren dies die tiefsten Bergwerke der Welt. Üblich war es, dass die Bergmänner das Ein- und Ausfahren über die Fahrten (Leitern) vornehmen mussten. Eine wahre Quälerei, die zudem sehr viel Zeit und Kraft in Anspruch nahm und zudem zahlreiche Opfer forderte. Unter diesen Bedingungen benötigte ein Bergmann eine Stunde für das Einfahren und zwei Stunden für das Ausfahren. Es wurde daher nach technischen Alternativen und Neuerungen gesucht.

In den 1820er Jahren war der in Hannover gebürtige Wilhelm August Julius Albert (1787-1846) Oberbergrat im Clausthaler Revier. Zusammen mit Berghauptmann von Reden beauftragte er 1833 den Berggeschworenen Georg Ludwig Dörell, ein vom Kunstjungen Lichtenberg konstruiertes Modell einer Fahrkunst im Spiegelthaler Hoffnungs-Richtschacht in der Praxis zu erproben und für den harten Bergwerkseinsatz weiter zu entwickeln. Dörells Erprobung und Entwicklung verlief erfolgreich und wurde fortan in allen Harzer Bergwerken eingesetzt und fand schon bald in ganz Europa Verbreitung. Dörell hatte an einem, von Wasserkraft angetriebenen drehenden Rad exzentrisch eine Stange befestigt, die die Drehbewegung in eine schwingende Längsbewegung übersetzte: das Kunstgestänge. Diese Stange betätigte das Kunstkreuz (eine Art Wippe), an dessen Schenkelenden zwei lange Stangen bzw. leiterähnliche Vorrichtungen befestigt waren, die in den Schacht hinunterragten. Das Kunstkreuz sorgte dafür, dass wenn sich das Rad drehte, sich zunächst die eine Stange im Schacht hob, während sich die andere senkte. Nach einer halben Umdrehung des Rades kehrte sich die Bewegung der Stangen um; nun senkte sich die erste und die zweite hob sich. Durch Umsteigen zwischen den beiden Stangen nach jeweils einer halben Raddrehung konnte der Bergmann also entweder in den Schacht ein- oder aus ihm ausfahren.

In den 1820er Jahren war der in Hannover gebürtige Wilhelm August Julius Albert (1787-1846) Oberbergrat im Clausthaler Revier. Zusammen mit Berghauptmann von Reden beauftragte er 1833 den Berggeschworenen Georg Ludwig Dörell, ein vom Kunstjungen Lichtenberg konstruiertes Modell einer Fahrkunst im Spiegelthaler Hoffnungs-Richtschacht in der Praxis zu erproben und für den harten Bergwerkseinsatz weiter zu entwickeln. Dörells Erprobung und Entwicklung verlief erfolgreich und wurde fortan in allen Harzer Bergwerken eingesetzt und fand schon bald in ganz Europa Verbreitung. Dörell hatte an einem, von Wasserkraft angetriebenen drehenden Rad exzentrisch eine Stange befestigt, die die Drehbewegung in eine schwingende Längsbewegung übersetzte: das Kunstgestänge. Diese Stange betätigte das Kunstkreuz (eine Art Wippe), an dessen Schenkelenden zwei lange Stangen bzw. leiterähnliche Vorrichtungen befestigt waren, die in den Schacht hinunterragten. Das Kunstkreuz sorgte dafür, dass wenn sich das Rad drehte, sich zunächst die eine Stange im Schacht hob, während sich die andere senkte. Nach einer halben Umdrehung des Rades kehrte sich die Bewegung der Stangen um; nun senkte sich die erste und die zweite hob sich. Durch Umsteigen zwischen den beiden Stangen nach jeweils einer halben Raddrehung konnte der Bergmann also entweder in den Schacht ein- oder aus ihm ausfahren.

Die Fahrkunst, als deren Erfinder Dörell gilt, war für den Bergbau eine technische Sensation. Dennoch bestand das Problem mit den Hanfseilen weiterhin. Diese waren den anstehenden Belastungen einfach nicht mehr gewachsen. Daher setzte man sogenannte Harzer Kettenseile ein. Diese Kettenseile waren verschleißfester, hatten aber ein riesiges Gewicht. So war das Gewicht eines Kettenseiles von 400 m Länge fünfmal so groß wie das einer erzgefüllten Lore.

Dieses Problems nahm sich Oberbergrat Julius Albert an. Albert hatte an der Universität Göttingen Rechtswissenschaften und Bergbau studiert. Bei letzterem waren ihm auch umfangreiche naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse vermittelt worden. Er erkannte, dass auch die Ketten den starken Dauerbeanspruchen nicht gewachsen waren, diese führten zu Materialermüdung wodurch die Ketten rissen. Albert begann Maschinen zu entwickeln und zu bauen, auf denen diese Belastungen simuliert werden konnten. Somit begann er bereits vor dem Ingenieur und Materialforscher August Wöhler (1819-1914) sich der Materialforschung der Werkstoffe Eisen und Stahl zu widmen.

Dem Oberbergrat Julius Albert gelang es, gemeinsam mit dem Bergschmied Mummenthey, nach vielen Versuchen, Experimenten und Berechnungen das erste Drahtseil aus Eisen herzustellen. Aus drei Litzen zu je vier Drähten aus Schmiedeeisen mit einem Durchmesser von je 3,5 mm, drehten die beiden Erfinder ein Seil, das sechsmal mehr Tragkraft hatte als ein Hanfseil und viermal mehr als ein Kettenseil, welches zudem achtmal schwerer war als das Drahtseil. Ein Drahtseil aus parallel liegenden Drähten wurde bereits vom französischen Ingenieur Marc Seguin für seine ab 1823 gebauten Hängebrücken verwendet. Die besondere Leistung Alberts bestand darin, dass er das geschlagene Drahtseil erfand und zudem auch gleich die zur Herstellung der Seile erforderliche Verseilmaschine zum Verdrillen der einzelnen Drähte konstruierte und baute. Das war im Jahr 1834, welches als Geburtsjahr des Drahtseiles angesehen wird. Nach einer erfolgreichen Erprobung auf der Grube Caroline fand das „Albert-Geflecht“ schnell im in- und ausländischen Bergwerk und auch darüber hinaus Verbreitung. Das von Albert erfundene Drahtseil war im sogenannten Gleichschlag hergestellt; hierbei sind die Litzen in die gleiche Richtung zum Seil geschlagen. Später wurde dann die Kreuzschlag-Verseiltechnik entwickelt, in der heute die Mehrzahl aller Stahlseile hergestellt wird.

Bei Kreuzschlagseilen treten äußere Drahtbrüche meistens früher auf als bei Gleichschlagseilen, was einen großen Zugewinn an Sicherheit bedeutet. Denn nur, wenn sich die zunehmende Seilschädigung durch äußere Drahtbrüche darstellt, kann ein Drahtseil rechtzeitig ausgetauscht werden.